Regularien Wie eine Rettung richtig ablaufen sollte

Hamburg · Ein Schiffsunglück wie das der "Costa Concordia" vor der italienischen Küste mit mindestens sechs Toten ist ein Alptraum für jeden Kreuzfahrtpassagier. Hinzu kommt, dass Passagiere über chaotische Szenen geklagt haben, als das Schiff am Freitag mit mehr als 4200 Passagieren auf Grund gelaufen war und evakuiert werden musste.

Chronik der schweren Schiffsunglücke
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Foto: afp, STRINGER

Wie eine Rettung richtig ablaufen sollte und wie Passagiere sich dabei am besten verhalten, erklären unter anderem Ulrich Schmidt, Leiter der Dienststelle Schiffssicherheit bei der Berufsgenossenschaft Verkehr, und der ADAC.

Welche Gefahren lauern auf einem Schiff?

Wie bereiten die Kreuzfahrtschiffe ihre Gäste auf den Ernstfall vor?

Für alle neueren Schiffe gelten die so genannten SOLAS Bestimmungen. Diese Abkürzung steht für Safety of Life at Sea. Diese Regeln sind von allen UN-Mitgliedsstaaten auf Schiffen eingeführt worden. Seit Oktober 1997 gelten verschärfte Bestimmungen. Alle Kreuzfahrtschiffe müssen jetzt zwingend Rauchdetektoren und Feueralarmmelder in allen öffentlichen Räumen, Passagierkabinen, Fluren und Treppenhäusern haben. Ferner sind Leuchtmarkierungen auf dem Boden vorgeschrieben, die die Fluchtwege anzeigen. Alle feuersicheren Türen müssen von der Brücke aus geöffnet und geschlossen werden können. Ein Feueralarmplan muss in allen Kabinen hängen.

Wie läuft eine Evakuierung ab?

Im Notfall tönt dem ADAC zufolge ein Alarmsignal: sieben kurze Töne und ein langer Ton. Die Passagiere werden überall auf dem Schiff per Durchsage aufgefordert, sich zu festgelegten Sammelplätzen zu begeben, erläutert Schmidt. Dort teilt die Besatzung die Menschen auf die Rettungsboote auf und verteilt Schwimmwesten. "Dieser Ablauf ist auf jedem Kreuzfahrtschiff gleich, lediglich die Rettungswege unterschieden sich." Der ADAC rät, bei der Evakuierung kein Gepäck mitzunehmen und keine Aufzüge zu benutzen.

Was sollte ich auf keinen Fall tun?

Passagiere sollten in der Regel niemals einfach von Bord springen.
Eine Ausnahme sei höchstens, wenn es direkt hinter ihnen brenne und alle Fluchtwege versperrt seien, sagt Schmidt. Im kalten Wasser müssten die Schiffbrüchigen sofort gerettet werden. Das hält die Crew beim Evakuieren der übrigen Passagiere auf. In jedem Fall gilt: Nerven behalten und nicht in Panik geraten. "Das ist leicht gesagt, aber das einzig Vernünftige." Moderne Kreuzfahrtschiff seien so gebaut, dass sie auch bei einem Leck - wenn überhaupt - nur sehr langsam sinken.

Wie finde ich meinen Sammelplatz?

Die Besatzung ist dazu verpflichtet, den Ablauf einer Evakuierung und das Treffen am Sammelpunkt innerhalb der ersten 24 Stunden an Bord einmal mit den Passagieren durchzuspielen. "Wenn das Schiff abends ausläuft, wird diese Übung meist am nächsten Morgen gemacht", sagt Schmidt. Der ADAC empfiehlt, gleich zu Beginn der Reise einmal den Fluchtwege abzugehen, sich die Lage der Rettungsboote einzuprägen und die Handhabung der Rettungswesten zu proben.

An welcher Stelle der Rettungskette kann es Probleme geben?

Ab und zu könne es passieren, dass eine einzelne Aussetzvorrichtung für die Rettungsboote versagt, erklärt Schmidt. Die Boote können dann darüber nicht zu Wasser gelassen werden. "Dann muss die Besatzung umorganisieren. Je größer ein Schiff ist und je mehr Gäste an Bord sind, umso schwieriger wird das", sagt der Experte.

Gibt es überhaupt genug Rettungsboote?

Die Kapazität der Rettungsboote ist international verpflichtend vorgeschrieben. Sie liegt bei 125 Prozent im Verhältnis zur Zahl der Passagiere. Das heißt, es gibt heruntergerechnet mindestens fünf Plätze für vier Passagiere. Eine Vorschrift "Frauen und Kinder zuerst" gebe es beim Besteigen der Boote nicht.

Soll ich immer den Anweisungen der Besatzung folgen?

Ja. "Die Besatzung kennt das Schiff und weiß, was sie tun muss", sagt Schmidt. Das Personal absolviere regelmäßig Lehrgänge und könne mit der Ausnahmesituation einer Evakuierung umgehen. "Ich würde durchaus raten, sich blind auf die Mannschaft zu verlassen."

(dpa/kreuzfahrt.de/ADAC)
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