Bornholm Angeln im Sturm

Auf Angler übt Bornholm im Winterhalbjahr eine besondere Anziehung aus. Es gibt viel Fisch und wenig Menschen. Wer auch bei Wind ans Wasser geht, erlebt ein grandioses Naturschauspiel.

Sturm. Immer nur Sturm. Ein letzter Auswurf noch, dann reicht's! Unerbittlich peitschen Wind und Regen aus Nordost gegen den Rücken. Der Sturm der letzten Tage hat so viel Seegras und Kraut auf die Küste gedrückt, dass das Angeln sogar auf der Außenmole von Vang, diesem eigentlich so netten Fischerdörfchen im Nordwesten Bornholms, nahezu sinnlos macht. Vor einigen Tagen waren hier trotz starker Winde noch einige Plattfische zu fangen, aber jetzt bekommt man nur noch Kraut an den Haken.

Natürlich gibt es Anfang Oktober auf dem dänischen Ostseeinselchen keine Schönwettergarantie, aber alles hatte recht vielversprechend begonnen. Bei der Ankunft mit der Fähre am Samstag strahlte der Himmel im schönsten Grau. Am Sonntag unternahm ich erste Versuche, Kontakt zu den berühmten Meerforellen der Insel aufzunehmen. Am weißen Sandstrand von Snogebäk im Südosten marschierte ich in meiner Wathose gut 50 Meter auf ein Steinriff hinaus, kämpfte mit den teilweise kräftigen Wellen und badete einige Stunden meine schönsten Köder, einen Meerforellenblinker. Doch der "Fisch der tausend Würfe", wie die Meerforelle in Anglerkreisen genannt wird, mochte sich nicht zeigen.

Am Montagmorgen flaute der Wind ab. Von dem hübschen kleinen Naturhafen in Boderne im Südwesten der Insel ging es mit einem geliehenen Motorboot hinaus aufs Meer. Nach etwa 20 Minuten Fahrt fiel der Meeresgrund allmählich von 14 auf 30 Meter, und kurz darauf auf über 40 Meter Tiefe ab. Hier sollte es doch Dorsche geben, dachte ich, und montierte zwei Beifänger über einem 125 Gramm schweren Pilker. Da die Strömung nicht sehr stark war, erreichte der Pilker, ein als Beutefisch getarntes Bleigewicht mit Drillingshaken, zügig den Grund, wo ich jagende Dorsche vermutete. Die Ausbeute: drei Dorsche, zehn Heringe und ein Seeskorpion, der wegen seiner Giftstacheln vorsichtig vom Haken gelöst werden sollte. Nach drei Stunden bei zumeist herrlichem Sonnenschein war der Spaß vorbei. Ein mäßiger Nordwind kam auf und zwang mich, das Bötchen durch die kurzen, hackigen Wellen zurückzusteuern.

Am Abend kamen an der Mole in Vang drei Flundern hinzu. Die Plattfische konnten den frischen Wattwürmern, die ich zusammen mit silbernen Lockblättchen und bunt leuchtenden Perlen am Grund angeboten hatte, nicht widerstehen. Zurück in meinem Ferienhaus in Snogebäk machte ich es mir wie jeden Abend am Holzofen gemütlich und hörte dem Knacken des Feuers und dem Wind in den Bäumen zu. Ich freute mich auf den Dienstag, für den ich mich mit Udo Schroeter verabredet hatte, den wohl besten Angelführer, den man sich für Bornholm wünschen kann.

Über Nacht hatte der Wind auf Nordost gedreht und kräftig zugelegt, so dass wir unser Glück an der geschützten Südwestküste finden wollten. Auf der Fahrt zum Angelplatz erzählte Udo, dass die Meerforellen-Saison jetzt erst beginnt und die beste Zeit zum Fang der blitzblanken Fische zwischen Mitte November und Anfang April sei. Der Wildbestand von 100.000 Meerforellen rund um Bornholm verteilt sich auf die 22 Bäche der Insel - jeder Bach hat seinen eigenen Stamm. Zwischen Mitte November und Mitte Dezember machen sich die edlen Tiere auf ihre lange Reise, steigen in ihren Bach auf, um zu laichen und den Fortbestand des Stammes zu sichern. Am Angelplatz angekommen, machte sich Ernüchterung breit: Die Wellen schwappten bis an die Dünen und der abgetragene Lehm färbte das ufernahe Wasser rötlich. Zwei Stunden versuchten wir unser Glück, doch so schön und meditativ das Angeln auch war, einen Fisch brachte es uns nicht.

Am Abend des Mittwochs fasse ich auf der Mole in Vang bei Sturm und Regen den Entschluss, die restlichen Tage mit Sightseeing zu verbringen. Eine gute Entscheidung. Zum Pflichtprogramm auf Bornholm gehört ein ausgedehnter Spaziergang in Dueodde, dem wunderschönen weißen Sandstrand an der Südspitze der Insel. Der Weg ans Meer führt vorbei an duftenden Pinien, ulkig gewachsenen Krüppelkiefern und gewaltigen Wanderdünen. Die traumhafte Küstenstraße im Osten der Insel führt vom dänisch anmutenden Süden mit seinen feinen Sandstränden zunächst nach Svaneke, wo die Küste rauer und felsiger ist. Am malerischen Hafen rollen aus dem aufgewühlten Meer im Sekundentakt Wellentürme heran, die unter Getöse an der Hafenmauer haushoch zerbersten. Dieses zauberhafte Örtchen sollte man nicht verlassen, ohne die Räucherei besucht zu haben.

Die Redaktion wurde von Novasol zu der Reise eingeladen.

(RP)
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