Washington und Umgebung Weihnachten mit Lichterspektakel und Glühwein ohne Schuss

Washington · Der beleuchtete Baum vor dem Weißen Haus, Strandmeilen voller Lichter und eine Inszenierung im Haus des ersten Präsidenten: In der Region um die amerikanische Hauptstadt Washington ist zur Adventszeit richtig was los. Nur Glühwein mit Schuss ist unbekannt.

Städtereisen zu Weihnachten: Auf nach Washington
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Weihnachten in und um Washington - ganz schön vielfältig

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General George Washington war offenbar ein geselliger Mann. Besonders zu Weihnachten, in den zwölf Tagen vom ersten Feiertag bis zu den Heiligen Drei Königen, lud er sich gern Gäste ein.

Sie feierten im ausgehenden 18. Jahrhundert beschwingt und ausgelassen auf dem Anwesen der Washingtons, Mount Vernon. Es liegt im Bundesstaat Virginia, etwa eine halbe Stunde Autofahrt von der amerikanischen Hauptstadt entfernt - zu Washingtons Zeiten ein stundenlanger Ritt zu Pferde.

Das hinderte den ersten Präsidenten der USA nicht daran, zahlreiche Einladungen zu verschicken und die Gäste auf seinem Anwesen großzügig zu bewirten.

Am 29. Dezember 1787 kam ein ganz besonderer Gast - ein Kamel. "Bis heute existieren verschiedene Geschichten darüber, wie Washington zu dem Tier kam", sagt Bill Ramone, der die Besucher über das Gut führt.

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Foto: Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Wahrscheinlich aber reiste ein Mann mit dem Kamel durch die Lande, zeigte es den Menschen für Geld - und der General hatte davon gehört. "Historiker wissen, dass Washington eine große Faszination für wilde Tiere hatte", sagt Ramone. Und so zahlte er dem Besitzer des Tieres die stattliche Summe von 18 Schillingen, damit die Familie das Tier auf der Plantage bewundern konnte.

Diese Tradition lebt bis heute weiter auf Mount Vernon. Auf dem weitläufigen Gelände können die Besucher auch im Jahr 2015 eines der Wüstentiere bestaunen: Aladdin heißt das Dromedar, das hinter einem Zaun sein Heu wiederkäut. Es ist nicht die einzige Attraktion der Weihnachtstour, die in Mount Vernon in der Adventszeit jeden Abend auf dem Programm steht.

In der Villa, die sonst nur bei Tageslicht für Besucher zugänglich ist, wird das Leben der Washingtons zur Weihnachtszeit nachgestellt: Der Herold berichtet von den Einladungen, die er unter die Leute bringt. Martha Washington und ihre beiden ältesten Enkelkinder erzählen von den Tücken der damaligen Tänze. Der Leibdiener des Generals und eine der Haushälterinnen sprechen von der vielen Arbeit.

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Foto: Panoramapilot

Und die Köchin, Mrs. Fawkes, vom Lieblingskuchen des damals reichsten Mannes im Staat Virginia. "40 Eier, vier Pfund Butter, vier Pfund Zucker, Früchte und Brandy. Das war ein gehaltvoller Kuchen", berichtet sie. Mehrere Stunden musste der Teig gebacken werden. "Und am Morgen musste ich aufpassen, dass der General nicht in die Küche schleicht und am Backwerk nascht."

Alle Figuren des Haushalts der Washingtons werden von Schauspielern dargestellt - sie illustrieren das Leben in der damaligen Zeit. Die Weihnachtspartys waren zwar rauschend, aber eher düster - außer Kerzenschein gab es kein Licht in dem Gutshaus. Es wurde viel und gut gegessen, die Wohlhabenden wollten zeigen, was sie haben. "Die Weihnachtszeit war damals eine andere", erklärt Ramone. Man feierte traditionell ausschweifende Partys, viele Paare heirateten. Die Washingtons gaben sich am 6. Januar das Ja-Wort.

Dass die Adventzeit früher eine andere war, ist auch in Colonial Williamsburg zu sehen. Etwa zwei Stunden südlich der amerikanischen Hauptstadt ist hier eine ganze Stadt aus der Kolonialzeit zu besichtigen. Einige Häuser aus der Zeit sind erhalten, andere im Stil von damals gebaut worden. Es ist ein Gemisch aus Museum und Stadt, denn einige der Häuser sind bewohnt. In den Straßen sieht man neben Pferdekutschen und Männern in Uniform daher auch Leute, die frühmorgens in bunter Funktionskleidung durch die Stadt joggen.

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Foto: trivago.de

Zur Weihnachtszeit putzt sich Williamsburg ganz besonders heraus: Dann gibt es unter den Bewohnern einen Wettbewerb, wer sein Haus am schönsten schmückt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Lichter besonders bunt und grell blinken sollen. "Die Regeln sind ganz klar", sagt Jordan Eckert, die Besucher durch Colonial Williamsburg führt: "Man darf nur natürliche Materialien nehmen, der Schmuck muss optisch zum Haus passen." Und dann kommt es auf die Kreativität an.

Die einen dekorieren mit Granatäpfeln, Beeren und Getreide. Die anderen fügen Muscheln zusammen, so dass sie wie Blumen auf den Türkränzen aussehen. Wieder andere benutzen Ananas, Äpfel und Orangen. "Manche dieser Gestecke sind ein echtes Buffet für die Eichhörnchen, die hier leben", sagt Jordan.

Viele der Südfrüchte wachsen im Staat Virginia, andere waren früher ein Zeichen von Reichtum. "Wer damals Ananas aus Südamerika einschmuggelte oder sich offiziell aus England liefern ließ, hatte viel Geld." Zu Weihnachten wird der Gewinner mit dem schönsten Schmuck bekanntgegeben.

Eingeläutet wird die Weihnachtssaison mit der Grand Illumination am ersten Samstag im Dezember, einem riesigen Feuerwerk, das parallel an drei Orten in Colonial Williamsburg abgeschossen wird.

Schon Stunden vorher sichern sich Besucher die besten Plätze, auf verschiedenen Bühnen wird das Warten mit weihnachtlicher Musik verkürzt. Und wenn alle Raketen verschossen sind, gibt es noch einen der zahlreichen Kämpfe, die auf den großen Plätzen der Stadt nachgespielt werden.

Überhaupt, die Lichter. An zahlreichen Orten entlang der Küste um die amerikanische Hauptstadt herum werden alljährlich Millionen von Glühbirnen in die Fassungen geschraubt. Es entstehen farbenfrohe, oft blinkende Bilder aus Licht. In Virginia Beach wird sogar der Boardwalk, die Strandpromenade, geöffnet. Weihnachtsfans können die gut zwei Meilen vom südlichen Zipfel des Strandes bis zur 34. Straße hinauffahren und dabei das Leuchtspektakel bewundern.

In Annapolis im nördlich von Washington gelegenen Staat Maryland wird der Parkplatz des örtlichen Strandes zum Ort für eine große Lichterparade: In der ersten Hauptstadt Amerikas gibt es von Szenen aus der Kolonialzeit bis zu Meeresfrüchten einen im Wortsinn bunten Mix von Themen.

Und am dritten Adventssonntag gibt es in der Stadt, in der die amerikanische Marine ihren Hauptsitz hat, eine große Bootsparade. Mitmachen dürfen alle, die sich melden und die ihre Segelboote oder Yachten fantasievoll schmücken: mit meterhohen Palmen, einem überdimensionalen Engel oder dem Weihnachtsmann.

Wer es zu Weihnachten etwas klassischer mag, ist in der Hauptstadt gut aufgehoben. Vor dem Weißen Haus wird jedes Jahr Anfang Dezember der Christbaum feierlich erleuchtet. 56 kleine Tannen aus den einzelnen Bundesstaaten und Territorien werden auf einer grünen Wiese in Sichtweite des Amtssitzes des amerikanischen Präsidenten drapiert.

Weihnachtsmusik klingt aus den Lautsprechern, am Boden vor der Tanne drehen Modelleisenbahnen ihre Runden. Auch die Musik ist eine dieser weihnachtlichen Konstanten, allerdings überall im Land: Viele Radiostationen funktionieren sich nach dem Erntedankfest zu Christmas Stations um: Die Sender spielen rund um die Uhr Weihnachtslieder.

In den Theatern der Hauptstadt ist das Programm im Dezember in jedem Jahr fast dasselbe - und die Washingtonians sind alljährlich begeistert. "A Christmas Carol" etwa läuft im Ford's Theater, jenem historischen Haus, in dem vor genau 200 Jahren Präsident Abraham Lincoln während einer Vorstellung erschossen wurde.

Eines allerdings hat sich in der Hauptstadt noch nicht so richtig durchgesetzt: Zwar gibt es hier, direkt zwischen dem Spion-Museum und der National Portrait Gallery, einen Weihnachtsmarkt. Doch der schließt bereits um 20.00 Uhr. Verkauft werden Kunst und Kram, Würstchen und Punsch - allerdings fehlt es den dauergehetzten Hauptstädtern an Muße, einen Glühwein zu genießen.

Nicht viel besser ist es in Baltimore: In der Hauptstadt des Staates Maryland hat Thomas Urban, ein Deutscher, einen Christmas Market nach deutschem Vorbild gebaut. Holzhütten, Adventskalender und Käthe-Wohlfahrt-Geschäft inklusive. "Die Amerikaner kommen gern hierher, suchen nach Geschenken und trinken einen Kakao oder auch einen Glühwein", sagt Event-Managerin Anna Klemm.

Doch die Gesetze der Stadt verbieten den Schuss im Glühwein und die Feuerzangenbowle gleich komplett. "Dass man nach der Arbeit mit ein paar Kollegen den Tag hier entspannt ausklingen lassen kann, das müssen wir ihnen noch beibringen", sagt sie.

(dpa)
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