Postojna-Höhlen in Slowenien Den Grottenolm gibt es wirklich

Postojna · Hund, Katze, Maus - mit diesen Tieren hatte wohl jeder schon mehr oder weniger freiwilligen Kontakt. Mit einem Grottenolm dagegen nur die wenigsten. In den Postojna-Höhlen in Slowenien ist das Tierchen beheimatet. Der Olm ist der Star der Tropfsteinhöhlen. Eine Suche.

Urlaub in Slowenien: Wo der Grottenolm zu Hause ist
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Urlaub in Slowenien: Wo der Grottenolm zu Hause ist

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Foto: dpa, war

Der Grottenolm ist ein einsames Tier. Er lebt in Höhlengewässern, abseits der Zivilisation. Damit er sich aber nicht allzu allein fühlt, kommen jährlich Tausende Besucher in die Tropfsteinhöhlen von Postojna in Slowenien. Hier sind viele Grottenolme zuhause. Damit die Besucher sich nicht erschrecken, wenn sie den aalähnlichen Lurch das erste Mal zu Gesicht bekommen, können sie sich am Höhleneingang schon einmal mit ihm vertraut machen. Kleine Läden verkaufen dort Olm-Souvenirs, es gibt Porträtfotos. Eine erste abstrakte Kontaktaufnahme mit dem Lurch. Und man muss es leider sagen: Der Grottenolm ist nicht so schön. Glitschig ist er, fleischfarben und irgendwie nicht das Model unter den Tieren.

Vor fast 200 Jahren wurden die slowenische Karsthöhlen von dem Einheimischen Luka Cec entdeckt. "Hier ist eine neue Welt, hier ist das Paradies", soll er damals gerufen haben. Ein rund 21 Kilometer langes Höhlensystem wurde nach und nach erschlossen. Heute zählen die Höhlen zu den bekanntesten weltweit. Sie liegen nahe der Stadt Postojna im Süden des Landes und sind vielleicht die größte Touristenattraktion Sloweniens.

Etwa 36 Millionen Besucher sollen bis heute schon dort gewesen sein. In den einst einsamen Höhlen ist es voll geworden. Es wurden dort Winnetou-Filme gedreht. Es gibt sogar elektrisches Licht. Die Reise in die unterirdische Welt beginnt für Besucher mit einer Höhlenbahn. Die rot-gelbe Lok zieht Wagen mit Dutzenden Besuchern hinter sich her. Aber Achtung: Nur wer vor dem Einsteigen nett in die Kamera lächelt, kann am Ende der Tour ein hübsches Erinnerungsfoto von sich kaufen. Ein bisschen Disneyland-Gefühl im Karst. Vorbei an kleinen Seen fährt der elektrische Zug dann durch enge Tunnel. Und auch, wer jedes Mal glaubt, sich dieses Mal den Kopf an der niedrigen Decke zu stoßen - es ist immer gerade so ausreichend Platz.

Ist die Fahrt vorbei, folgt ein zwei Kilometer langer Fußmarsch. Der Weg ist vorgegeben, es soll sich ja keiner verlaufen im Halbdunkeln. Es riecht irgendwie muffig. Die einzelnen Höhlen haben hier Namen wie Spaghettisaal, weißer und roter Saal. Die Decke ist im ersten mit unzähligen dünnen Tropfsteinen übersät, die an die italienischen Nudeln erinnern. Im roten Saal sind sie durch Eisenoxid rot verfärbt, Kalk herrscht im weißen Saal vor. "Das ist wie Spaghetti mit Tomaten- oder Käsesauce hier", erklärt Nives ?kerjanc, Mitarbeiterin im Höhlenmanagement. Es geht bergauf, bergab - Fotostopps hier und da. Lassen die Touristentrauben einen Höhlensaal hinter sich und machen sich auf in den nächsten, schaltet ein Aufseher das Licht hinter ihnen aus. Es wird dunkel. Bei rund 10 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit möchte dann niemand dauerhaft mit dem Grottenolm tauschen.

Apropos Grottenolm - wo bist du? Wer richtig gute Augen oder einfach nur Glück hat, kann ihn in den Höhlenseen entdecken. Dort schwimmt der etwa 30 Zentimeter lange Lurch durch die Dunkelheit. Doch das Tierchen ist scheu, kein Olm in Sicht. Wer den Grottenolm in seinem natürlichen Lebensraum verpasst hat, findet auf der Höhlentour ein großes Aquarium. Einige Grottenolme haben sich von ihren Lurchfreunden in den Seen verabschiedet und dort eine neue Heimat gefunden. Wer seine Hand an das unnachgiebige Glas drückt, kommt dem Grottenolm ganz nah - so nah wie einem das Tier hinter der durchsichtigen Wand eben sein kann. Auf Du und Du mit dem Lurch.

Zur Höhlentour gehört auch die Besichtigung eines Vivariums. Hier können sich die Besucher über weitere Tierarten in der Höhle informieren. Denn der Grottenolm ist nicht der einzige Bewohner. Tiere wie der Schlankhalskäfer haben den Karst ebenfalls für sich entdeckt.

Auf dem Weg zur Bahn, mit der die Besucher die Höhle wieder verlassen, wartet der wohl schönste Stalagmit der Höhle. "Brillant" heißt er, ist fünf Meter hoch und strahlendweiß. Er ist seit Jahrzehnten das Symbol der Höhle - neben dem Lurch, natürlich. Wasser läuft an der ovalen Oberfläche des Tropfsteins entlang. Es lagert eine dünne Schicht aus Sinter an, die aus reinem Kalzit besteht und für den äußeren Schein des "Brillanten" sorgt. Etwas klobig wirkt er - besonders neben der barockähnlichen Säule, die neben ihm thront. Sie ist ein Stalagnat - ein Tropfstein, der sich aus einem Stalaktiten und einem Stalagmiten gebildet hat. "Richtig beeindruckend ist das, oder?", fragt Nives ?kerjanc in die Runde, während alle versuchen, im Dämmerlicht der Höhle den "Brillanten" mit ihren Kameras abzulichten.

Dann geht es langsam wieder zurück ans Tageslicht. Schnell noch an der Fotowand nach dem Schnappschuss vom Eingang schauen, und dann nichts wie raus. Doch was ist nun mit dem Grottenolm? Wer das Tierchen mit den kleinen schwarzen Punktaugen und den rosafarbenen Kiemen doch noch persönlich kennenlernen will, muss einen mutigen Schritt wagen: "Auf den Wegen von Luka Cec" heißt ein anderes Höhlenabenteuer - abseits vom Massentourismus der Haupthöhle. Dabei schlüpfen die Besucher in die Rolle von Höhlenforschern und lernen jene Höhlenteile kennen, die Gästen normalerweise verborgen bleiben.

Bis zu acht Personen bilden ein Team und begeben sich in die Hände von Höhlenführern. Doch bevor das Abenteuer beginnt, schlüpft jedes Teammitglied in einen orangenen Overall, der eher an Müllentsorgung als Höhlenforschung erinnert. Dazu gibt es einen gelben Helm mit einer Lampe für den Kopf und Gummistiefel für die Füße. Schickmachen für den Olm - bald ist es soweit, wir lernen uns kennen.

Das unterirdische Abenteuer dauert drei Stunden. Ziel ist es, in den kleinen Gruppen die Orientierung in den Karsthöhlen zu behalten und die Höhlenumgebung zu entdecken. Ein kurze Fahrt mit einem kleinen Bus führt durch Wälder, in denen Tiere die Hoheit über das Land zu haben scheinen. Am Ende der Fahrt wartet der Abstieg in die Tiefe. Über eine unendlich scheinende Treppe geht es hinunter zum Eingang der Pivka-Höhle, eine Seitenhöhle der Postojna-Höhlen. "Keine Angst, das wird richtig aufregend", motiviert Nives ?kerjanc die Gruppe. Sie arbeitet seit gut zehn Jahren in den Höhlen und hat die Tour mitentwickelt.

Dann wird es dunkel - ganz so, wie es der Grottenolm wohl gerne mag. Zeit, die Lampen auf dem Helm anzuschalten. Doch Moment, sie funktionieren nicht. Mit Geschicklichkeit müssen die Batterien in die Lampen gesteckt werden. Erste Teamprüfung bestanden! Dann geht es los. Die Feuchtigkeit der Höhle kriecht in jede Faser des Overalls, der Weg ist steinig, aber nicht rutschig. Ein paar Minuten geht das so weiter, dann kommt sie - die von allen am meisten gefürchtete Aufgabe: das Abseilen. Einige Meter geht es in die Tiefe. Nur ein Seil bewahrt den Möchtegern-Höhlenforscher vor dem freien Fall.

Tief durchatmen und runter. "Es kann nichts passieren, keine Sorge", beruhigt der Höhlenführer. Und während man völlig hilflos in der Luft hängt und so am Seil zieht, dass man sich langsam nach unten bewegt, motiviert das Team oben hinter dem sicheren Geländer. "Das machst du super, weiter so." Das Leben zieht nicht wirklich an einem vorbei, aber der modrige Geruch der Höhle in die Nase. Unten gelandet - mehr oder weniger elegant, sieht im Dunkeln ja eh niemand -, fällt der Blick auf einen dunklen See und ein Schlauchboot. Näher am natürlichen Lebensraum des Grottenolms geht es nicht. Herzklopfen.

Kurzer Blick in den See. Das Tierchen lässt sich nicht blicken. Vielleicht beobachtet es den fremden Besucher aus weiter Entfernung, ist ein bisschen schüchtern? Das schicke Neonorange des Overalls ist schließlich trotz Dunkelheit schwer zu übersehen. Doch Moment, der Schwanzlurch ist ja blind. Wir verpassen uns wieder, es sollte nicht sein. Du wolltest nicht - an mir lag es nicht. Trostpflaster: Souvenirshop. Hier gibt es flauschige Grottenolmkuscheltiere. Etwas Mutigere greifen zu einer Lavendelseife in Grottenolmoptik. Näher kommen wir uns wohl nicht.

(dpa)
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