Whisky Trail in Schottland Der Weg zum Wasser des Lebens

Craigellachie · In Schottland gibt es einen Pfad, der führt zum flüssigen Gold. Auf dem Malt Whisky Trail öffnen acht Destillerien ihre Tore für die Besucher. Dort wird deutlich: Whisky ist nicht nur ein Genuss, sondern auch eine Wissenschaft für sich.

Inspiriert vom schottischen Whisky
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Whiskyduft liegt in der Luft, Hammerschläge hallen durch die kahle Fabrikhalle: Arbeiter der schottischen Böttcherei Speyside Cooperage fertigen Holzfässer für die Destillerien entlang des Flusses Spey. Die Männer in dem Dorf Craigellachie beherrschen ihr altes Handwerk, sie schuften im Akkord, Tag für Tag neun Stunden lang.

"Unsere Männer werden pro Fass bezahlt, payment per piece nennen wir das", erklärt der 58 Jahre alte Ronnie. Deshalb seien sie so rasend schnell. 40 Jahre lang arbeitete der Schotte selbst als Böttcher in der Werkhalle, genau wie Vater George und Bruder George. Böttcher zu sein, das hat in der Familie Tradition.

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Craigellachie liegt mitten im Whiskydistrikt und ist der Ausgangspunkt für den Besuch in einer der über 40 Destillerien. Acht der Brennereien haben sich zusammengeschlossen und bilden den Malt Whisky Trail. Das ist allerdings kein Wanderpfad durchs schottische Hochland, wie man bei diesem Namen vermuten könnte. Vielmehr führt die gut ausgeschilderte Route über schmale Landstraßen zu den einzelnen Brennereien und liegt im Zentrum der Region Speyside zwischen den Städten Inverness und Aberdeen.

Jede der acht Destillerien bewahrt ihre eigene Tradition. Strathisla in Keith wurde bereits 1786 gegründet und ist damit die älteste Whiskybrennerei in Speyside. Ihre Geschichte ist eng verbunden mit den Brüdern James und John Chivas, die im 19. Jahrhundert als eine der Ersten das Blending entwickelten.

Dabei werden mehrere Malt Whiskys aus Gerstenmalz und Grain Whiskys aus gemälzter Gerste und anderem Getreide mit unterschiedlich langen Reifezeiten gemischt, um so einen Whisky mit einzigartigem Aroma und Geschmack zu komponieren. Mit ihrem flüssigen Gold erlangten die beiden Brüdern ziemliche Berühmtheit: Queen Victoria ernannte die Chivas-Brüder 1843 zu königlichen Hoflieferanten. 1891 schufen sie ihren Chivas Regal-Whisky, der heute zu den traditionsreichen Blends zählt.

"Heute vergleicht unser Masterblender Colin Scott die blended Whiskys gerne mit einem Orchester und den Single Malt Whisky mit einem Solisten", sagt Besucherguide Boa Andersson. Schließlich stammt der Single stets aus einer Brennerei, aus einer Whiskysorte und benötigt eine besonders lange Lagerzeit zur Reifung. Beim Blended Whisky werden verschiedene Whiskys miteinander vermischt.

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Foto: Nicolas Berthold/rpo

In Schottland muss Whisky mindestens drei Jahre lang lagern und reifen, bevor er das Prädikat Scotch Whisky tragen darf. Manche Single Malts reifen 12, 15 Jahre und noch viel länger in den Eichenfässern. Es sind Fässer, die zuvor üblicherweise Sherry, Port - oder Madeirawein, Brandy oder Rum enthalten haben. So verleiht jedes Fass dem Whisky während der Reifezeit eigene Aromen und Geschmacksnoten.

Die Fässer sind oft mehr als 50 Jahre in Gebrauch. In diesem Zeitraum kommen sie mehrere Male zu den Böttchern der Speyside Cooperage: Brüchige Fassdauben werden durch neue Holzsegmente ersetzt und eiserne Reifen neu aufgezogen. Darüber hinaus werden die Holzbehälter minutenlang ausgeflämmt. Im Innern entsteht die kohlige Krokodilhaut, die den Whisky veredeln soll.

Spätestens jetzt wird manchem Besucher klar: Scotch Whisky ist eine Wissenschaft für sich - und hat eine lange Geschichte. Denn bereits 1494 gab es der Überlieferung nach in Schottland erste schriftliche Nachweise zum Whisky. Dessen Name soll sich von dem gälischen Wort uisge-beatha ableiten, was so viel heißt wie "Wasser des Lebens".

Für dieses Wässerchen sind die Ausgangsprodukte stets gleich: schottische Gerste, Hefe und weiches Wasser. Doch beim Wasser beginnt bereits der Unterschied - je nach Standort des Brunnens in der Speyside-Gegend. Wie weich ist das Wasser? Welche Mineralien sind enthalten? Gibt es Torfspuren? Der große Rest sind Wissen und sehr viel Erfahrung der Masterblender, deren Arbeit und Verantwortung mit den Kellermeistern beim Wein vergleichbar ist.

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Ein paar Zahlen verdeutlichen den Stellenwert des schottischen Nationalgetränkes: 10000 Arbeitsplätze sind direkt mit der Whiskyherstellung verbunden, Whisky wird in 200 Märkte weltweit exportiert. Rund 20 Millionen Eichenfässer lagern in den Reifehallen der Brennereien. "Gäste aus über 70 Ländern kommen zu uns in die Böttcherei, selbst aus Bangladesch und Polynesien. Hochsaison ist in den Monaten Juli und August sowie Ende April beim Whiskyfestival von Dufftown", erklärt Gill Reid, Leiterin des Besucherzentrums der Speyside Cooperage in Craigellachie.

Von dort sind die Brennereien am Malt Whisky Trail mit dem Auto in maximal 90 Minuten erreichbar. Durch das einsame Hochland von Grantown-on-Spey über den Flecken Dava führt die Route etwa nach Forres zur Brennerei Benromach. Unterwegs umrahmen knallgelbe Ginsterbüsche die kurvige Landstraße, Nieselregen hängt über der moorigen Hochfläche am Lochindorb-See.

Vom Laien zum Experten - wie lange dauert das auf dem Malt Whisky Trail? "Mindestens fünf Jahre", schätzt Rachel Keane von der Glenfiddich Destillerie in Dufftown, einer der größten Single-Malt-Brennereien. Für den Anfang präsentiert sie ihren Gästen nach dem Rundgang vorbei an Gärbottichen und Brennblasen bei einer Probe fünf unterschiedliche Whiskys - vom frischen, fruchtigen Zwölfjährigen bis zum 30 Jahre lang gereiften Single Malt mit dem Geschmack dunkler Schokolade.

"Jeder wird bei den Proben seinen persönlichen Favoriten herausfinden", meint Rachel. Und das müsse nicht mal unbedingt der älteste und damit auch teuerste Single Malt sein. So tröstet die Whisky-Kennerin ihre Gäste, die bereits an gerupfte Bankkonten und glühende Kreditkarten dachten. Immerhin bringt es eine Flasche der 50 Jahre lang gelagerten Edition von Glenfiddich auf den respektablen Preis von 22850 Pfund - das sind knapp 30000 Euro.

(dpa)
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