Urlaub an der Nordsee Langeoog - Eine Insel fürs Leben

Langeoog · Nach Langeoog ist unsere Autorin schon gereist, als sie noch im Kinderwagen saß. Auch heute kommt sie gerne zurück auf die Insel im ostfriesischen Wattenmeer.

 Unsere Redakteurin Isabelle de Bortoli als junges Mädchen auf Langeoog.

Unsere Redakteurin Isabelle de Bortoli als junges Mädchen auf Langeoog.

Foto: Isabelle De Bortoli

Ein kleines Mädchen mit blonden Löckchen und rosa Sonnenhütchen sitzt im Sand und haut mit der Schüppe auf einen Eimer. "Langeoog - meine Insel" hat mein Vater über die Fotos aus dem Sommer 1983 geschrieben. Damals war ich das erste Mal im Alter von gerade einem Jahr auf der Insel. Es sollten 15 weitere Sommer folgen, später auch mit dem kleinen Bruder, mal mit den Großeltern. Mindestens zwei Wochen, manchmal sogar drei verbrachten wir auf Langeoog - und die meisten auch in der selben Ferienwohnung, im "Haus Kettelhack" direkt am Bahnhof. Langeoog, das begann mit einem Packmarathon samt Sandspielzeug und Regenhosen, das Auto voll bis unters Dach - mein Bruder und ich konnten uns auf der Rückbank auf Grund eines Taschenberges kaum sehen. Auf dem Dach: vier Fahrräder. Und jedes Jahr war die Fahrt auch immer ein Wettlauf gegen die Zeit: Bekommen wir die 13.30 Uhr-Fähre?

Langeoog ist autofrei

Von Bensersiel aus geht es nämlich in 45 Minuten per Schiff durch das Wattenmeer auf die Insel. Die Autos bleiben auf einem riesigen Parkplatz stehen, Langeoog ist autofrei. Und auf eben dieser Fähre beginnt der Urlaub - und die Entschleunigung: Denn die weiß-orangefarbene "Langeoog III", die hier seit mindestens 1983 ihren Dienst tut, tuckert ganz gemächlich vorbei an roten und grünen Bojen, an Segelbooten und Kuttern, immer begleitet von einem Schwarm Möwen. In unserer Familie wird der Start in die Ferien auf der Fähre traditionell mit einem Bockwürstchen begangen, die gibt es in der kleinen Kombüse. Das mache ich heute noch so - inzwischen war ich, seit unsere Familien-Serie 1998 abbrach, viermal wieder auf Langeoog.

Das Schöne, wenn man einen Ort seit 30 Jahren kennt: Es geht keine wertvolle Erholungszeit für die Orientierung verloren. Wie man zum Strand kommt, wo man einkauft, wo Fahrräder geliehen werden - alles seit Jahren eingeübt. Das einzige, worüber man sich Gedanken machen muss: Wo gehen wir am ersten Abend essen?

Mit dem Zug vom Hafen zum Ort

Auf der Insel angekommen fährt man mit der bunten Inselbahn vom Hafen in den Ort - schon als Kind liebte ich diesen Zug, inzwischen bummelt seit 1983 die dritte Ausführung über die Schienen. Und dann ist es ein Atemzug, der die Erinnerungen hereinbrechen lässt: dieser Geruch nach Salz, nach Watt, nach Sand - und nach Hagebutten, der Heckenpflanze Nummer eins auf Langeoog. Zugegebenermaßen riecht es auch ein bisschen nach Pferdeäpfeln. Denn in Ermangelung von Autos bringt die Pferdekutsche etwa das Gepäck zu Pension, Ferienwohnung oder Hotel.

Und natürlich sind es Wege, Restaurants, Ecken, Geschäfte - alle aufgeladen mit Erinnerungen. Daran, wie ich mit meinen Großeltern mal bei einem schlimmen Gewitter im Restaurant "Seekrug" ausharrte und über dem perfekten Nordsee-Strand-Panorama die Blitze zuckten. Wie wir Krebse fischten und diese am nächsten Morgen immer aus dem Wassereimer neben dem Strandkorb verschwunden waren (Möwen?!). Wie ich über Jahre jeden Morgen zum Schwimmbad fuhr, um dort von "Seepferdchen" bis "Gold" alle Schwimmabzeichen zu machen. Wo meine Mutter und ich am liebsten Milchreis mit Kirschen essen. Wie es sich anfühlt, in eine Qualle zu treten. Wie wir mal fast nicht mehr von einer Sandbank herunter gekommen wären. Und wie wir jeden Abend vom Wasserturm aus, dem weißen Wahrzeichen der Insel, den Sonnenuntergang beobachteten.

Meinen Erinnerungen an 16 Jahre Familienurlaub fügen mein Mann und ich nun eigene, unsere Augenblicke hinzu. Denn auch er konnte gar nicht anders, als unsere Insel lieb zu gewinnen. Dieses Jahr waren wir zum Beispiel im Spa eines neuen Hotels - wunderbar. Und haben uns eine Partie Minigolf geliefert. Und mussten auf dem Weg zurück vom Ostende der Insel die Räder schieben, weil der Wind uns beinahe aus dem Sattel pustete. Und: An einem Abend im Juni 2007, bei Sonnenuntergang, hielt er um meine Hand an. In einem roten Strandkorb.

Die Insel fürs Leben

Die Gezeiten und die Veränderung des Strandes vor Langeoog bringen Kinder in diesem Jahr um eine weitere Erinnerung, die ich an die Insel habe: das Burgenbauen. Gemeinsam mit meinem Bruder und unserem Vater haben wir nicht nur Burgen, sondern ganze Schiffe gebaut, die schließlich wieder und wieder in den Wellen der Flut untergingen. In diesem Jahr verhindert eine große Sandbank vor Langeoog, dass die Brandung an den Strand spült. Das wird in ein, zwei Jahren, wenn wir wieder herkommen, sicher schon anders sein. Und auch wenn seit 30 Jahren vieles gleich ist - es hat sich auch manches getan auf der Insel: Es gibt neue Hotels und Ferienwohnungen, das schon angesprochene Spa, ein schickes Café am Bahnhof, neue Restaurants, einen Golfplatz - und Liebesschlösser rund um den Wasserturm.

Langeoog nennt sich selbst "Insel fürs Leben" - und besser kann man es gar nicht umschreiben: Denn egal, ob man als Baby, Kleinkind, Schulkind, Teenie, junger Erwachsener, in den Dreißigern, als Eltern oder Großeltern herkommt - Langeoog gibt einem das, was man gerade braucht. Am Strand findet man Ruhe bei einem Spaziergang - und Action am Sportstrand. Man besucht die Sauna - oder das Wellenbad. Bei Regen geht es in die Teestube - oder ins "Spöölhus" (Spielhaus). Und auch nach all den Jahren gibt es immer noch etwas, was man entdecken kann: Ich habe es beispielsweise bis heute nicht geschafft, eine Wattwanderung zu machen. Das mache ich dann beim nächsten Mal - auf Langeoog, meiner Insel.

(ham)
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