Von Düsseldorf in die Welt Zwei Aussteiger planen eine Weltreise und finden das Glück

Düsseldorf · Annika Funk und Benjamin Wirtz haben vor einem Jahr alles Hab und Gut verkauft, ihre Mietwohnung in Düsseldorf gekündigt und sind auf Weltreise gegangen. Im Interview erzählen die 28-jährige Apothekerin und der 33-jährige IT-Techniker, wie man das Glück planen kann, wo es das beste Bier gibt und wie ihr Notanker aussieht.

Taj Mahal, Neuseeland und Indonesien: Düsseldorfer auf Weltreise
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Zwei Düsseldorfer auf Weltreise

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Foto: http://daysandnightsworldwide.com

Ist Aussteigen eigentlich einfach?

Annika Funk und Benjamin Wirtz (AundB) Ja das ist problemlos möglich. Man muss sich nur trauen - natürlich nicht total planlos und überstürzt.

Kann man sich überhaupt auf eine Weltreise ohne festes Ende vorbereiten?

AundB Nein aber etwas Englisch, ein Smartphone mit lokalem Sim für Internet, Cash und eine Kreditkarte lösen fast alle Probleme.

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Foto: Lukasz Kurbiel /Shutterstock.com

Und wie verkauft man einfach alles Hab und Gut?

AundB Man wird eigentlich alles auf Ebay los. Was man da nicht los wird, verschenkt man oder lagert es ein.

Gab es einen bestimmten Auslöser für eure Reise?

AundB Wenn nicht jetzt wann dann? Mit Kindern wird's nicht leichter und mit 60 wollen wir ja noch mal los um die Welt ziehen!

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Haben Freund und Verwandte nicht geschockt auf den Plan reagiert?

AundB Natürlich haben die Eltern ihre Bedenken eingeräumt wegen der Gefahr und Krankheiten, aber insgesamt unterstützen uns natürlich alle Mitglieder unsere Familien hervorragend.

Welche Vorbereitungen sollte jemand treffen, der eine so große Reise antritt?

AundB Man muss sich sicher sein, so etwas wirklich machen zu wollen und natürlich alles mit dem lieben Geld im Blick haben. Fixkosten runterfahren, impfen lassen, Krankenkasse fürs Ausland regeln und eine Kreditkarte besorgen und schon kann es los gehen.

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Versicherungen und Kreditkarten sind das eine, aber lässt sich auch das Glück planen?

AundB Nein, allerdings kann man die Richtung beeinflussen und man kann vorbereitet sein. Dazu muss man natürlich spontan sein und aufgeschlossen und darf nicht europäische Verhältnisse erwarten.

Und habt Ihr euer Glück schon gefunden?

AundB Ja! Aber es war zuvor auch nicht schlecht um uns bestellt. Diese Reise war zwar ein Traum, ist aber nur temporär und somit muss man auch im normalem Leben einen Weg finden, zufrieden und glücklich zu sein.

Auf eurer Website schreibt Ihr "Nun sind wir quasi frei von weltlichem Ballast". Steht da eine richtige Lebensphilosophie hinter?

AundB Es ist sehr angenehm, nur ein Rucksack zu haben und sich nur darum kümmern zu müssen. Sicherlich schwingt auch der Wunsch mit nach der Möglichkeit, nicht mehr so viel zu arbeiten, wenn wir wieder zurück sind. Und wir wollen auch nicht mehr so viel zu konsumieren. Sowas ist natürlich leicht gesagt, wenn man sich auf Weltreise befindet und seit fast einem Jahr nicht mehr gearbeitet hat.

Das hört sich an, als ob Ihr euch als Typen verändert hättet.

AundB Wir denken, dass wir uns nicht sehr verändert haben. Man ist natürlich aufgeschlossener vielem gegenüber und hat auch schon viel auf der Welt gesehen — Gutes wie Schlimmes — aber wir haben zuvor auch nicht in einer Blase gelebt, die plötzlich zerplatzt ist. Sicherlich wird der Respekt gegenüber Menschen weiter gewachsen sein und man ist sich auch mehr seiner privilegierten Lage in Deutschland bewusst. Eine Weltreise ist dafür aber nicht unbedingt nötig. Es ist auf jeden Fall nicht so eine Nummer, wie wenn mancher nach Indien reist und dann geläutert wiederkommt um danach nur noch die Welt zu umarmen.

Habt Ihr denn auch einen Notanker für eine frühzeitige Rückkehr?

AundB Wenn man keine Lust mehr hat, kann man ja nach Hause fliegen und bei seinen Eltern ein Zimmer finden. Die freuen sich dann bestimmt total über unerwartete Mitesser.

Standet Ihr denn mal kurz davor, die Reise abzubrechen und ins alte Kinderzimmer zurück zu ziehen?

AundB Manchmal geht man sich gegenseitig richtig auf die Nerven und würde gerne mal anderes Feedback von Freunden und Familie haben, aber aufhören war nie ein Thema.

Wo gab es bisher das beste Bier? Wo den besten Wein?

AundB Der Wein war und ist in Neuseeland am besten und auch am vielfältigsten. In vielen Ländern Asiens ist Weintrinken eher unüblich und so haben wir nur in Vietnam, Indonesien und Japan lokalen Wein probiert. Dieser war für uns meist eher ungewöhnlich, wohl weil dieser meist nicht aus Trauben hergestellt wird. Besonders in Erinnerung ist uns der Kokoswein aus Bali geblieben, bei dem wir es lieber bei nur einem Schluck belassen haben. In Asien ist das Bier in Ordnung, aber nicht besonderes gut. Wir haben in jedem Land fast alle großen Sorten zumindest Mal probiert. Es gab aber manches Gutes, wie zum Beispiel Tiger Bier aus Singapur, Sapporo aus Japan, Coopers aus Australien und auch Speights aus Neuseeland.

Welche Begegnungen oder Erlebnisse sind euch besonders in Erinnerung geblieben?

AundB Der Trek in Nepal und die damit verbundene Passüberquerung auf circa 5400m war schon abgefahren. Der Taj Mahal war zum niederknien und die Leute bei unserer 35 Stunden Zugfahrt in Indien unglaublich sozial und liebevoll zu uns. Das geregelte Leben in Japan und die unglaublichen Strände in Indonesien. Auch war unser Tauchschein unvergleichlich, sowie jeder weitere Tauchgang. Dann gibt es noch diverse Vulkanbesteigungen in Indonesien zum Mount Ijen und Mount Bromo. Die chinesische Mauer und die Lebensfreude der Menschen auf den Philippinen war auch wunderschön. Australien ist ja eh ein super Land für Urlaub und Neuseeland einfach nur wunderschön mit seiner Natur. Eigentlich gab es überall tolle Sachen und Geschichten, wenn man nur bereit ist die Augen offen zu halten!

Ihr seid gerade in Neuseeland. Wie lange seid Ihr jetzt schon an eurem selbst erklärten Traumziel?

AundB Da wir am 1. Januar 2015 eingereist sind, können wir zum Glück leicht die Übersicht behalten. Das war sonst oft nicht so leicht. Neuseeland war unser Traum wegen der tollen Natur und der Abgeschiedenheit, den Menschen, die locker drauf sind und natürlich auch wegen dem tollen Wein.

Was vermisst Ihr am meisten? Deutschen Wein ja offensichtlich nicht.

AundB Deutsches Brot! Und ganz klar, Familie und Freunde natürlich. Außerdem ab und zu mal eine Bleibe für mehr als drei Nächte. Das ständige Packen nervte manchmal. Jetzt mit dem Campervan hat sich das Problem auch erledigt — das Bett reist immer mit.

Ihr bloggt und schreibt über soziale Netzwerke. War es von Anfang an der Plan, daraus solch ein Projekt zu machen? Vielleicht sogar mal durch Sponsoren damit Geld zu verdienen?

AundB Ja, als Tagebuch für später wenn wir voll im Sattel sitzen. Wir machen es aber auch für unsere Kinder und natürlich die ganze Familie. Die Idee damit Geld zu verdienen, hat wohl jeder Mal: am besten ohne einen Euro um die Welt und alles bezahlt bekommen. Leider kommen mit dem Sponsoring auch oft gefälschte Bewertungen in Reiseportalen und bei Produkten dazu. Alle beteuern immer nicht käuflich zu sein, loben dann aber alles über den Klee.

Das Interview führte Aaron Clamann

(ac)
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