Berlin in Treptow-Köpenick entdecken

Industriekultur in Schöneweide, Aussicht ins Grüne auf dem Müggelturm, Flanieren durch Köpenick: Wer abseits von Touristenströmen Berlin erkunden will, muss in den Südosten der Stadt.

Für die meisten Touristen sieht ein Besuch in Berlin so aus: Ku'damm, Brandenburger Tor, Mauerreste an der East Side Gallery. Was es im Südosten der Stadt zu sehen gibt, wissen weniger Menschen. Wer verstehen will, wie grün Deutschlands Hauptstadt ist und etwas für Geschichte übrig hat, ist in Berlins größtem Bezirk richtig: Treptow-Köpenick. Mehr als 40 Prozent der Berliner Waldfläche finden sich hier, und nirgends in der Stadt ist der Wasseranteil höher.

Treptower Park

Wen die S-Bahn am Treptower Park ausspuckt, der steht vor einem mehr als 88 Hektar großen Park samt Hafen. Dahinter beginnt der Plänterwald. Wer gerne spazieren geht, kann sich hier verlieren.

Zum Beispiel am sowjetischen Ehrenmal. Zwölf Meter hoch ragt die Statue eines Soldaten in den Himmel, drumherum sind symmetrisch angelegte Wege und ausladende Treppen. Das Bauwerk zur Erinnerung an die Befreiung Berlins von den Nazis mithilfe der Roten Armee ist riesig. Die Weite und das Monumentale der Anlage, die 1949 errichtet wurde, lassen einen innehalten. Mehr als 7000 Rotarmisten sind hier bestattet.

Leichtigkeit bringt die Insel der Jugend. An einem Vormittag ist die Insel fast verlassen. Auf dem kleinen Eiland gegenüber eines großen Biergartens gab es zu DDR-Zeiten viele Partys. Auch heute finden dort noch Veranstaltungen statt.

Müggelsee Berlins größten See besucht man am besten mit einem Schiff vom Hafen Treptow aus - so bekommt man den Bezirk zu sehen. Aus dem Plänterwald etwa ragt ein altes Riesenrad hervor. "Dit war der ehemalige Spreepark", erklärt der Moderator. Links und rechts der Spree stehen alte Fabrikhallen und verfallene Gebäude. Es sieht aus, als sei nach der Wende so ziemlich jeder verschwunden und anschließend nichts mehr passiert. Doch dazwischen finden sich auch luxuriöse Neubauten.

Nach zwei Stunden Fahrt ist das Schiff auf dem Müggelsee angekommen. Wer an der Haltestelle Rübezahl aussteigt, kann zum Müggelturm laufen. Dabei begegnen einem oft ältere Paare, man schnappt Wortfetzen wie "West-Deutschland" auf. Es sind Menschen aus dem Osten. Das Müggelturm-Areal war in der DDR beliebtes Ausflugsziel. Dass Berlin einst geteilt war, spürt man hier draußen. Breite Treppenstufen führen schließlich auf einen kleinen Berg, auf dem der fast 30 Meter hohe Turm steht. Er wird derzeit saniert. Von einem Café abgesehen ist hier nichts touristisch. Wer oben steht, blickt bis zum Fernsehturm am Alexanderplatz und sieht drumherum grün.

Oberschönweide Oberschöneweide als ein Ausflugsziel kann man wohl als einen echten Geheimtipp bezeichnen, auch wenn einem mancher Berliner dann den Vogel zeigt - den Stadtteil nennt er "oberschweineöde". Aber die riesigen, alten Fabrikhallen direkt an der Spree sind sehenswert: Berlin war mal führende Metropole in Elektrotechnik.

"Elektropolis" heißt dann auch die Führung, die der Berliner Industriesalon anbietet. "Es ist mehr los, als man sieht", sagt die freie Mitarbeiterin Annette Siegert. In dem Stadtteil hatte der ehemalige Elektrokonzern AEG seine Werke. Siegert zeigt verfallene Hallen und verrät, der kanadische Rocksänger Bryan Adams habe eine gekauft. In manchen Gebäuden seien Ateliers. Hippe Cafés hätten sich angesiedelt, nur eine gute Bar fehle noch.

Vom Peter-Behrens-Turm kann man schließlich aus fast 60 Metern Höhe den Stadtteil noch einmal von oben sehen - und den Rest der Stadt. Köpenick Ein bekannteres Ausflugsziel ist Köpenick, nicht zuletzt wegen der Geschichte vom Hauptmann von Köpenick, einem preußischen Schuhmacher, der 1906 als Hauptmann verkleidet, ins Köpenicker Rathaus eindrang und die Stadtkasse raubte. Der Stadtteil ist umgeben von Spree und Dahme und wirkt mit seinen niedrigen Gebäuden und dem Kopfsteinpflaster wie eine putzige Kleinstadt.

Wenige Meter von Rathaus und Schloss entfernt, liegt die ehemalige Fischersiedlung. An fast allen Fassaden der niedrigen Gebäude, die teils aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen, prangen Fischsymbole. Die kleinen Häuschen erinnern an eine Puppenstube. Touristen sieht man keine. Fast vergisst man, das man immer noch in Berlin ist.

(RP)
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