Pontinische Inseln Höhlenwohnungen neben den Buchten

Weiße Buchten, glasklares Wasser, duftende Mittelmeer-Orte: Die Pontinischen Inseln im Tyrrhenischen Meer sind ein italienisches Kleinod besonderer Art.

 Ponza ist seit den 50er Jahren ein Refugium von VIPs aus Kunst und Kultur und hat sich den dekadenten Charme der italienischen Nachkriegsjahre bewahrt.

Ponza ist seit den 50er Jahren ein Refugium von VIPs aus Kunst und Kultur und hat sich den dekadenten Charme der italienischen Nachkriegsjahre bewahrt.

Foto: Thinkstock/DODDYTANK

Auf dem Wasserweg ist es egal, ob man mit der Fähre oder dem Tragflügelboot anreist: Gleich hinter den steil ins Meer abfallenden Klippen rückt eine Szenerie ins Bild, die wie eine Theaterkulisse anmutet. Ein rosa-rotes Halbrund aus kleinen Geschäften, Bars und Lagerräumen für die Fischer säumt die tiefgeschwungene Bucht. Am Kai sind Fischerboote und Segelschiffe vertäut. Eine Rampe führt zur nächsthöheren Ebene, dem Corso Pisacane: Ponzas Flaniermeile mit ihren bunten, kubischen Häusern. Ein farbenfroher Streifen zwischen dem Blau des Meeres und dem Blau des Himmels. Er ist das pulsierende Herzstück der Insel.

Ponza, die größte Insel des Pontinischen Archipels im Tyrrhenischen Meer, ist unter Römern längst kein Geheimtipp mehr. Fähren und Schnellboote starten mehrmals täglich von Anzio, Terracina oder Formia aus. Die Besucher kommen nur für ein Wochenende, andere bleiben einen Monat und länger. Vor allem Schauspieler, Schriftsteller und bekannte Modemacher besitzen hier Villen und Ferienwohnungen, die im Sommer zum Teil an Urlauber vermietet werden. Doch auch der internationale Jetset entspannt sich gern auf Ponza. Naomi Campbell, Michael Douglas, Monica Bellucci, Modezar Valentino und Italiens Fußballlegende Francesco Totti wurden schon auf ihren Yachten gesichtet.

Der Archipel vor der Küste Latiums war bereits in der Antike ein Begriff. Homer ließ die Inseln in seiner "Odyssee", in der die Zauberin Circe Odysseus auf die Insel lockt, in die Poesie eingehen. 700 vor Christus kamen die Griechen. Doch erst die Römer begannen mit der Besiedlung. Ihnen dienten die Inseln vor allem als Verbannungsort für unliebsame Familienmitglieder. Im Jahr 537 wurde Papst Silverio auf das Eiland verschleppt, wo er bald darauf starb. Heute ist San Silverio der Schutzpatron Ponzas und wird alljährlich am 20. Juni mit einer Prozession und einem gigantischen Feuerwerk gefeiert. Ein Ereignis, zu dem eigens die Nachfahren der Auswanderer, die zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts in Scharen in die USA emigrierten, noch in der dritten und vierten Generation anreisen. Mit ihren großzügigen Geldspenden konnten in der Nachkriegszeit Häuser gebaut, Trattorien eröffnet und moderne Fischkutter angeschafft werden.

Neben dem Tourismus gehört der Fischfang noch immer zu den Haupteinnahmequellen der Ponzianer. Der über drei Kilometer tiefe Meeresgraben sorgt für gutes Wasser, gesunde Flora und reiche Fischbestände. Allein auf Ponza kaufen an die 50 Restaurants die fangfrische Ware, für die Feinschmecker aus Rom oder Neapel stattliche Rechnungen zahlen. Auf fast jeder Speisekarte stehen Spaghetti allo scoglio, mit Meeresfrüchten, Fettuccine alla bottarga, mit Rogen vom Schwertfisch oder der Meer-äsche. Und natürlich Thunfisch in allen Varianten, Sardellen und Garnelen. Dazu wird traditionell Biancolello, ein süffiger Weißwein, der auf der Insel angebaut wird, serviert.

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Foto: Shutterstock.com/ Farida Doctor-Widera

Das Wechselspiel zwischen dem Luxus der Gäste und dem einfachen Leben der Fischer macht den besonderen Reiz von Ponza aus. Wenn alljährlich Ende August die Luxusyachten ihre Anker lichten und die "pescatori" die lauen Abende wieder im "Tripoli", der ältesten Bar am Platz, beim Kartenspiel verbringen, wird das besonders deutlich. Im September nehmen die Sportler, Wanderer und Naturfreunde den Archipel in Besitz. Das glasklare, in allen Blautönen schillernde Wasser ist vor allem für Taucher ein Paradies.

"Ohne einen Ausflug zu Wasser hat man die Insel nicht gesehen," sagt Maurizio Musella vom Tourismusbüro, der jede Ecke auf der Insel kennt. Am Hafen werden von der Cooperativa dei Barcaioli Ponzesi täglich mehrere Rundfahrten angeboten. Einen guten halben Tag dauert die Fahrt, vorbei an ständig neuen Höhlen - mit der Grotte des Pontius Pilatus aus der Römerzeit als absolutes Highlight. Mittags serviert der Capitano köstliche Snacks mit Fisch und Salat, die im Fahrpreis mit eingeschlossen sind.

Auf Ponza ist die Landschaft noch sehr ursprünglich und intakt. Auch deshalb, weil man versucht, die Anzahl des Autos in den Sommermonaten auf dem nur knapp acht Kilometer langen und 1,8 Kilometer breiten Eiland so weit wie möglich zu beschränken. Cala Frontone, Ponzas schönster Strand, seit die traumhafte Badebucht Chiaia di Luna wegen Steinschlag vor ein paar Jahren aus Sicherheitsgründen gesperrt wurde, erreicht man von der Via Panoramica über einen steilen Weg auch gut zu Fuß. Etwas oberhalb hat Gerardo Mazzella neben seinem Restaurant ein kleines ethnologisches Museum mit folkloristischen Utensilien eingerichtet.

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Foto: Shutterstock.com/ Samuel Borges Photography

Die Straße von Ponza-Porto bis zum nördlichsten Zipfel der Insel führt an zahllosen Buchten mit fantasievollen Namen wie Polypenspalter, Stumme Hose oder Höllenbucht vorbei. An weißgetünchten Häusern mit Kuppeldächern und "case grotte", in Tuffstein geschlagene Höhlenwohnungen, die - den modernen Lebensansprüchen notdürftig angepasst - inzwischen bei Urlaubern hoch im Kurs stehen. Den schönsten Ausblick bietet der mit 283 Metern höchste Berg Monte La Guar dia.

Bei klarem Wetter kann man in der Ferne die Silhouette der beiden Inseln Ventotene und Santo Stefano erkennen, die mit Palmarola und Zannone Teil des Archipels sind. Ein grandioses Naturspektakel, das der ligurische Lyriker Eugenio Montale so beschrieb: "Zwischen Bougainville und Explosionen von Ginster verliere ich mich in der Schönheit dieser Sonnenuntergänge und finde auf der Erde mein Paradies."

(RP)
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