Kreuzfahrten Die "Norwegian Joy" sticht in See

Bremerhaven · Immer mehr Kreuzfahrtreedereien schicken Schiffe nach China. Neuestes Beispiel ist die "Norwegian Joy". Doch wie sieht so ein Schiff aus, auf dem künftig fast ausschließlich Chinesen Urlaub machen?

Das bietet die "Norwegian Joy"
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Foto: dpa, zeh

Nach Sitzplatz 3 folgt im Theater der "Norwegian Joy" direkt Platz 5. Ein peinlicher Fehler? Nein, volle Absicht: Für Chinesen ist die Zahl 4 eine Unglückszahl wie in Deutschland die 13. Deshalb gibt es auf dem neuen Kreuzfahrtschiff von Norwegian Cruise Line keinen vierten Platz. Auch die Karaokekabine Nummer 4 wird man vergebens suchen. Das neue Riesenschiff ist zwar in der Meyer Werft in Papenburg entstanden, doch deutsche Urlauber werden es wohl nie von innen zu sehen bekommen. Die "Norwegian Joy" fährt direkt nach China. Im Juni gehen die ersten Passagiere an Bord - ausschließlich Chinesen.

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Foto: Unsplash/Alonso Reyes

Für die Reederei ist das Neuland. Bislang fuhren die Schiffe vor allem in den USA und Europa, mit internationalem Publikum. Doch der chinesische Markt wächst kräftig - in den vergangenen Jahren laut Kreuzfahrtverband Clia um mehr als 60 Prozent jährlich. 2015 unternahmen knapp eine Million Chinesen eine Kreuzfahrt.

Und da diese etwas andere Bedürfnisse haben als europäische oder amerikanische Passagiere, unterscheidet sich die "Norwegian Joy" an einigen Stellen doch deutlich von ihren Schwesterschiffen - nicht nur in Sachen Platzzählung im Theater. Das fängt schon bei der Rumpfbemalung an. Diese hat der chinesische Künstler Tan Ping gestaltet. Sie symbolisiert den mystischen Vogel Phönix, der in der Kunst des Landes allgegenwärtig ist. Und natürlich prangt der Schiffsname in Mandarin an der Bordwand.

Auch im Inneren des Schiffs mit seinen 1925 Kabinen sind alle Beschriftungen auf Englisch und Mandarin zu lesen - vom "Bitte nicht stören" an der Kabine über die Restaurantnamen bis hin zur Bordkarte. Durchsagen erfolgen ebenfalls in der Landessprache, zahlreiche Crewmitglieder stammen aus China.

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Foto: dpa, zeh

Die größte Umstellung gibt es jedoch beim Essen. In den Hauptrestaurants werden künftig fast ausschließlich fernöstliche Speisen serviert. Dort, wo sich auf den bisherigen Schiffen der NCL-Reederei Pubs befanden, sind nun chinesischen Tea Rooms entstanden. Eine Nudel-Bar darf nicht fehlen. In einem besonderen Restaurant werden japanisches Teppanyaki, koreanisches Barbecue und chinesischer Hot Pot kombiniert. Um zwei Stereotypen kommt man auf der "Norwegian Joy" nicht herum. Erstens: Chinesen lieben Spiele und Action. Nicht zufällig findet sich eine außergewöhnliche Neuerung auf der "Norwegian Joy": die erste Kart-Bahn auf dem Meer.

Sie reicht über zwei Decks, ist 240 Meter lang und für jedes Wetter geeignet. Selbst bei starkem Seegang und Regen soll man in den Elektrogefährten - der passende Sound kommt aus Lautsprechern am Heck - seine Runde drehen können. Jeweils zehn Passagiere fahren gleichzeitig und tragen mit bis zu 65 km/h kleine Rennen aus. Zwei Decks tiefer geht es nicht weniger rasant zu. Hier gibt es Autoscooter, Renn-Simulatoren, unter anderem mit einem originalen Formel-1-Wagen. Highlights sind jedoch ein Achterbahn-Simulator mit Virtual-Reality-Brille sowie ein Drachenflug-Simulator.

Nicht fehlen darf das Casino. Schon auf amerikanischen Schiffen ist dieses für den europäischen Geschmack meist überdimensioniert, auf der "Norwegian Joy" fällt es aber noch einmal größer aus und ist auf drei Bereiche an Bord aufgeteilt. Neben dem Casino für alle gibt es ein VIP-Casino sowie ein Casino im Suiten-Bereich "The Haven". Eine weitere Weltneuheit ist eine Laser-Tag-Arena.

Nur eine Sache scheinen Chinesen noch lieber zu mögen als Spielen: Shoppen. Hier bestätigt sich ein zweites Klischee. 141 Marken haben an Bord Verkaufsflächen, 50 davon aus dem absoluten Luxusbereich. Für ein neues Outfit und den passenden Schmuck muss niemand von Bord gehen: Cartier, Bulgari oder Versace sind auf der "Norwegian Joy" vertreten.

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Foto: Roberta Patat / Shutterstock.com

Norwegian Cruise Line ist bei weitem nicht die einzige Reederei, die derzeit auf dem chinesischen Markt kräftig Gas gibt. MSC zum Beispiel ist seit 2016 ganzjährig mit der "MSC Lirica" in China unterwegs. Im kommenden Jahr folgt die "MSC Splendida". Costa hat gleich fünf Schiffe ausschließlich für den chinesischen Markt im Einsatz: die "Costa Serena", die "Costa Victoria", die "Costa Atlantica", die "Costa Fortuna" sowie seit kurzem die "Costa neo Romantica".

Während bei Norwegian Cruise Line, MSC und Costa die Fahrten exklusiv in China angeboten werden und zum Beispiel aus Deutschland in der Regel nicht buchbar sind, beschreitet Royal Caribbean einen etwas anderen Weg. Vier Schiffe der Reederei fahren derzeit in China - die "Ovation of the Seas" wurde speziell dafür gebaut, die "Quantum of the Seas" umgebaut -, doch alle Reisen sind auch für andere Nationalitäten buchbar.

Auch der deutsche Marktführer Aida Cruises hatte eigentlich entsprechende Pläne. Die "Aida Bella" sollte in diesem Jahr nach China verlegt werden. Im Herbst 2016 machten die Rostocker jedoch einen Rückzieher. Man wolle der starken Nachfrage auf dem deutschen Markt gerecht werden, so Sprecher Hansjörg Kunze. "Dessen ungeachtet halten wir den chinesischen Markt im Blick." Unter Umständen gilt für die China-Pläne also: nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.

(dpa)
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