Finnland Urlaub im Reich der Samen

Im hohen Norden Finnlands treffen Reisende auf die Samen. Das einzige indigene Volk der EU versucht, seine Traditionen zu bewahren. Dazu gehört die Verbundenheit von Mensch und Natur.

"Vor endlos langer Zeit war es, als die Winde so stark aus allen Himmelsrichtungen bliesen, dass die Leute weder Sommer noch Winter, weder Tag noch Nacht unterscheiden konnten. Da erklang die magische Trommel, die Winde schliefen ein..." Ja, Janne beherrscht es, mit eindringlicher Mimik gute Geschichten zu erzählen. Schließlich, sagt er, sei er Schamane aus dem Volk der Samen. Die Samen sind die Ureinwohner Lapplands im Norden Finnlands.

Seine Zuhörer aus Frankreich, Spanien, Japan, Deutschland und aus der Schweiz haben eine Schneemobil-Tour hinter sich, die sie von Rovaniemi durch eine sonnige Winterlandschaft geführt hat. Jetzt sitzen sie in einem Zelt am Lagerfeuer und haben es sich gemütlich gemacht. Zeit, um den Weisheiten des angeblichen Schamamen zu lauschen. Die Heiler der Samen sollen es seit jeher verstanden haben, Körper, Geist und Seele in Balance zu bringen. Wichtig ist der Einklang mit der Natur.

Janne versteht sein Fach und treibt routiniert seine Späße mit den Gästen. Er kann sogar mit Geistern kommunizieren - behauptet er. Holzkohle kommt auf die Stirn und beschwört die guten Geister - auch im Liebesleben, versprochen. "Aber mindestens sechs Stunden nicht abwaschen, bitteschön." Es ist eine feine Show. Mit jeder Gruppe hält der Mittfünfziger Janne das gleiche Ritual ab. Die mystische Atmosphäre des Polarkreises passt zu dem Hauch von Übersinnlichkeit, die hier vermittelt werden soll. Schamane ist Janne allerdings nie gewesen. "Ich habe noch nie einen getroffen. Gibt's die überhaupt?", sagt er später hinter vorgehaltener Hand.

Rund 7500 Menschen zählt die samische Bevölkerung in den nördlichen Regionen Finnlands. Sie haben ein autonomes Parlament in Inari, das sich für die Erhaltung ihrer gefährdeten Sprache und Kultur einsetzt.

In Saarenkylä, ein paar Kilometer außerhalb Rovaniemis, trifft man auf Irene Kangasniemi, die dort zusammen mit ihrem Mann Ari ein kleines Atelier betreibt. Mit den Ureinwohnern Lapplands fühlt sich die 54-Jährige in besonderer Weise verbunden. Einer ihrer Vorfahren war der berühmte Schamane Aikia Aikianpoika. Er wurde von der Obrigkeit wegen vermeintlicher Hexerei verurteilt und kam 1671 unter letztlich nicht geklärten Umständen zu Tode.

Lappland: Die Samen erleben
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Foto: dpa, pla

Aus Holz, Rentierknochen, Fischleder, Federn und anderen natürlichen Materialien gestaltet Kangasniemi Objekte: Schmuck aus Steinen, Messer mit Horngriffen oder Gestaltungselemente aus Lachsleder. Im Atelier wird der Blaubeersaft an kalten Tagen gern heiß serviert. "Die Beeren sind selbstgepflückt. Ein überliefertes Hausmittel, um gegen Erkältungen vorzubeugen", erklärt Kangasniemi. Um aber so richtig miteinander warm zu werden, muss erzählt werden. "Natürlich gibt's noch ein paar Schamanen, meist im hohen Norden Lapplands. Aber sie leben sehr zurückgezogen", sagt die Gastgeberin, die von pseudo-schamanischer touristischer Unterhaltung gar nichts hält. Sie liebt es authentisch. Die Verbundenheit von Mensch und Natur, das Eingebettet-sein in den Kreislauf der Jahreszeiten, das Bewusstsein um Vergangenheit und Zukunft: Das sind Kangasniemis Themen.

"Die Natur hat schon immer die Hauptrolle in Lappland gespielt. Der Mensch muss sich darauf einstellen und sich ihrem Willen unterwerfen", erzählt die Finnin. "So wie es das Rentier auch immer getan hat." Sie verweist auf die Form des Rentiergeweihs. "Wenn ich daran denke, welche Schönheit die Natur Lapplands hervorbringt, wird mir immer wieder klar, dass Gott der allergrößte Künstler ist."

(RP)
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