Griechenland Mit Künstlern unterwegs auf Rhodos

Rhodos · Auf Rhodos zeigen junge griechische Künstler und Designer, wie sehr sie ihre Heimat inspiriert. Und dass die beliebte Urlaubsinsel für Touristen mehr zu bieten hat als nur Sonne und Strand.

Eine andere Seite von Rhodos
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Foto: dpa, pla

Noch muss man sich zu Pantelis Kampouropoulos durchfragen, wenn man den jungen Architekten in Rhodos-Stadt besuchen will - so unscheinbar ist sein Studio im Keller eines Hotels in Hafennähe. Doch das wird sich wohl bald ändern: Seit Kampouropoulos und sein Partner vor zwei Jahren den Entwurf für ihre "Casa brutale" ins Netz stellten, geht es karrieretechnisch steil bergauf.

Das Design ist spektakulär: ein Haus, direkt in eine steile Klippe gehauen, die Wände aus Glas, ein Swimmingpool als Dach. Das Bild ging um die Welt. Was aussah wie ein glücklicher Zufall, war in Wahrheit reines Kalkül, gibt Kampouropoulos unumwunden zu. Mit seinem dunklen Hipsterbart und lässig blau-weiß gestreiften Hemd würde der junge Grieche auch gut nach Berlin-Mitte passen.

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Foto: shutterstock/ Samot

Das Klippenhaus war eine kühne Idee. "Wer hätte uns, zwei unbekannten Architekten, ausgerechnet aus dem bankrotten Griechenland, schon irgendwas abgekauft?", fragt der Kreative. Doch der Plan ging auf:
Ein libanesischer Bauunternehmer sah die Bilder und beauftragte das Architektenduo, "Casa brutale" als Privathaus für ihn zu bauen.

Kreativ aus der Krise: Das ist das Motto vieler junger Menschen in Griechenland - und oft auch für Touristen interessant. Während andere griechischen Branchen noch in Schockstarre verweilen, sitzen die Kreativen längst wieder im Studio. Was das bedeutet, kann man besonders gut auf Rhodos beobachten: Auf der beliebten Urlauberinsel, wo die Menschen größtenteils vom Tourismus leben und die Hotels gut gebucht werden, spürt man die Krise nicht so stark.

Kampouropoulos etwa trifft seine Kollegen am liebsten am "hippsten Ort der Insel", wie er sagt: In der Strandbar Ronda räkeln sich junge, stylishe Griechen und Urlauber auf Matratzen oder an Holztischen unter geflochtenen Korblampen. Nur wenige hundert Meter von der historischen Altstadt von Rhodos-Stadt entfernt, ist der Hauptstadtstrand Elli Beach für die Einheimischen schnell nach der Arbeit zu erreichen - und eine gute Alternative für Touristen, die den Bettenburgen etwa im Badeort Faliraki entkommen wollen.

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Foto: Unplash/Ernests Vaga

Auch Theodora Kounakis trifft man in der "Ronda"-Bar, sofern sie nicht gerade im familieneigenen Juwelierladen steht. Das edle Geschäft, das in einer sehr touristischen Gasse der Altstadt liegt, scheint auf den ersten Blick nicht ins Bild zu passen: Links werden knallbunte Hüte mit "Rhodes"-Schriftzug feilgeboten, rechts hängen gefälschte Designer-T-Shirts auf billigen Plastikständern.

Bei Kounakis dagegen ist alles echt, hier werden Luxusuhren und Diamantanhänger verkauft - und neuerdings auch Theodoras eigene Schmucklinie. Schnell holt die lebhafte 32-Jährige im eleganten Chiffonkleid mit der punkig blau gefärbten Haarsträhne den Schmuckkasten mit den eigenen Designs hervor - beliebte Mitbringsel.

"Alle meine Entwürfe sind inspiriert von den Sehenswürdigkeiten hier auf Rhodos", sagt sie. Einer der goldenen Anhänger ist eine Weiterentwicklung eines Designs ihres Großvaters, dem ersten Juwelier überhaupt auf Rhodos. Kounakis führt das Geschäft nun in der dritten Generation, obwohl sie die Insel zunächst verließ, um in London Modedesign zu studieren. Doch sie kehrte zurück. "Viele junge Griechen verlassen die Heimat, dabei setzen sich gute Ideen auch hier durch", sagt sie. Und ihr Engagement zahlt sich aus, mitten in der Krise gelang es ihr jetzt, weitere Filialen zu eröffnen.

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Foto: osmera.com /shutterstock.com

Theodora Kounakis zeigt Besuchern gerne die andere, unbekannte Seite der Altstadt: Denn obwohl die mittelalterlichen Gebäude beeindruckend zahlreich und gut erhalten sind, laufen die meisten Touristen nur die Sokratesstraße hinunter. Die Haupteinkaufsstraße und ihre Nebengassen sind so von billigen Souvenirhändlern und Imbissen belagert, dass das historische Flair fast ganz verschwunden ist.

Kounakis geht deshalb am liebsten dorthin, wo tatsächlich noch Menschen in den Welterbe-Mauern leben, 2500 sind es laut Schätzungen. Im schützenden Dunkel der Nacht klettert sie auf einen eigentlich gesperrten Teil der vier Kilometer langen Festungsmauer. Kniehohe Gräser und Büsche zerkratzen die nackten Beine, vom Mandraki-Hafen weht ein kühler Wind hinüber. Die junge Frau blickt über die alten Festungsruinen, atmet tief ein. "Hier habe ich meine besten Ideen", sagt sie zufrieden.

Auch Evi Savvaidi sieht Rhodos als die größte Inspiration für ihre Kunst. Sie kann verstehen, warum Touristen so gerne auf die Insel kommen. "Nirgendwo sind die Farben so intensiv wie hier." Die zierliche Frau mit den langen blonden Haaren deutet nach draußen. Der Blick aus ihrem Studio - gleichzeitig eine öffentliche Galerie - ist tatsächlich ziemlich einzigartig: Türkis schimmert das Meer, nur eine Straße trennt die Räume vom Ixia-Strand, einem Lieblingsort der Wind- und Kitesurfer. "Manchmal bläst der Wind so stark, dann landet ein verirrter Kitesurfer direkt auf der Straße vor meinen Studio."

Kein Wunder, dass Savvaidi sich entschlossen hat, zu bleiben - obwohl sie mit ihren Skulpturen international berühmt geworden ist und hier ziemlich weitab von wichtigen Galerien und Kuratoren ist. Ihre Kunst ist ebenso subtil wie sie selbst: An den weißen Wänden des Studios hängen Flaggen von Ländern wie USA, Großbritannien und Griechenland. Nur wer nah herantritt, sieht, dass die jeweilige Flagge kein Gemälde ist, sondern in Wahrheit ein Mosaik aus winzigen Plastiksoldaten. "Make art, not war", heißt diese Serie. Ein starkes Statement, das gut zu der besonderen Aufbruchstimmung der Insel passt.

(dpa)
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