Amerika-Urlaub Im Reich der Anasazi-Kultur

Blanding · Das Reich der untergegangenen Anasazi-Kultur in der Gegend der Four Corners lockt USA-Reisende, die mehr als das Monument Valley und den Arches Nationapark sehen wollen. Jared Barrett nimmt Touristen mit in eine Landschaft, die immer noch voller Geheimnisse ist.

USA: Im Reich der Anasazi
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Foto: dpa, pla

Ein wenig verrückt ist er schon, dieser Jared Barrett. Wer sonst würde sonst seinen hoch dotierten Lehrjob an der Universität von Salt Lake an den Nagel hängen, um in die Wüste auszuwandern? Vielleicht ein Eremit, aber Jared ist alles andere das. Er liebt sein Leben, seine Frau und die acht gemeinsamen Kinder über alles. Wenn er sich tatsächlich mal allein in die Wüste zurückzieht, dann nur, um Neues zu entdecken, das er mit anderen teilen kann.

"Urlauber, die in Utah, Arizona, Colorado oder New Mexico unterwegs sind, halten nur selten dort an, wo die vier Bundesstaaten aufeinandertreffen", sagt Jared. "Die meisten fahren die Strecke zwischen der Wildwestkulisse des Monument Valleys und den rotbraunen Natursteinbrücken des Arches Nationalparks durch und verpassen dabei eine Menge." Während seiner Zeit an der Uni hat sich Jared mit der Gegend der Four Corners beschäftigt, die vom 8. bis zum 13. Jahrhundert wahrscheinlich zu den am dichtesten besiedelten Regionen Nordamerikas gehörte. "Bis zu einer halbe Million Anasazi lebten damals in den weit verzweigten Canyons der Four Corners", schätzt Jared. "Sie bauten Mais, Bohnen und Kürbisse an und verstanden es, wunderbare Keramik herzustellen."

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Foto: bjul / Shutterstock.com

Noch vor Eintreffen der Spanier mussten die Anasazi wahrscheinlich wegen einer langanhaltenden Dürre die Region verlassen. Zurück blieben architekturhistorisch bemerkenswerte Ruinen, die meist in Form von Felsunterkünften mit Lehmsteinen eng in Felsnischen und unter Felsüberhänge eingepasst wurden. Während die großen Wohnkomplexe im Chaco Canyon oder im Mesa Verde Nationalpark längst zu Besuchermagneten avanciert sind, hat man erst wenige Bauten in den Four Corners aus ihrem jahrhundertelangen Dornröschenschlaf geweckt.

Jared gehört zu den wenigen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Aktivtouristen durch diese bislang kaum erschlossene Wunderwelt zu führen. Fünf Jeeps, drei Razors, ein Hummer und vier ATVs stehen vor der Tür seines Reisebüros in Blanding, wo seine Familie auch ein kleines Bed and Breakfast betreibt.

Frühmorgens geht es mit höhergelegten Jeeps in den Needles-District des Canyonlands Nationalparks. Einen ersten Stopp legt der Wagen am Newspaper Rock im San Juan County, etwa 50 Kilometer nordwestlich von Monticello, ein. "Schon vor etwa 2000 Jahren gravierten unterschiedlichste indianische Stämme die ersten Buffalos, Antilopen und Menschenbilder in diesen Stein", erklärt Jared und deutet auf eine riesige Platte mit über 650 Petroglyphen. Die hohe Anzahl von Abbildungen deutet darauf hin, dass es hier einmal von Menschen und Tieren gewimmelt haben muss.

Hinter dem Eingang zum Nationalpark beginnt der schwierige Abschnitt der Expedition. Jared scheint zum Äußersten entschlossen zu sein, als er mit seinem Jeep einen scheinbar unüberwindlichen Anstieg auf einen Gesteinsberg in Angriff nimmt.

Wie eine Kettenraupe schraubt sich das Gefährt steile Felsen hinauf und hinunter, zwängt sich durch enge Schluchten und zieht an rot-weiß-gestreiften Felsnadeln und Natursteinbögen vorbei. Auf kurzen Wanderungen eröffnen sich Blicke auf den Zusammenfluss des Green Rivers mit dem Colorado, immer wieder passiert man einstige Wohngebäude und Kornkammern der Anasazi. Oft führt der Weg auf Aussichtsplattformen durch enge Kamine und über steile Kletterpartien.

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Foto: shutterstock/Galyna Andrushko

Noch spektakulärer sind die Wanderungen südlich des Canyonlands Nationalparks am nächsten Tag. Jared führt zu Ruinen, die weitab von heutiger Zivilisation liegen. Keine Menschenseele ist weit und breit zu sehen. Für diese Lage könnten Immobilienmakler Höchstpreise verlangen. Allerdings gibt es ein Problem mit der Wasserversorgung. Ausgetrocknete Flussbetten deuten darauf hin, dass es hier früher Bäche und Flüsse gegeben haben muss. "Die gibt es noch heute an manchen Stellen", sagt Jared. "Wir sehen sie nur nicht."

Jareds Tochter Cassidy tritt am Folgetag den Beweis an. Inmitten einer Gesteinswüste öffnet sich ein Spalt, in den sich Cassidy an einem Kletterseil hinablässt. Tiefer und tiefer geht es in ein Labyrinth von Höhlen und Felsspalten, bis am Boden des Slot Canyons ein Wasserlauf sichtbar wird, der sich bei Regen wahrscheinlich in einen reißenden Strom verwandelt. Nach einigen hundert Metern weitet sich die Schlucht und geht langsam in ein Tal über, in dem man noch heute Reste der Kulturpflanzen entdecken kann, die einst von den Anasazi angebaut wurden.

"Wissenschaftler gehen davon aus, dass es in den Four Corners noch Hunderte unentdeckte Siedlungen aus der Zeit der Anasazi gibt", meint Cassidy am Ende der Tour. "Die Erforschung ihrer Geschichte steckt quasi noch in den Kinderschuhen. Jeder Tag hier draußen ist ein Abenteuer und es ist eine Freude und ein Privileg, dieses Abenteuer mit anderen Menschen teilen zu können."

(dpa)
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