Neuer Reisetrend 40 Millionen Deutsche wandern

Berlin (RP). Das Wandern ist der Deutschen Lust: Laut einer aktuellen Studie des Wanderverbandes geht hierzulande jeder Zweite auf Tour durch die Natur - Durchschnittsalter: 47 Jahre. Im Trend sind Tagesausflüge. Die beliebtesten Wander-Regionen liegen in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

Ausgezeichnete Wanderwege in Deutschland
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Es ist das Naturerlebnis, das die Deutschen in die Berge, Wälder und Wiesen zieht. 56 Prozent schnüren regelmäßig ihre Schuhe, schultern den Rucksack und sind dann mal weg - nicht so lange wie Hape Kerkeling, der wochenlang auf dem Jakobsweg gepilgert ist, sondern meist nur einen Tag. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie von deutschem Wanderverband und Bundeswirtschaftsministerium.

Fast hat es den Anschein, als hätten die Auftraggeber die hohe Zahl der bekennenden Wanderer, die am Ende bei der Studie herauskam, überrascht. Ute Dicks, Geschäftsführerin des Deutschen Wanderverbandes, erklärte die Zahl damit, dass der Begriff des Wanderns weitgefaßt sei. Dazu zählten die Auftraggeber auch Menschen, die Nordic-Walking und Trekking machten, aber auch pilgern und im Gebirge klettern. Fest steht aber, es sind vor allem die 65- bis 74-Jährigen, die zu den eifrigsten Wanderern gehören. Und weil die meisten Jugendlichen für einen Trip durch die Natur kaum zu motivieren sind, liegt das Durchschnittsalter bei 47 Jahren. Für die Studie wurden 3000 Personen ab 16 Jahren telefonisch sowie 4500 Personen auf Wanderwegen befragt.

Rainer Brämer, Experte des Wanderverbandes und gleichzeitig Leiter der Forschungsgruppe Wandern an der Universität in Marburg, erklärt den Grund für die Wiederentdeckung dieser Freizeitgestaltung mit einer "High-Tech-Zivilisation, die uns mehr und mehr überfordert", und mit "mentaler Erschöpfung", die viele in der Natur nach Erholung suchen lasse. Laut aktueller Studie schätzen die Befragten das Wandern vor allem als gesund, erholsam, abwechslungsreich und überall möglich ein. Religiöse Beweggründe haben trotz des Trends zum Pilgern nur wenige. Als wichtigste Assoziation nannte fast jeder Zweite des Naturerlebnis. Bei der Anfahrt zur Tour sitzen allerdings mehr als 80 Prozent im Auto.

Und obwohl der Durchschnittswanderer am Tag nur 16 Euro ausgibt, ist diese Freizeitgestaltung längst zu einem riesigen Wirtschaftsfaktor geworden. 7,5 Milliarden Euro geben die Deutschen jährlich für ihr Hobby aus; die Hoteliers verzeichneten allein 30 Millionen Übernachtungen von wanderlustigen Gästen. Hinzu kommen noch Investitionen in wetterfeste Jacken, Rucksäcke und Wanderschuhe, die Industrie und Handel noch einmal 3,7 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Rund 144 000 Arbeitsplätze hängen in Deutschland mittlerweile direkt vom Wandertourismus ab.

Und obwohl für längere Touren jeder zweite Wanderer nach Österreich, in die Schweiz und nach Italien fährt, boomen Tages- und Wochenendtrips. Die beliebteste Ziele liegen in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Dabei spielt auch die Vermarktung von neuen Touren wie dem Rheinsteig über 320 Kilometer von Wiesbaden nach Bonn eine Rolle. "Viele Strecken sind heute abwechslungsreicher und spannender als früher. Und gute Wege ziehen neue Wanderer an", erklärt Rainer Brämer.

Untersuchungen des Wanderverbandes haben ergeben, dass viele diese Sportart ab Mitte 40 oder mit Anfang 50 für sich entdecken. Heinz Quack vom Europäischen Tourismusinstitut in Trier rechnet damit, dass die mittleren Altergruppen und damit die Zahl der Wanderer mittelfristig weiter zunehmen wird. "Bis 2040 geht's aufwärts", sagte Quack. Eine Gruppe allerdings werde voraussichtlich nicht dabei sein. Migranten, so Ute Dicks, hätten wenig Interesse am Wandern. Bei ihnen müsste künftig intensiv für diese Art der Freizeitbeschäftigung die Werbetrommel gerührt werden.

Die Ergebnisse

Streckennetz In Deutschland gibt es rund 300 000 Kilometer Wanderwege.

Wanderungen 370 Millionen Tageswanderungen werden bundesweit jährlich unternommen; eine Tour dauert im Schnitt zwei Stunden und 56 Minuten und geht über 8,8 Kilometer.

Anforderung Die meisten Deutschen bevorzugen moderate Wanderungen in leicht hügeligem Gelände (48 Prozent), gefolgt von leichten Touren im Flachen (29 Prozent) und anspruchsvollen Wanderungen mit großen Höhenunterschieden (21 Prozent). Nur zwei Prozent sind auf alpinen Klettersteigen unterwegs.

(RP)
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