Argentinien Wo das beste Steak der Welt herkommt

Buenos Aires · Die besten Steaks der Welt isst man in Buenos Aires. Ein kulinarischer Streifzug durch die Heimat von Fußballlegende Maradona und der niederländischen Königin Máxima offenbart aber noch ganz andere Leckereien.

 Argentinisches Steak ist eine echte Spezialität - nicht nur außerhalb des Landes.

Argentinisches Steak ist eine echte Spezialität - nicht nur außerhalb des Landes.

Foto: HLPhoto / Shutterstock.com

Weißwein zum Bife de Choriz? Der Kellner im Restaurant "El Mirasol" blickt ernst. Immerhin schlägt er das Begehr nicht rundweg ab. Der Chardonnay des in Luján de Cuyo gelegenen Weinguts Nieto Senetiner in der Provinz Mendoza, dem größten Weinanbaugebiet Argentiniens, schmeckt einfach zu gut, um ihn nicht bei jeder Gelegenheit zu trinken. Zudem ist er bei Temperaturen von 30 Grad für Ungeübte bekömmlicher als einer der wuchtigen Vinos Tintos, die der Kellner so dringend empfohlen hatte. Er serviert das Essen zum perfekt gekühlten Wein. Das Steak ist so zart, dass man dafür nicht mal Zähne bräuchte. Der Kellner nimmt das Lob für das 300-Gramm-Steak - das kleinste auf der Karte und wohl als Kinderportion gedacht - ohne Überraschung entgegen. Er weiß, dass es besser nicht sein könnte.

Das erste Steak in Argentinien ist ein Erweckungserlebnis. Dafür muss es nicht mal das gewichtige 1000-Gramm-Baby-Beef-Steak für den größeren Appetit sein. Die Qualität macht den Unterschied und lässt den Neuling mit jähem Kummer an heimische Steakhäuser denken, in denen er sich sonst stets wohlgefühlt hatte. Daran ändert auch die Erkenntnis nichts, dass das ebenso zarte wie schmackhafte Stück Fleisch selbst in seiner Heimat alles andere als billig ist. Es liegt nicht nur an der Inflation, sondern beweist auch, dass die niedrigpreisige Ware daheim nicht ohne Misstrauen betrachtet werden sollte.

Hinzu kommt, dass sich das Restaurant El Mirasol im eleganten Recoleta im Norden der Stadt befindet, wo sich Ende des 19. Jahrhunderts die Hautevolee von Buenos Aires ansiedelte. Bis heute hat sich der nach französischem Vorbild errichtete Stadtteil - übrigens auch die Heimat Máximas, der Königin der Niederlande, und eben Sitz einiger der schicksten Restaurants der Stadt - sein Flair bewahrt.

Zubeißen in San Telmo

Das nächste Steak stammt vom offenen Grill des Restaurants "La Rosalia" in San Telmo, dem ältesten Teil der Metropole. Jugendstilfassaden, ein überdachter Markt, auf dem Antiquitäten neben Lebensmitteln verkauft werden, Tango-Paläste, eine Filmhochschule und diverse Museen machen San Telmo zu einem der interessantesten und lebhaftesten Viertel der Stadt. Hier wohnten die Reichen und Schönen, bevor sie 1871 vor einer Gelbfieberepidemie nach Recoleta flüchteten.

Obwohl sich über den Innenhof längst die Nacht gesenkt hat, ist es noch immer warm. Das bedeutet: Weißwein. Die Kellnerin nickt gefasst und bringt Eiswürfel. Innen gehen Gasträume unterschiedlicher Größe ineinander über, die Wände zieren Poster, die von lange vergangenen Tango-Abenden künden. Unweit der Bar ruht auf einem Grill, der groß genug wäre, um eine ganze Kuh darauf zu garen, mein Steak. Das Fleisch ist fast so zart wie sein Vorgänger im Mirasol, aber auch etwas preiswerter. Für die Porteños bedeutet essen, gegrilltes Fleisch zu sich zu nehmen. Nicht umsonst sind sie beim Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch ganz vorne dabei (ihren Titel als Weltmeister mussten sie zuletzt allerdings an den Nachbarn Uruguay abgeben). Und das Fleisch stammt, darüber ist gar nicht zu diskutieren, vom Rind. Tatsächlich werden Geflügel und Lamm in Argentinien gar nicht als Fleisch (carne) bezeichnet.

Bella Italia auch in Argentien

Die Landesküche der Heimat von Fußballstar Diego Maradona und Königin Máxima besitzt neben den köstlichen Steaks noch andere kulinarische Lockungen. Dazu gehören der traditionelle Eintopf Pucheros, die Matambres, mit Gemüse und hart gekochten Eiern gefüllte Rouladen, sowie Tortillas, Picades, die den spanischen Tapas ähneln, Tortas fritas, frittierte Küchlein, und gefährlich leckere Süßigkeiten. Dulce de Leche bezeichnet einen sündigen Karamellaufstrich fürs Brot, confection besteht vor allem aus Zucker und Milch und wird mit Vorliebe zu Kuchen und Plätzchen gegessen. Alfajores bestehen aus zwei runden, häufig von Schokolade umhüllten Keksen, die durch eine Schicht dulce de leche zusammengehalten werden.

Flüchtet der Porteño vor der Hitze des Sommers ans Meer, sind zur Nahrungsaufnahme auch Fisch und Meeresfrüchte denkbar. Ansonsten aber folgt er lieben Gewohnheiten, und die bedeuten nun mal bife de chorizo oder auch Pasta und Pizza. Weil ein großer Teil der Einwanderer aus Italien stammte, gibt es in der Hauptstadt zahlreiche hervorragende italienische Restaurants.

Hat man also erste vergleichende Steak-Studien abgeschlossen, im Café Tortoni, einstmals Treffpunkt der geistigen Elite der Stadt, eine köstliche heiße Schokolade zu sich genommen, auf der Plaza de Mayo über das wechselvolle Schicksal dieses schönen Landes nachgedacht und schließlich auf dem Cementerio de Recoleta, dem schönsten und ältesten Friedhof der Stadt, das Grab der legendären Evita alias Eva Duarte de Perón besucht - dann ist es womöglich Zeit für eine hausgemachte Pasta.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort