Kleinvieh macht auch Spaß

Klar, dass bei einer Safari die "Big Five" vor die Linse müssen - Löwe, Büffel & Co. Was aber, wenn "Small Five" ihnen die Schau stehlen? Ein südafrikanisches Reservat ist auf Krabbeltiere spezialisiert.

Ob wir uns fühlen wie "meals on wheels", will Mike wissen - wie Essen auf Rädern. Sehr witzig! Aber ja, so fühlen wir uns. Denn Ranger Mike parkt unseren Land Rover gerade fünf Meter entfernt vor drei Löwen-Männchen. Sie liegen träge im kniehohen Gras, heben ihre Köpfe, reißen die Mäuler auf - mit Appetit auf Mensch? Warum hat Mike sein Gewehr nicht längst im Anschlag? "Das ist 'Gold-Mähne', ein ziemlicher Rüpel", sagt er. "Keine Sorge, die Löwen gähnen und schlafen gleich ein", beruhigt er, "die registrieren uns gar nicht, sondern nur das Auto - als uninteressanten Kasten."

Mit Pudding in den Knien, aber stolz haken wir Safari-Greenhorns die Nummer eins der Big Five ab. Fehlen noch Büffel, Nashorn, Leopard und Elefant. Alles zähe, kämpferische Tiere, nicht mit einem Schuss erlegt. Daher das noch aus Großwildjägertagen stammende Prädikat "Große Fünf". Ein frischer Fladen Elefanten-Dung könnte gleich zu Nummer zwei führen.

Doch Mike lotst uns zu einer anderen Spur: Auf der Sandpiste durch den Busch krabbelt eine Ameise, plumpst urplötzlich in eine daumennagelgroße, kegelförmige Grube, strampelt dort ihren Todeskampf, bis nach Sekunden nur noch ihr Kopf reglos aus den Sand ragt. "Da schlägt gerade ein ganz hinterhältiger Killer zu", beantwortet der Ranger unsere fragenden Blicke: "Der Ameisenlöwe, die Larve eines libellenartigen Insekts, sieht aus wie eine Zecke mit Krebs-Zangen am Kopf." Rückwärts buddelt sich das Tier in den Sand, fräst mit seinen Greifern die Mulde hinein und wartet auf Beute. Rutscht sie hinein, greift der Ameisenlöwe zu, spritzt seinem Opfer betäubenden Verdauungssaft und saugt es aus.

"Der Ameisenlöwe zählt zu den 'Small Five'", sagt Mike - ebenso wie Büffel-Weber, Leoparden-Schildkröte, Nashorn-Käfer und Elefanten-Spitzmaus. Alles Kleinvieh mit Big Five im Vor- oder Nachnamen. Die hat ein gewisser Rael Loon ausgesucht und mit dem Prädikat "Kleine Fünf" geadelt. Stellvertretend für Abertausende Insekten, Vögel und Reptilien, auf die Safari-Gäste der Sabi-Sabi Lodges - fünf private Reservate im Norden des Krüger Nationalparks - auch mal schauen sollen. Ein einzigartiges, ernst gemeintes Angebot, erdacht vom Sohn der Sabi Sabi-Gründer, einem Umweltbiologen und Autor vieler Tierbücher sowie der Webseite "the-small5005.com".

Wie alle Ranger in Sabi Sabi ist der 28-Jährige aus Durban darauf geschult, seltsame Viecher und ihre Kapriolen, Naturphänomene oder besondere Fernglas-Momente aus dem Dickicht von Wald und Wiesen für Gäste herauszuzoomen und ebenso unterhaltsam wie informativ zu präsentieren. Jetzt rettet er ein Lappen-Chamäleon vorm Überfahrenwerden und lässt es fürs Foto von der Hand über einen Ast balancieren wie über einen Laufsteg.

Mike rumpelt uns auf den Tribünen-Rückbänken seines Land-Rover weiter durch den Busch- wer zeigt sich als Nummer drei der großen Fünf? Der Büffel - er flößt dem Ranger am meisten Respekt ein. "Extrem intelligent" seien diese Dickschädel. Einmal angeschossen, hätten sie die Jäger früher auf ihrer Flucht in unwegsames Dickicht gelockt, um dort mit ihren knochenharten, geschwungenen Hörnern tödliche Gegenangriffe zu starten. Mike wendet den Blick ab, deutet in eine Baumkrone: "Da, die Small Five-Version, der Büffel-Weber". Ausnahmsweise mal kein Krabbel- sondern ein amselgroßes Flattertier. Es baut Nester im Medizinball-Format mit Eingängen für mehrere Familien.

Sechs Safaris machen wir mit Mike, im Auto und auf Fußpirsch, spüren Elefant und Leopard noch auf, Big Four und Big Five. Doch Mike hat unseren Fokus in diesen zwei Tagen verändert. Mindestens so gespannt schauen wir zu, was der Ranger hinter der Rinde des Krokodilbaums oder in einem hundert Jahre alten Termitenhügel findet. Die Redaktion wurde von South African Tourism zu der Reise eingeladen.

(RP)
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