Südostasien Urlaubsland Thailand erleidet immer mehr Imageschäden

Bangkok · Thailand war lange das Musterkind in Südostasien: demokratisch, wirtschaftlich stabil - und ein Traumziel vieler Urlauber. Doch neuerdings schlittert das Land von einem Image-Desaster ins nächste. Jüngstes Beispiel: massive Sicherheitsprobleme in der Luftfahrt.

Bangkok: Die schönsten Sehenswürdigkeiten
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Foto: shutterstock/ tukkata

Die Schlagzeilen aus Thailand sind zuletzt fast durchweg negativ gewesen: Erst ein Militärputsch. Dann eine Reihe von Skandalen um Menschenhandel und Sklaverei. Im August schließlich ein Terroranschlag im Herzen von Bangkok. Die neueste Meldung, dass es offenbar massive Sicherheitsprobleme in der Luftfahrt gibt, wirkt da vergleichsweise harmlos. Doch für das Image des Landes ist sie ein weiteres Desaster. Denn sie gefährdet das Rückgrat der Wirtschaft:
den Tourismus.

Die US-Behörden haben die thailändische Luftfahrt in ihrer Sicherheitsbewertung auf "Kategorie 2" herabgestuft. Noch hat das keine konkreten Folgen. Denn derzeit fliegt keine Fluggesellschaft des Landes direkt nach Nordamerika. Es wird allerdings erwartet, dass die europäischen Behörden noch in diesem Monat nachziehen. Und das könnte den ohnehin angeschlagenen Staatsbetrieb Thai Airways hart treffen - in Europa werden bislang elf Städte angeflogen.

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Foto: Shutterstock/Narongsak Yaisumlee

Die Sicherheitsmängel in der Luftfahrt sagen einiges über den Zustand des einstigen Vorzeigelandes aus - ähnlich wie zuletzt schon die Skandale um menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in der Fischereiindustrie. Die Militärregierung hatte 2014 die Macht übernommen, um mit Korruption und Misswirtschaft Schluss zu machen. Zunehmend wird aber deutlich, dass die Generäle oft eher selbst Teil des Problems sind.

"Thailand hatte bisher einen großartigen Ruf in der Welt - das thailändische Essen, die fröhlichen Menschen, das Lächeln und die märchenhafte Monarchie", sagt Michael Montesano, ein Thailand-Experte am Institut für Südostasienwissenschaften in Singapur. "Dieses Image verblasst allmählich und es ist derzeit nicht abzusehen, was für ein Image das Land in Zukunft haben wird."

Massenproteste brachten eine frühere Militärregierung im Jahr 1992 zu Fall. Es folgte eine Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs. Politisch war Thailand eine Bastion der Demokratie inmitten der sonst fast durchweg autoritär regierten Staaten in der Region. Ein Putsch setzte dieser Phase 2006 ein jähes Ende. Die folgenden Jahre standen dann stets im Schatten der Möglichkeit eines erneuten militärischen Eingreifens in die Politik.

In den 18 Monaten, in denen die aktuelle Militärregierung nun schon an der Macht ist, hat sich einiges im Land verändert. Für die Touristen an den Traumstränden im Süden oder in den noblen Restaurants von Bangkok mag es kaum zu spüren sein. Für die Bevölkerung aber schon: Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit wurde eingeschränkt, Regierungskritiker werden immer wieder festgenommen und oft tagelang verhört. "Die Menschenrechtslage in Thailand befindet sich im freien Fall", kritisiert die Organisation Human Rights Watch.

Tempel-Hopping auf dem Chao Praya
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Foto: Brigitte Bonder

Als eine wichtige moralische Stütze der Gesellschaft und zugleich als stabilisierendes Element in der Politik galt in den vergangenen Jahrzehnten König Bhumibol Adulyadej, der am (heutigen) Samstag seinen 88. Geburtstag feiert. Der aber ist gesundheitlich angeschlagen und hat sich seit Wochen nicht mehr öffentlich gezeigt. Hinsichtlich der politischen und damit auch wirtschaftlichen Zukunft des Landes ist dies ein weiterer beunruhigender Faktor.

Der Tourismus hat unter den negativen Entwicklungen bisher kaum gelitten. Für das laufende Jahr wird mit 30 Millionen Besuchern sogar ein neuer Rekord erwartet - bedingt vor allem durch die steigende Zahl von Urlaubern aus China. Entsprechend ungelegen kommt den Regierenden daher die Herabstufung in der Bewertung der nationalen Luftfahrtsicherheit.

"Die Wirtschaft ist in einem schlechten Zustand, die politischen Lager sind seit dem Putsch von 2014 noch immer zerstritten, die Moral im Land ist auf dem Tiefpunkt und jetzt das", sagt der Thailand-Experte Montesano. Die chaotische Politik und die Korruption im Land seien den meisten Urlaubern an den Stränden vielleicht nicht so wichtig. Aber eine Sache wie die Luftsicherheit spiele in diesem Zusammenhang schon eine Rolle. Den Ernst der Lage hat auch die Regierung erkannt: "Wir müssen einräumen, dass die thailändische Luftfahrtbranche nicht die internationalen Standards erfüllt", sagte Ministerpräsident Prayuth Chan Ocha. "Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, das in Ordnung zu bringen."

Gewiss sind nicht alle Missstände im heutigen Thailand den Generälen um Prayuth anzulasten. "Bei jeder Regierung häufen sich ständig irgendwelche Probleme an. Aber speziell im Falle einer Militärregierung sind die Möglichkeiten, komplexe Herausforderungen zu meistern, begrenzt", sagt Thitinan Pongsudhirak, der Leiter des Instituts für Sicherheit und Internationale Angelegenheiten an der Bangkoker Chulalongkorn-Universität.

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Foto: afp, PK/ACW

Eines der größten Probleme ist derzeit die unrühmliche Rolle Thailands im internationalen Menschenschmuggel. Dass es dazu kommen konnte, liegt vor allem an der weit verbreiteten Korruption sowie an der Duldung oder gar direkten Verwicklung von Polizisten und anderen Staatsangestellten, auch im Umfeld der Streitkräfte. Ein besonders eklatantes Beispiel ist die Fischereiindustrie, in der Tausende Arbeiter unter sklavenähnlichen Bedingungen auf Booten festgehalten wurden.

Und während sich die Militärregierung gerade den Kampf gegen die Korruption auf die Fahnen geschrieben und unter anderem damit auch den eigenen Machtanspruch begründet hatte, steht sie auch hier inzwischen selbst am Pranger. Aktuell wird über Bestechungsgelder berichtet, die im Zusammenhang mit dem Bau eines Parks für eine Milliarde Baht (26 Millionen Euro) auf einem Militärgelände geflossen sein sollen. "Thailand hat den internationalen Standards schon immer hinterher gehinkt", sagt Thitinan, "aber der Abstand ist mit dieser Regierung größer geworden."

(ap)
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