Ein Besuch im mittelalterlichen Erfurt Der schönste Weihnachtsmarkt des Ostens

Düsseldorf (RP). Erfurt hat den schönsten Weihnachtsmarkt im Osten Deutschlands zu bieten. Im mittelalterlichen Kern der Stadt ist einiges zu entdecken. Absolut empfehlenswert: Ein Besuch in der Alten Synagoge.

Sehenswertes Erfurt
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Foto: Tourismusgesellschaft Erfurt

Nirgendwo hat St. Nikolaus einen effektvolleren Auftritt. Er schreitet die Himmelsleiter im Funkenflug zu festlichem Gesang hernieder. Pyrotechnische Lichteffekte sorgen dafür, dass der Gang des Heiligen Mannes auf den Domstufen zum Augenschmaus wird. Wer - wie die thüringische Landeshauptstadt Erfurt - an zentraler Stelle über zwei monumentale Kirchen, den Mariendom und die Severikirche, verfügt, die pittoresk über einem Domplatz thronen, kann effektvolle Auftritte gut inszenieren.

Im Sommer locken hochrangige Musikfestspiele, für die die Domstufen eine einzigartige Kulisse bieten, und in der Adventszeit kommt St. Nikolaus herab, um den größten Weihnachtsmarkt Thüringens und der neuen Bundesländer zu eröffnen. In diesem Jahr läuft er vom 25. November bis zum 22. Dezember. "2,2 Millionen Besucher kamen letztes Jahr, 1600 Busse brachten Gäste allein zum Weihnachtsmarkt. Das ist schon enorm", sagt Marktorganisatorin Edith Kriesche von der Erfurter Kulturdirektion. Nicht ganz unbesorgt, denn zu viel Masse schadet der Atmosphäre. Doch das besondere Ambiente vor einmaliger Kulisse hat weiter Strahlkraft.

Nächstes Jahr wird der 160. Weihnachtsmarkt gefeiert, der einst als Versorgungsmarkt begann und heute eine Mischung aus Tradition und Moderne, Anspruch und Unterhaltung darstellt. "Zum 51. Mal bauen wir den Märchenwald auf mit handgearbeiteten Figuren. Wir hegen und pflegen sie, ganze Erfurter Generationen sind damit groß geworden", sagt Kriesche. In dieser Art ist der Märchenwald ein Kennzeichen, er wirkt heimelig. Fast lebensgroße Krippen, eine zwölf Meter hohe Pyramide, mit der sich neben Erfurter Persönlichkeiten auch Martin Luther dreht, der einst im örtlichen Augustinerkloster lebte, und 220 bunt geschmückte Buden mit viel Kunsthandwerk runden das Angebot ab.

Über allem dreht sich ein Riesenrad - die Schausteller bieten Unterhaltung, aber in einem gesonderten Bereich, damit‘s nicht zu rummelig wird. Erfurt braucht den touristischen Magnet, Tourismus ist ein wichtiger Faktor in der 200.000-Einwohner-Stadt. "Im Ranking des MDR ist unser Weihnachtsmarkt zum schönsten gewählt worden", sagt Kriesche.

Wer aus dem Westen ins Thüringische fährt, möchte mehr als einen Weihnachtsmarkt erleben. Das ist nicht schwer: Erfurt hat nicht nur am Domplatz eine hervorragend sanierte historische Häuserzeile. Die gesamte Innenstadt ist ein Juwel voller alter Bauten. "Unsere gerade eröffnete alte Synagoge ist ein solches Juwel", schwärmt Stadtführerin Sabine Hahnel. Der jahrzehntelang versteckt liegende Bau, der den Flammen der Nazis entkam, weil er lange als Lager und als Gaststätte mit Tanzsaal, aber nicht mehr als Gotteshaus genutzt wurde, ist einen Besuch wert. Liebevoll restauriert, museumspädagogisch aufgebaut beherbergt er Stücke mit Geschichte.

Prachtvollster jüdischer Hochzeitsring der Welt

Denn 1349, als ein Pogrom über sie hereinbrach, versteckten jüdische Familien in aller Eile Schmuck, Münzen und Wertgegenstände in einer Kiste, eingemauert unter einer Treppe. Sie kamen nicht mehr dazu, den Schatz zu bergen. Erst 1998 fanden Bauarbeiter bei Ausgrabungen im ehemaligen jüdischen Viertel die Pretiosen, ein bis dahin unberührter Schatz von fast 30 Kilogramm. Heute blickt man mit überdimensionalen Lupen auf den prachtvollsten jüdischen Hochzeitsring der Welt. "Er ist aus Gold und stammt aus dem 14. Jahrhundert", sagt Hahnel.

Auf dem Stadtrundgang sind die benachbarte Michaelisstraße mit ihren Restaurants von thüringisch-deftiger bis internationaler Küche und ihren Kirchen sowie das Augustinerkloster, das Rathaus und das alte Univiertel ein Muss. Die Krämerbrücke über die Gera, mit 120 Metern und 32 schnuckeligen Häusern die längste komplett bebaute Brückenstraße Europas, wo heute Künstler und Handwerker leben und ihre Produkte anbieten, ist einzigartig. Das alles ist touristenfreundlich konzentriert auf wenige Quadratkilometer. Wer noch nicht genug hat, wendet sich wieder zum Domplatz und wandert weiter den Petersberg hinauf.

Hier trutzt die Zitadelle, in deren Schutz viel Geld und Kraft investiert wurde. Heute sind die unterirdischen Wachgänge zugänglich und eine familientaugliche Attraktion.

An der Andreasstraße liegt das Stasi-Gefängnis. Hier sind Originalzellen erhalten - es berührt, die zu sehen. Besonders wenn man tief aus dem Westen kommt und von dort nur Freiheit kennt.

Info:

Auskünfte In der Tourist Information am Benediktsplatz 1 (Tel. 0361 - 66400) lassen sich Stadttouren buchen. Zu empfehlen ist der kostenlose Führer "Historischer Stadtrundgang" mit Innenstadtplan und beliebten Ausflugszielen. Lohnend: die Erfurt Card für 12,90Euro (kostenfreier Eintritt in Museen, ermäßigter in Zoo, Kabarett, Theater), kostenfreie Fahrt für 48 Stunden mit dem Straßenbahn- und Busnetz.

Restaurants Gasthaus Feuerkugel, Michaelisstraße 3-4: Bekanntestes Gasthaus Erfurts mit traditionellen Gerichten.

Gasthaus Zum Goldenen Schwan, Michaelisstraße 9: Gasthausbrauerei, gute deutsche und internationale Küche, schönes Ambiente;

Gaststätte Faustus, Wenigemarkt 5: Modernes Café und Restaurant, preiswerte Tagesgerichte, internationale und saisonale Spezialitäten.

Tipp: Entlang Michaelisstraße, Wenigemarkt, Futterstraße und Marktstraße reihen sich Restaurants aneinander.

Hotels Mercure Hotel, Meienbergstraße 26-27, Tel. 0361 5940502, vier Sterne, in der Altstadt;

Hotel und Gasthof Nikolai, Augustinerstraße 30, Tel. 0361 59817119: Drei Sterne, romantisches Hotel am Ufer der Gera zwischen Domplatz und Augustinerkloster.

Ev. Augustinerkloster, Augustinerstraße 10, Tel. 0361 6640110; Gästehaus im sanierten Kloster, in dem Martin Luther 1505 bis 151 11 lebte.

Pauschalangebote Zwei Übernachtungen (pro Person im DZ: ab 159 Euro, Einzel. Ab 219) sind zu haben.

(RP)
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