Urlaub in Italien Sizilien ist der "Schlüssel zu allem"

Wer von Sizilien hört, denkt an Palermo und Mafia. Doch fernab der Metropole liegen am südöstlichen Zipfel der Mittelmeerinsel barocke Städte, wo sizilianische Träume wahr werden.

So schön ist Siziliens Südosten
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Es ist Sonntag in Modica. Die halbe Stadt ist auf den Beinen. Frauen stöckeln auf High Heels über den Asphalt. Junge Männer in Anzügen eilen mit ihren Freundinnen, die wie für eine Hochzeit zurecht gemacht sind, die Stufen der Freitreppe hinauf zum Gottesdienst in der Chiesa di San Pietro. Mit ihrem gelben Sandstein leuchtet die von Heiligenfiguren gesäumte Barockkirche in der Sonne.

Modica ist eine von acht spätbarocken Städten des Val di Noto im Südosten Siziliens. Die Orte stehen auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes. Trotzdem wird Modica in den Kunstreiseführern meist nur am Rande erwähnt. Dabei ist die knapp 55 000 Einwohner zählende Stadt nicht nur wegen ihrer Baukunst einen Besuch Wert, sondern auch wegen ihrer Süßigkeiten. Am Corso Umberto Primo reiht sich Pasticceria an Pasticceria, auch Siziliens berühmteste ist darunter: die Antica Dolceria Bonajuto. Seit 1880 wird in dem barocken Gebäude spanische Aztekenschokolade hergestellt. Die schwarze kakaohaltige Süßigkeit ist matt und mit hellen Flecken von Kakaobutter durchzogen.

Sehenswert ist auch Syrakus. In der Antike war sie die größte Stadt der griechischen Welt. Im archäologischen Park am Rande der Stadt sind die Ruinen eines griechischen und eines römischen Theaters sowie die Nekropole Grotticelle mit dem sogenannten Grab des Archimedes zu besichtigen. Am imposantesten aber wirkt das Ohr des Dionysios. Die Öffnung der künstlich angelegten Grotte ist 23 Meter hoch und erinnert in ihrer Form an ein menschliches Ohr. Eine Gruppe junger Italiener leuchtet sich mit ihren Smartphones den Weg ans Ende der 65 Meter langen Höhle. Auf ihrem Rückweg stimmen sie ein Lied an. Es klingt wie ein ganzer Opernchor auf der Bühne. Kein Wunder, denn jedes Geräusch wird hier um das 42-Fache verstärkt.

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Foto: tripadvisor

Ein weiteres Monument der Superlative findet sich in der Altstadt auf der Insel Ortygia. Dort liegt der um 570 vor Christus erbaute Appollon- und Artemistempel. Er ist vermutlich der älteste dorische Ringhallentempel Siziliens. Hinter dem Tempel geht es leicht bergauf in den Corso Giacomo Matteotti, eine der teuersten Einkaufsstraßen der Stadt. Oben angekommen, begegnet dem Besucher wieder die Vergangenheit: die vom Brunnen der Artemide dominierte Piazza Archimedes. Vor einem der Straßencafés studieren Touristen die Details der Paläste, bevor sie sich zum Dom aufmachen. Auf dem halbrunden geschwungenen Platz erklären Führer die Fassade des Gotteshauses, das zu den schönsten Beispielen barocker Baukunst auf Sizilien zählt. Im Innern der Kirche wird die wechselvolle Geschichte der Insel deutlich: Das nördliche Seitenschiff der dreischiffigen Basilika wird von Säulen eines dorischen Tempels gestützt.

Gut 30 Kilometer von Syrakus entfernt liegt die Stadt Noto. 1989 ernannte sie der Europarat zur europäischen Hauptstadt des sizilianischen Barocks, noch bevor sie 2002 auf die Liste der Unesco-Weltkulturerbe kam. Auf dem Corso Vittorio Emanuele bieten junge Männer Luftballons an, schauen auf die Freitreppe vor dem Dom, auf der sich Menschen niedergelassen haben. Von hier aus sehen sie die Kuppel des Domes kaum. 1996 war sie mitsamt dem Dach eingestürzt, seit 2007 erstrahlt sie wieder.

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Foto: shutterstock/ Francesco R. Iacomino

Über Ragusa, eine weitere Perle des sizilianischen Barocks, geht es durch hügelige Landschaft ins Landesinnere, vorbei an Weinreben und Olivenhainen zur Villa Romano del Casale. 500 000 Touristen drängeln sich jährlich durch die römische Villa am Stadtstrand von Piazza Armerina.

Deutlich ruhiger und beschaulicher präsentiert sich die Villa Romana del Tellaro, zehn Kilometer südlich von Noto gelegen. Nur eine Hand voll italienischer Touristen ist dort. Das versteckt gelegene Kleinod ist erst seit 2008 öffentlich zugänglich. Umgeben von Oliven- und Zitronenbäumen bewundern Besucher Bodenmosaiken mit Jägern, Stieren und Löwen. Wer noch die Vögel dazu zwitschern hört, versteht Goethe der 1787 in seiner Italienische Reise schrieb: "Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele: Hier erst ist der Schlüssel zu allem."

(RP)
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