Hüttentour Österreich: Wandern rund um den Großglockner

Kals/Fusch (rpo). Die schönste Art, die Alpen in ihrer Ursprünglichkeit zu erleben, ist das tagelange Unterwegssein zu Fuß: auf einsamen Pfaden von Pass zu Pass und von Hütte zu Hütte. Gute Möglichkeiten für ausgedehnte Wandertouren bietet Österreicht, und dort insbesondere das Gebiet rund um den Großglockner. In dem Gebiet locken 1000 Kilometer Wanderwege und 50 Schutzhütten.

Österreich: Wandern rund um den Großglockner
7 Bilder

Österreich: Wandern rund um den Großglockner

7 Bilder
Foto: Osttirol Werbung/Ciszak/gms

Der Höhepunkt in jeder Hinsicht ist der Großglockner, der höchste Gipfel der Alpenrepublik. Er lässt sich in sieben Etappen einmal umrunden - und wer sich auf diesen Weg macht, begibt sich in die Gefahr, süchtig zu werden nach dem Panorama der Berge, der Stille und der Einsamkeit.

Die Großglockner-Umrundung kann in mehreren Orten begonnen werden, zum Beispiel in Kals in Osttirol, in Kaprun oder Fusch im Salzburger Land oder in Heiligenblut in Kärnten. Den Weitwanderweg um den 3797 Meter hohen Gipfel gibt es erst seit dem Jahr 2004, als der Österreichische Alpenverein und die Verwaltung des Nationalparks Hohe Tauern die Voraussetzungen schufen.

"Mit dieser Tour wollten wir das fast andächtige Bewegen in den Bergen in den Vordergrund stellen. Das hat etwas Erhabeneres als ein eiliges Gipfelerlebnis", sagt Lukas Krösslhuber, Geschäftsführer der Osttirol Werbung in Lienz. Deshalb führt die Tour auch nicht auf den Gipfel, sondern um ihn herum - auf Wegen, die alpine Vereine vor gut einem Jahrhundert errichtet haben.

Bei der Erarbeitung der Route wurde darauf geachtet, dass keine Gletscher zu überqueren sind oder am Seil geklettert werden muss. "Mit etwas Ausdauer, Trittsicherheit und der richtigen Ausrüstung sollte die Tour gut zu bewältigen sein", sagt Krösslhuber.

Beginn in Heiligenblut

Viele Wanderer beginnen die Tour in Heiligenblut. Durch den Ort mit dem schlanken Kirchturm führt die Großglockner Hochalpenstraße. Über diese, 1930 bis 1935 gebaute Route geht es auch zur 2369 Meter hoch gelegenen Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, wo sich unter den Blicken der vielen Besucher die Pasterze ausbreitet, der noch immer größte Gletscher der Ostalpen. Wer mit der Seilbahn hinab fährt, die früher direkt am Gletscherrand endete, muss allerdings inzwischen ein gutes Stück zu Fuß weiter gehen, bis er das Eis betritt. Seit 1991 ist der neun Kilometer lange breite Gletscherzunge auf dem Rückzug.

Für alle, die in Heiligenblut starten, beginnt die eigentliche Glocknerrunde mit einem kleinen Abstieg vom 2132 Meter hoch gelegenen Glocknerhaus hinunter zum Margaritzen-Stausee. Immer wieder geht der Blick dabei hinüber zu dem in vielen Farbschattierungen glänzenden Gletscher und dem dahinter aufragenden Johannisberg.

Einen Vorgeschmack auf die Anstrengungen der folgenden Tage bietet der Aufstieg zur Stockerscharte. In gut 2500 Metern Höhe angekommen, ist es Zeit für eine Rast. Der dünn geschnittene Speck und das dunkle Brot schmecken in der Bergluft noch besser als anderswo. Entlang des Wiener Höhenwegs führt der Weg dann weiter durch von Blumen übersäte Weiden bis zur Salmhütte. Und von dort ist es nicht mehr weit bis zur Glorer Hütte, dem ersten Nachtlager in 2642 Metern Höhe.

Hefeweizen auf der Terrasse

Mit einem herzlichen "Grüß Gott" und einem Schnaps werden die Wanderer von Hüttenwirtin Hannelore Bedarnig begrüßt. Bevor die einfachen Mehrbettzimmer bezogen werden, genießen die Neuankömmlinge ein Hefeweizen auf der Terrasse und das Panorama des Großglockners. "Da oben wurlt's heut", sagt die Wirtin und meint den starken Andrang von Alpinisten. Bergführer Peter Bauernfeind war bereits mehr als 400 Mal oben. "Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, auf dem Gipfel zu stehen, es ist nie dasselbe", sagt der Bergprofi. "Die Witterung und die Menschen, die ich begleiten darf, sind immer unterschiedlich, und das macht jede Besteigung einzigartig."

Die meisten Bergwanderer legen großen Wert auf Sicherheit und vertrauen sich Bergführern an, die sie nach der Aussicht auf mehr als 200 Dreitausender vom Glockner-Gipfel wieder heil ins Tal bringen. Vor dem Gipfelsturm übernachten viele in der "Adlersruhe", der höchstgelegenen Schutzhütte Österreichs, wo in aller Herrgottsfrühe aufgebrochen wird.

Zwar sind es von dort nur rund 1,5 Stunden bis zum Gipfel, doch die Luft ist spürbar dünner und zwingt immer wieder zum Verschnaufen. "Am Berg ist man dem Himmel einfach näher", versucht Hüttenwirtin Hannelore den Drang nach Höherem zu erklären. "Dabei können die Leut' doch auch um den Berg herumgehen, und das tagelang."

1300 Meter in Serpentinen bergab

Nach einem kräftigen Frühstück beginnt am Morgen darauf in der Glorer Hütte der nächste Abschnitt des Weges, der nach Kals auf die Südseite des Großglockners führt. Mehr als 1300 Meter geht es bergab, teilweise in engen Serpentinen. Einige Bäche sind zu überqueren, später geht die weite und sanfte Wiesenlandschaft über in einen immer dichter werdenden Nadelwald.

Nach gut vier Stunden tauchen die ersten Häuser von Kals auf. Ambitionierte Wanderer können nach einer Mittagspause gleich die nächste Etappe, den Aufstieg zur 2650 Meter hoch gelegenen Sudetendeutschen Hütte, in Angriff nehmen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, einen Teil des Weges mit Bergbahnen zurückzulegen. Andere Gäste legen eine Pause ein und übernachten in einer Pension im Ort. "Ein großer Vorzug der Glocknerrunde ist, dass die Wanderer die Tour nach jedem Abschnitt beenden und in die Nationalparkgemeinden absteigen können, um zu nächtigen", sagt Krösslhuber. "Jede Gemeinde kann deshalb als Ausgangspunkt der Runde gewählt werden."

Die Tour von Kals zur Sudetendeutschen Hütte bedeutet, fast 1700 Meter Höhenunterschied zu bewältigen. Zunächst geht es zum Gasthof "Glocknerblick", später queren die Wanderer eine Steilrinne, und in steilen Kehren geht es in das kahle Dürrenfeld. Nach der Ankunft liegen etwa vier reine Wanderstunden hinter der Gruppe - schöne Stunden allerdings, immer mit Blick auf eine grandiose Bergwelt.

Hausgemachte Mehlspeisen

Wie in den meisten Hütten gibt es auch in der Sudetendeutschen Hütte einfache Bergsteigerlager, Zimmerlager sowie Trockenräume. In den Gaststuben werden hausgemachte Mehlspeisen und andere Tiroler Spezialitäten aufgetischt. Bei Sonnenschein lädt eine große Terrasse zum Verweilen ein. "Morgen kommt anderes Wetter", sagt der Hüttenwirt und trübt die Stimmung der Wanderer. Dabei ist noch kein Wölkchen am Himmel zu sehen.

"Macht es wie die Murmeltiere, die sich für den Winter wichtige Reserven angefressen haben. Packt ausreichend Proviant ein und nehmt viel Wasser mit", rät der Hüttenchef. Wichtig ist es auch, im Hüttenbuch die Marschroute und das Ziel der Wanderung einzutragen, damit bei eventuellen Suchaktionen gezielt vorgegangen werden kann.

Kühl ist es in der Morgendämmerung, Tautropfen hängen im Gras. Bald bricht sich die Sonne ihre Bahn - beste Bedingungen also für die sechsstündige Tour zur nächsten Station, der Rudolfshütte in 2311 Meter Höhe oberhalb des aufgestauten Tauernmoossees. Die Route verläuft über den anspruchsvollen "Silesia-Höhenweg", der mit dem Hinweis "Nur für Geübte" versehen ist. Wer hier entlang will, muss schwindelfrei sein und genügend Kraft haben, sich an mehreren Ketten und Drahtseilen hinaufzuhangeln. Das ist ein Genuss wegen der schönen Umgebung, aber auch ein Abenteuer für Wanderer, die von den Schwierigkeiten überrascht werden.

Blitzschneller Wetterwechsel

Alternativ zum "Silesia-Höhenweg" besteht die Möglichkeit, zum Kalser Tauernhaus abzusteigen, um von dort wieder zum Tauernbrünnl bergan zu gehen. Angesichts der Wetterprognose des Hüttenwirts entscheidet sich die Gruppe für die einfachere, aber auch längere Variante. Und in der Tat: Mittags tauchen erste zarte Wolken auf, blitzschnell zieht wenig später eine schwarze Front auf.

Die Wolken machen Beine, und für eine Umkehr ist es längst zu spät. Im strömenden Regen wird es kühler, und auf dem Tauernbrünnl peitscht der Wind sogar Eiskörner ins Gesicht. Jeder Schritt fällt nun schwer, die Wanderer schweigen. Jeder hofft, dass hinter der nächsten Kuppe die erlösende Rudolfshütte auftaucht. Doch noch liegt der anstrengende Aufstieg zum Kalser Tauern vor der völlig durchnässten Gruppe. Schritt für Schritt wird er erklommen, und nach 200 Metern Abstieg taucht dann endlich die Hütte auf.

Doch schon beim Abendessen sind die Strapazen des Tages vergessen, und es wird über die nächste Etappe diskutiert. Keiner wird am Morgen darauf mit der Bahn ins Tal fahren, alle wollen die gesamte Glocknerrunde meistern - denn die Berge haben sie süchtig gemacht.

Info:

Ziel: Der Großglockner ist mit 3797 Metern der höchste Berg Österreichs. Er liegt auf der Grenze von Osttirol und Kärnten.

Anreise: Mit dem Auto von München aus über die A 8 und die A 93 nach Kufstein und über Kitzbühel bis nach Mittersill. Von dort aus nach Fusch oder Kaprun abbiegen oder über die Felbertauernstraße nach Kals in Osttirol fahren.

Unterkünfte/Reisepakete: Die Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern und der Österreichische Alpenverein (ÖAV) bieten die "Glocknerrunde" als Reisepaket an. Mit acht Übernachtungen in Hütten oder Gasthöfen und Halbpension kostet es 333 Euro pro Person. Als Gruppentour mit Bergführer gibt es die Wanderung im Juli und August für 629 Euro.

(gms)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort