Kapverdische Inseln Boavista und Sal Die afrikanische Alternative im Atlantik

Im Winter gibt es eine Alternative zu den Kanarischen Inseln: Nur zwei Flugstunden weiter südlich locken die Kapverdischen Inseln Boavista und Sal mit einsamen Traumstränden, Sandwüsten und afrikanischem Flair.

Sonne tanken, lange Strandspaziergänge unternehmen und unterm Sonnenschirm faulenzen — genau das wollten Uli und Heike tun, bevor die kalten Wintermonate beginnen. Doch auf die Kanarischen Inseln hatte das Pärchen aus Münster keine Lust mehr. "Da ist es im Winter recht voll, ganz anders als hier auf den Kapverden", sagt Heike. Auf Sal und ihrer Nachbarinsel Boavista geht es dagegen selbst zur winterlichen Hauptsaison relativ ruhig zu — dabei sind sie die meist besuchten Inseln des Archipels.

Eigentlich hat Sal im Vergleich zu den anderen acht bewohnten Inseln der Kapverden kulturell wie landschaftlich am wenigsten zu bieten. Santo Antãos schroffe Bergwelt ist ein Wanderparadies. Santiago ist Afrika pur. Fogo lockt mit riesigen Vulkankratern und seiner malerischen Kolonialstadt São Filipe. Sal hingegen hat nur eines: endlose einsame Sandstrände.

Doch viele Urlauber suchen genau diese Ruhe. In Fischerorten wie Palmeira, ganz in der Nähe der Badebucht Buracona, hat der Tourismus noch keinen Einzug gehalten. Selbst die spektakulären Salzpfannen im Vulkankrater bei Pedra Lume sind touristisch noch nicht ausgeschlachtet. Doch langsam entdeckt die internationale Reisebranche die Kapverden. Auf Sal wachsen erste Bettenburgen wie das "Riu Funana" aus dem Boden.

Doch selbst der touristische Hauptort Santa Maria ist kaum mit Urlaubsorten in Spanien oder Italien zu vergleichen. Die farbenfrohen Häuserfassaden in Orange, Gelb und Türkis spiegeln den bunten Mix zwischen Afrika und Europa, der die ehemalige portugiesische Kolonie heute noch ausmacht. Am alten Hafen kommt man mit Einheimischen in Kontakt.

Es ist ein heilloses Durcheinander: Fischer kommen mit ihren kleinen Holzbooten an den Kai und werfen ihren frischen Fang mit Wucht auf den Holzsteg. Die wenigen Touristen schrecken immer wieder zurück, wenn riesige Thunfische vor ihren Füßen landen und mit Schubkarren schnell zu den umliegenden Restaurants gebracht werden. Der Kai liegt direkt am wunderschönen Strand Praia de Santa Maria, der über zwei Kilometer bis zur Ponta do Sinó führt. Die Südwestspitze der Insel bis hin zur Ponta Preta gehört dank der starken Passatwinde zu den besten Surfgebieten der Welt.

Wer bereits von den einsamen Stränden auf Sal begeistert war, wird auf der Nachbarinsel Boavista vor Freude im Sand niederknien. 80 Prozent der Touristen tummeln sich hier am breiten Strand von Praia da Chave, wo zwei sehr große Ferienanlagen gebaut wurden. An den restlichen Stränden Boavistas, wie dem Praia da Varandinha, ist die Einsamkeit manchmal fast beängstigend.

Das hat seinen Grund: Die Wege zu den meisten der endlosen Dünenstrände sind ein Abenteuer für sich und fordern Fahrtalent und gute Orientierung. Auch die Praia de Santa Mónica, für viele der schönste Strand der Kapverden, ist nur mit dem Geländewagen zu erreichen. Bis kurz nach dem Ort Rabil auf einem Bergrücken gibt es noch eine Teerstraße. Von dort aus kann man bereits die schneeweißen Dünen der Deserto de Viana sehen. Eine Sandwüste mit riesigen Wanderdünen, welche Boavista den Beinamen Sahara im Atlantik eingebracht hat.

Dahinter erwartet die Reisenden eine menschenleere Steinwüste mit Felsen und erodierten Vulkanschloten. Nach den bunten Häusern von Povoação Velha geht es nur noch über Steinpisten und ausgetrocknete Flussbetten bis zur Praia Santa Mónica. Der Weg ist ein Erlebnis, das Ziel eine Belohnung. Nur Krebse und Strandläufer-Vögel kreuzen den Weg. Hinter dem schneeweißen Strand breiten sich rötliche Salzwiesen und Akazien aus, davor rollt der dunkelblaue Atlantik heran. In aller Ruhe ziehen Buckelwale vor dem Strand entlang. Boavista ist einer der weltweit besten Orte für Walbeobachtungen.

An der Praia de Ervatão im Südosten geht es nicht weniger spektakulär zu. Nachdem man einige Zeit im Jeep durchgeschüttelt wurde, erreicht man diesen Naturstrand, flankiert von bis zu zehn Meter hohen Palmen. Zwischen Mai und September legen hier Hunderte Schildkrötenweibchen ihre Eier ab. Biologen schätzen, dass es auf den Kapverden bis zu 3000 Meeresschildkröten gibt, rund zwei Drittel kommen zum Eierlegen an die Strände von Boavista. Die dahinter liegenden Feuchtgebiete von Curral Velho sind ein Paradies für Vogelliebhaber, die Pistenfahrt ist allerdings fordernd.

Auch auf dem Weg zum Strand von Boa Esperança kann man sich leicht verfahren. Sogar zu Wasser, wie das Wrack der Cabo de Santa Maria beweist, die nur 100 Meter vor dem Strand in der Brandung liegt. Vor zehn Jahren ist der spanische Frachter, der bereits 1968 hier gestrandet ist, in zwei Teile zerbrochen. Vor Boavista ruhen Dutzende Wracks. Im 19. Jahrhundert stellte die hungernde Bevölkerung falsche Leuchtfeuer auf, um die gestrandeten Schiffe zu plündern.

Heute sind die Einwohner von Boavista um einiges freundlicher zu Besuchern.

(tmn)
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