Málaga Höhenangst auf dem Königspfad

Málaga · Er galt als "gefährlichster Weg der Welt": der Caminito del Rey, der Königspfad in der Provinz Málaga. In diesem Jahr wurde der Weg gut abgesichert neu eröffnet. Für schwindelfreie Touristen bieten sich nun spektakuläre Aussichten.

Jürgen Nolle will den Touristen ihre Furcht nehmen: "Wenn Sie Höhenangst haben, kein Problem. Ich habe auch Höhenangst", erzählt der Führer seinen Gästen über den Caminito del Rey, den Königspfad in der Provinz Málaga in Andalusien. Dem Pfad durch eine enge Schlucht eilt der Ruf als "gefährlichster Weg der Welt" voraus, weil dort mehrere Menschen abstürzten und starben. Der Weg war 15 Jahre lang gesperrt, erst im März 2015 wurde er wieder für Besucher geöffnet. Jetzt sind gefahrlose Ausblicke möglich. Höhenangst ist aber immer noch ein schlechter Begleiter.

Die morgendliche Herbstluft wärmt sich hier im Süden Spaniens schnell auf, Pinienduft steigt in die Nase. Bis zum offiziellen Startpunkt des Caminito del Rey ist es vom Parkplatz hinter dem Örtchen Ardales aus ein kurzer Fußweg von rund 30 Minuten. Dort wird jeder Besucher registriert und bekommt einen Helm, schließlich ist Steinschlag möglich. "Sicher ist sicher", sagt Jürgen Nolle. Der 43-jährige Touristenführer wuchs in den Niederlanden auf. Seit sechs Jahren wohnt er in Málaga. Die Stadt liegt eine Dreiviertelstunde mit dem Auto entfernt an der Costa del Sol. Viermal ist Nolle den Königsweg schon gelaufen.

Dass durch die unwegsame Klamm überhaupt ein Pfad führt, hat wirtschaftliche Gründe: Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein System aus Talsperren, Rohren und Kraftwerken entworfen, um einen Teil des Wassers aus dem Fluss Guadalhorce für die Energieversorgung der Region zu nutzen. Dazu baute man auch einen Kanal durch die Schlucht. Um diesen warten zu können, wurde der Steig angelegt - der damals noch kein sicherer Wanderweg war. Nur Hirten waren zuvor in diesen Bergen unterwegs. Der Bau begann 1901 und war nach fünf Jahren fertig. Als der damalige König Alfonso XIII. den Weg 1921 abschritt, erhielt er seinen Namen: Caminito del Rey, der Königspfad.

Über die Jahre verfiel der Steig jedoch und wurde zunehmend gefährlicher. Als im Jahr 2000 noch einmal drei junge Menschen in der Schlucht starben, wurde der Weg geschlossen - für einige Jahre. Doch man beschloss bald, einen neuen Pfad zu bauen und den Caminito del Rey wiederzueröffnen. Einer der ersten Besucher war der spanische Schauspieler Antonio Banderas.

Es dauert nicht lange, bis die Wanderer mitten in die Schlucht gelangen. Der Weg führt dann über einen vergitterten Boden, der den Blick nach unten zulässt - bis zu 100 Meter geht es in die Tiefe. Trotz des Geländers bewegt sich mancher Besucher nur äußerst zögerlich vorwärts. Jürgen Nolle schreitet mutig voran. So schlimm kann es mit der Höhenangst bei ihm nicht sein, denkt man.Der Schwindel schwindet bei den meisten schnell. Schon bald weitet sich die Schlucht wieder. Vorerst geht es über einen Wanderweg voran. Der Blick fällt auf die Eisenbahnstrecke auf der anderen Seite der Schlucht. Dort fährt mehrmals täglich ein Zug am Hang entlang und durch Tunnel.

Der Caminito del Rey ist samt Zustieg knapp acht Kilometer lang. Das heißt, schon zur späten Mittagszeit kann sich der Wanderer in einem gemütlichen Gasthaus einfinden. Doch das große Finale wartet am Ende: die spektakuläre Hängebrücke mit Blick auf die Talsperre.

Nolle nennt den Ausgang der Schlucht "la garganta", der Hals. Hier türmen sich die Felswände besonders imposant auf und fallen besonders steil ab. Hier hat der Wanderer auch die ganze Zeit den verfallenen alten Weg unter sich. Rostige Eisenstreben, viele Löcher. Zum Glück sieht der neue Weg topmodern aus. Dann nähert man sich die Brücke, der viele Besucher des Königspfads mit Ehrfurcht begegnen. Etwa 15 Meter ist sie lang - und bewegt sich spürbar. Durch das Gitter kann man nach unten schauen. So abgesichert, lässt sich der Ausblick genießen - und der kurzzeitig zurückgekehrte Schwindel ertragen.

(dpa)
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