Ausflugstipp in NRW So geht es auf einer Straußenfarm zu

Emminghausen · Es sind zwar Sommerferien in NRW, doch nicht alle fahren in den Urlaub – und schon gar nicht sechs Wochen lang. Was aber tun mit den Kindern am Wochenende? Wir waren unterwegs auf einer Straußenfarm und haben uns zeigen lassen, warum sie sich als Ausflugsziel lohnt – und wie tierisch es dort zugeht.

Es sind zwar Sommerferien in NRW, doch nicht alle fahren in den Urlaub — und schon gar nicht sechs Wochen lang. Was aber tun mit den Kindern am Wochenende? Wir waren unterwegs auf einer Straußenfarm und haben uns zeigen lassen, warum sie sich als Ausflugsziel lohnt — und wie tierisch es dort zugeht.

"Willst du schmusen? Ja, du willst schmusen." Es gibt viele Situationen in denen man solche Worte erwartet. Dass ein erwachsener Mann sie an einen 2,40 Meter großen Vogelstrauß richtet, gehört nicht unbedingt dazu.

Für Klaus Stöcker ist das jedoch die normalste Situation der Welt. Was andere nur hin und wieder im Zoo aus der Ferne sehen, gehört für den Besitzer der Straußenfarm Emminghausen zum Alltag. Rund 138 afrikanische Strauße flitzen derzeit auf seiner Farm durch weitläufige Gehege. Nach der Brutzeit können es sogar bis zu 250 sein. 34 davon sind als reine Zuchttiere ständige Farmbewohner.

Während Stöcker das erzählt, betritt er langsam und vorsichtig das Areal eines Hahns und dreier Hennen. Falko, der Herr des Geheges, beobachtet Stöcker dabei ganz genau. Man kennt sich, das ist klar, aber seine Instinkte sagen ihm, dass er dennoch aufpassen muss. Für ihn geht es schließlich darum seine drei Damen, namentlich Froni, Florida und Fee zu beschützen.

Das weiß auch Klaus Stöcker, der den über zwei Meter großen, schwarz-gefiederten Vogel genau im Blick behält, während er sich den grau-gefiederten Damen nähert. "In einem Zuchtgehege befinden sich immer ein Hahn mit drei bis vier Damen", sagt Stöcker. "Wenn sich der Hahn in der Balz befindet, verfärben sich sein Schnabel und seine Beine rosa. Falko ist aus dieser Zeit aber schon wieder heraus." Zwischen den Tieren und dem Mann hat eine Art Austausch begonnen: Stöcker streichelt ihnen die Hälse und die Strauße schnappen neugierig nach allem was sie zu fassen kriegen. Mal sind das seine Finger, mal ist es sein Pullover.

Weh tut das laut Stöcker nicht. "Die meiste Zeit sind die Tiere harmlos", sagt er, "aber man muss trotzdem sehr vorsichtig sein, denn Strauße können einen Menschen sehr schwer verletzen." Die gefährliche Waffe ist dabei jedoch nicht ihr Schnabel, sondern die große Kralle am Fuß der Strauße. Sie ist extrem spitz und hart, und wird in der Kombination mit der extremen Kraft, die ein Strauß in seinen Beinen hat, zu einer tödlichen Waffe. "Die Beine sind so kräftig, dass ein Tier bis zu 70 Stundenkilometer schnell rennen kann, wenn es sein muss", sagt der Farmbesitzer.

Was die Tiere noch etwas gefährlicher macht ist ihr kleines Gehirn. Das ist gerade einmal so groß wie ihr Auge und bietet ihnen somit nur wenig geistige Fähigkeiten. "Die Tiere kennen die Farmmitarbeiter, die sie aufgezogen haben und haben sich auch an Menschen gewöhnt, aber sie bleiben durch ihr kleines Gehirn extrem instinktgesteuert", erläutert der Straußenhalter. Ihr wichtigstes Sinnesorgan seien ihre Augen, erklärt Stöcker weiter. Mit ihnen könnten sie Bewegung auch noch in zwei Kilometern Entfernung wahrnehmen.

Der 49-Jährige kennt seine Tiere in- und auswendig. Seit sieben Jahren züchtet er die Strauße auf einer acht Hektar großen Grünfläche in Emminghausen. Inzwischen sind Farm und Hofladen in der Gegend zu einer Institution geworden. "Ich komme eigentlich aus der klassischen Landwirtschaft und irgendwann wollte ich mich weiterentwickeln", berichtet Stöcker. "Auf der Suche nach etwas neuem bin ich dann auf diese Vögel gestoßen, und darauf, dass man sie eben auch in Deutschland züchten kann." Züchten, das bedeutet natürlich auch schlachten. Und das mit einer großen Ausbeute je Tier. Ein Strauß bringt 90 bis 100 Kilogramm Fleisch. Im Hofladen wird es deshalb nur als Kiloware verkauft. Ein Kilo Straußenfilet kostet 35,90 Euro. Zudem gibt es Straußengrillwurst, - salami oder -zwiebelschmalz. Und natürlich Straußeneier.

Die wiegen rund zwei Kilo das Stück und bringen ein Omelett für etwa acht Personen pro Ei. Kostenfaktor: 13,90 Euro je Kilo. Die Nachfrage nach Fleisch und Eiern ist trotz der Preise groß. "Die Farm ist aber zu klein, um den Großhandel oder auch Restaurants im Umkreis zu beliefern", sagt der Besitzer. Aus diesem Grund schaltet er auch keine Werbung in der Zeitung. Muss er aber auch nicht.

Denn die Straußenfarm scheint sich wie von selbst zu vermarkten. "Spätestens seit wir angefangen haben hier Führungen zu geben, sind wir in der ganzen Region bekannt", erklärt Stöcker. Regelmäßig geht er oder einer seiner zehn Mitarbeiter mit Gruppen über das Areal. Die Tour dauert etwa eine Stunde und führt nicht nur an den Vogelstraußen vorbei. Ungewöhnlich wie Stöcker ist, hat er inzwischen auch entschieden, Bisons anzuschaffen. Mit einem Bullen und vier Kühen, steht diese Zucht zwar noch ganz am Anfang, eindrucksvoll sind die amerikanischen Tiere aber allemal.

Am Ende der Führung dürfen Besucher dann noch einen Blick in das Gehege für`s Herz werfen - dem Jungtierbereich. Hier drücken sich die kleinsten Küken unter Wärmelampen zusammen, machen die etwas größeren erste Gehversuche und die ältesten unter den Kleinen suchen bereits den Ausgang. Im Hintergrund sind leise esoterische Klänge zu hören. Die beruhigen die Jungen auch dann, wenn auf der Straße mal ein Laster vorbei fährt.

Legesaison ist für die Sträuße zwischen März und August. Zwei Hennen mit einem Hahn legen in dieser Zeit zwischen 30 und 50 Eiern. Ausgebrütet werden die Küken in einem Brutschrank und wiegen bei ihrer Geburt zwischen 700 und 900 Gramm. Die schwierigste Phase für sie sind die ersten zehn Tage. Dann sind sie gefährdet durch Nässe und Kälte. Danach kann den Tierchen fast keine Witterung mehr etwas anhaben, denn die Körper, der aus Afrika stammenden Strauße, sind auf Schwankungen zwischen 50 Grad am Tag, bis zu minus zehn Grad bei Nacht ausgelegt.

Lange bleiben die tschilpenden, rund 30 Zentimeter großen Küken jedoch nicht so süß anzuschauen. Wohl gefüttert mit Gras, Gerste, Weizen und im Winter auch Heu, wachsen die Tiere rasch heran, und bringen es nach nur sechs Monaten schon auf die gleiche Größe, wie ein Erwachsener Vogelstrauß. Schlachtreif sind sie zwischen dem 10. bis 18. Lebensmonat.

Die 34 Zuchttiere dürften jedoch gut und gerne 70 Jahre alt werden. Viel Zeit für Mensch und Tier, um sich aneinander zu gewöhnen. "Wenn man ein Tier von kleinauf hat. Es aufzieht, sieht wie es wächst, das Jugendalter durchmacht, wie es geschlechtsreif wird und den Charakterwandel durchmacht... Also, das ist schon sehr innig, das Verhältnis", sagt Klaus Stöcker, und zeigt damit, dass er am Ende eben nicht nur Straußenzüchter, sondern irgendwie auch echter Straußenvater ist.

(ham)
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