Area 47 Mit dem Zipflbob über die Schanze

In der Area 47 im Tiroler Ötztal können Urlauber in wenigen Tagen bis zu 25 Outdoor-Sportarten ausprobieren.

Der extremste Freizeitpark Europas
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An diesem sonnigen Freitagmorgen ist er der Erste. Mutig steigt Linus die Treppenstufen der 18 Meter hohen Sprungschanze hinauf und trägt den leuchtend gelben Zipflbob am langen Griff betont lässig über der Schulter. Oben warten erfahrene Outdoor-Guides auf die ersten Abenteurer des Tages und erklären die witzige Idee um das eigentliche Wintersportgerät. "Du muscht mit dem Schlitten vorsichtig über die Kant'n rutschen und dann das G'wicht nach vorn verlagern", erklärt Peter Arnold in breitem Tiroler Dialekt. "Unbedingt die Füß' anheben und den Bob in der Luft zur Seit' werfen."

Linus blickt die steile Abfahrt hinunter und ist nun doch ein wenig aufgeregt. Die grünen Matten der Sommerschanze glänzen herausfordernd. Unten warten ein acht Meter tiefer Natursee - und eine Busladung voller Senioren, die im Lakeside Restaurant bei Kaffee und Brötchen die Morgensonne genießen. Nun gibt es kein Zurück mehr. Vorsichtig gleitet der Teenager mit dem gelben Plastiksitz nach vorn. Der Zipflbob nimmt sofort rasante Fahrt auf und nach wenigen Sekunden katapultiert die Schanze Schlitten und Reiter in hohem Bogen durch die Luft.

Unter dem lauten Gejohle der Gäste klatscht der ganz in Neopren gekleidete Junge kopfüber in das türkisfarbene Wasser, wenige Meter weiter landet der gelbe Bob im See. Zuerst ploppt ein behelmter Kopf mit einem breiten Grinsen an die Oberfläche, dann der hoch gestreckte Daumen. "Wahnsinn", ruft der 16-Jährige und schwimmt hektisch mit dem Zipflbob zum Ufer, nur um schnell wieder die Treppe der Schanze hinaufzustürmen.

In der Area 47 im Tiroler Ötztal können Urlauber in wenigen Tagen bis zu 25 Outdoor-Sportarten ausprobieren wie Blobbing, Klettern, Wakeboarding oder Caving. "Alles begann mit Rafting-Touren in den 1980er Jahren", erzählt Christian Schnöller, Marketingleiter des Erlebnisparks. "Damals schwappte der Trend gerade aus den USA herüber, auch Canyoning haben wir sehr früh angeboten." Dann entstand die Idee, einen ganzen Park mit Outdoor-Angeboten zu bauen. Nach sieben Jahren Planung war 2009 Baubeginn, viele Sportler und Sponsoren hatten ihre Wünsche eingebracht. "Die Klippenspringer wollten eine Trainingsplattform in 27 Metern Höhe, die Freestyler wünschten sich eine Sommerschanze", erklärt der Söldener.

Doch warum rutschen die Gäste mit dem Zipflbob? "Wir sind zuerst mit Snow-Tubes abgefahren", erzählt Schnöller. "Doch meistens sind wir auf den großen schwarzen Reifen gelandet und das tat ganz schön weh." Die anschließenden Fahrten mit dem Plastik-Wok waren kaum kontrollierbar, erst die Versuche mit dem Schlitten waren erfolgreich und so sorgen die Zipflbob-springer noch heute für viel Spaß bei Abfahrern und Zuschauern.

Nach einem aufregenden Vormittag im Wasserpark kehren Linus und sein Schulfreund David ins Zimmer zurück. Zur Area 47 gehören neben einigen Tipis und Holzhäuschen auch Doppelzimmer mit Balkon und Ausblick auf die wilde Ötztaler Ache, die am Ende des Wasserparks in den Inn mündet. Dort starten verschiedene Rafting-, Canyoning oder Caving-Touren für Anfänger und Profis. Auch die beiden Teenager schlüpfen am frühen Nachmittag in knallrote Neopren-Anzüge.

Mit den Eltern geht es hinauf in die Berge zum Einstiegspunkt in die Canyoning Challenge - eine vermeintliche Anfängertour durch den Nederbach. "Wer das erste Abseilen überstanden hat, schafft den Rest problemlos", lockt Stefan Burkert die Gruppe auf eine 17 Meter hohe Brücke. Der erfahrene Tourguide hakt das blauweiße Seil an Linus' Klettergurt und der 16-Jährige schwingt sich mutig über das Geländer. "Papa, jetzt musst du mich filmen", ruft er und lehnt sich weit über den Abgrund. Sein Vater zeichnet alles mit der Helmkamera auf und lässt sich als Nächster in das eiskalte Flusswasser abseilen. Jetzt geht es eineinhalb Stunden über glitschige Steine und scharfe Felsen durch das Alpenrosental. An einigen Passagen müssen sich die Abenteurer mit ihren Klettergurten sichern, immer wieder werden sie von den Profis ein paar Meter am Seil hinabgelassen. Gänzlich nass werden alle in der Felsrutsche. "Das Eiswasser ist oben in den Anzug reingelaufen", ruft Linus entsetzt, als er aus der Gumpe wieder auftaucht. "Setzt bloß die Kapuze auf." Ein Sprung aus gut vier Metern Höhe und das dank der Schneeschmelze reißende Flusswasser lässt die Canyoning-Anfänger nochmals bis auf die Badehose nass werden. Mit stolzem Blick und nur wenigen blauen Flecken klettern alle nach gut 90 Minuten aus der Schlucht.

"Wie lang hat der Wasserpark noch auf?" Linus und David haben nach dem Ausflug immer noch nicht genug. Während sich ihre Eltern einen Platz mit Aussicht auf der Terrasse des Lakeside Restaurants suchen, schlüpfen die Jungs an der Sprungschanze wieder in den Neoprenanzug und stürmen die Treppen hinauf. "Filmt uns mal", rufen die beiden laut herüber, und Linus' Vater drückt auf den Auslöser. Mit gut 30 Stundenkilometern jagt sein Sohn die glitzernd grüne Schanze hinunter und segelt vor der Kulisse der Tiroler Berge durch die Luft, bis er mit einem ungewollten Salto laut jauchzend unter dem Beifall der Kaffeetrinker im See landet. Breit grinsend blickt er herüber, greift nach dem Zipflbob und ruft irgendetwas von "Pommes bestellen". Endlich sind auch die Teenager müde und verschwinden früh auf ihrem Zimmer. Denn morgen öffnet schon um zehn Uhr wieder die Zipflbob-Schanze.

(RP)
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