Von Restaurant bis Weinprobe Genuss erleben zwischen Roer und Rhein

Wesel · Der Niederrhein und die Südost-Niederlande präsentieren sich als grenzüberschreitende Schlemmerzone. Radtouren von Restaurant zu Restaurant, Waldspaziergänge mit Kochkursen und Wanderungen mit Weinproben sollen Genuss und Urlaubserlebnis verbinden.

Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Ob Johann Wolfgang von Goethe, weit gereist und vielzitiert, sich mit seinen Worten für den Ausflugstourismus im deutsch-niederländischen Grenzgebiet stark machen wollte? Das ist unwahrscheinlich. Sicher aber ist, dass seine Erkenntnisse noch heute im wahrsten Sinne des Wortes wegweisend sind. Denn quasi vor der Haustür gibt es Erstaunliches und Erfreuliches zu entdecken: Glückspunkte und Goldschätze, ein Brauhaus im Wohnzimmer und 400 000 Apfelbäume, die bald in voller Blüte stehen.

"Der Niederrhein und die Südost-Niederlande präsentieren sich als grenzüberschreitende Schlemmerzone. Unter der touristischen Marke ,Genuss auf der Karte' präsentieren sich kulinarische Erlebnisse wie Wanderungen mit Weinproben, Waldspaziergänge mit Kochkursen und Radtouren von Restaurant zu Restaurant", verspricht Linda Kremers von der Wirtschaftsförderung Kreis Viersen. In dem mit 560 000 Euro ausgestatteten Interreg-Projekt "Geschmackserlebnis Grenzregion" haben sich 100 Betriebe vom Bauernhofladen bis hin zum Top-hotel zusammengeschlossen. Das Ziel: Kulinarisches aus der Region zwischen Rur (Niederländisch Roer) und Rhein den Besuchern näher zu bringen. Und nicht nur das. Aktiv werden ist angesagt. In Käsereien, Bäckereien und Restaurants werden Workshops angeboten.

"Bei uns ist alles flach", bringt Giel Polman, Geschäftsführer des VVV Midden-Limburg, die Vorteile seiner Region auf den Punkt. Für Radfahrer ein Paradies, die dank des Knotenpunkt-Systems ihren Weg etwa durch den Nationalpark De Meinweg finden. Hier gibt es acht Routen mit einer Länge von zwei bis sechs Kilometern zu entdecken. Wanderer orientieren sich am Routennetz "KnopenLopen".

Mit dem Internationalen Tag des Glücks wurden in und um Roerdalen 25 Glückspunkte errichtet, an denen Besucher ihr kleines Glück finden können. Die meisten liegen mitten in der Natur und beschreiben beispielsweise das Glück, den Biber im Buchenwald zu beobachten. Oder dem Rauschen des Windes im Mönchswald zu lauschen, wo Bäume wie eine Kathedrale dem Himmel zustreben. In den Torfkuhlen in der Nähe des Schlosses Daelenbroeck lässt sich, so die Hinweistafel des Glückspunktes, sogar ewige Kraft finden. "Es gibt ein Glück, allein wir kennen's nicht" - da lag Geheimrat Goethe wohl falsch.

Nach soviel Kraft fürs Herz darf sich auch der Leib etwas gönnen. Beispielsweise ein Bier auf dem Schurenhof in Vlodrop. "Es bekommt seine ganz besondere Note durch Gagel, ein seltenes Strauchgewächs. Es steht auf der Roten Liste und darf dennoch an einem Tag im Jahr geerntet werden", sagt Marga Meijers vom Bauernladen.

Nur wenige Fahrradminuten vom Schurenhof entfernt findet sich im Schatten einer Windmühle das Restaurant "Oetsjpanning de Meuleberg". Eine Spezialität des Hauses ist Limburger Vlaai. Ein Kuchen aus luftigem Hefeteig, der je nach Geschmack mit Obst, Linsen oder Reis gefüllt werden kann. Die feine Küche wird im Schloss Daelenbroeck zelebriert. Auch hier wird mit Zutaten aus der Region gekocht. Und zwar mit "Respekt vor der Natur und den Jahreszeiten", wie der Küchenchef verspricht.

Ganz groß und doch fast unbekannt: Auf der deutschen Seite der Genussregion lockt die Apfelstadt am Niederrhein, Tönisvorst. Seit den 1950er Jahren werden dort Äpfel in Massen produziert. Im vergangenen Jahr waren es 48 Millionen, die an 400 000 Bäumen wuchsen. Mitte April überzieht die weite Landschaft ein Teppich in Rosa und Weiß. Es gedeiht sogar der Königsapfel mit rotem Fruchtfleisch. Eine Spezialität, die selbst Apfelliebhaber in Moskau schätzen, die jedes Jahr größere Mengen in Tönisvorst ordern.

Schließlich lohnt ein Abstecher nach Wesel. Im Stadtteil Büderich braut Walter Hüsges im plüschig eingerichteten Wohnzimmer Rotbier, Landbier oder Pilgerbräu und garniert seine Bierproben mit Anekdoten und deftigen Spezialitäten aus der Region. Workshops für Gruppen sind bei ihm der Renner. Dass dabei auch ein Spruch von Goethe nicht fehlen darf, versteht sich. "Das Bier schafft uns Genuss, die Bücher nur Verdruss."

(RP)
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