Alle News-Artikel vom 05. Januar 2004
Drei US-Metropolen bei den Großen Seen

Besondere Kennzeichen: GrößeDrei US-Metropolen bei den Großen Seen

Groß muss nicht zwingend great, also großartig bedeuten - obwohl das urbane Gesamtkunstwerk Chicago Begeisterung auslösen kann, und obwohl auch die eine Flugstunde entfernten, winterkalten Zwillingsstädte Minneapolis/St.Paul in Minnesota, auf dezentere Art als Chicago, mit Reizen nicht geizen. Chicago und Minneapolis/St. Paul zählen zum Mittleren Westen der USA und dort zu einer Region, für die die Adjektive groß und großartig nicht minder passend sind: dem Gebiet des größten Süßwasserreservoirs der Erde, den fünf Großen Seen. Die großen Fünf fluten eine Fläche von der Größe der alten Bundesrepublik - 245000 Quadratkilometer. Der Michigansee, an dessen Südflanke sich Chicago breit macht, wirkt wie ein Binnenmeer, was für den noch riesigeren Oberersee (Lake Superior), den man von Minneapolis/St.Paul schnell erreicht, gleichermaßen gilt. Nur der Mississippi, der in Minneapolis quellnah und relativ schmal ist, lässt noch nichts ahnen von seinen amerikanischen Ausmaßen, die er auf seinem Weg Richtung Süden annimmt. Groß und großartig ist Chicagos Architektur im Stadtzentrum. Bedeutende Baumeister haben hier Zeichen gesetzt, etwa Le Baron, der 1885 das erste Hochhaus entwarf, Mies van der Rohe oder der in downtown Chicago residierende und arbeitende deutschstämmige Helmut Jahn. Der 110 Stockwerke hohe Sears-Tower, jahrzehntelang das höchste Haus weltweit, ist zwar keine 443 Meter emporstrebende Schönheit; dafür imponieren aber zum Beispiel John-Hancock-Center, Marina City, Wrighley-Building, der historische Tribune-Tower oder zahlreiche andere elegante und eigenwillig konstruierte Wolkenkratzer mit atemraubenden Aus- und Ansichten. Beim Brand 1871 wurde fast ganz Chicago zerstört. Seither hat sich der Koloss im Mittleren Westen der USA nicht nur mächtig aufgerappelt und wirtschaftlich/wissenschaftlich vielfältig fortentwickelt. Es scheint auch, als hätten Generationen von antriebsstarken und wettbewerbshungrigen Chicagoans (viele von ihnen sind deutsch-, irisch- und polnischstämmig) städtebaulich Jetzt-erst-recht gerufen, bis sie mit ihrem mehr als 100 Jahre währenden Aufbauwerk vorläufig zufrieden waren. Ein phantastisches Angebot hält die drittgrößte Stadt der USA (nach New York City und Los Angeles) für Kunstliebhaber vor: Hervorzuheben ist das Art Institute mit einer Sammlung französischer Impressionisten, die auf der Welt ihresgleichen sucht. Chicago ist auch die US-Stadt, in deren Zentrum Großplastiken von Picasso oder Miro stehen wie andernorts bestenfalls herkömmliche Kunst am Bau. Wer ein Faible für Blues hat, ist in Chicago richtig, es dürfte sein Blues-Mekka sein. Weitere Superlative: Der Flughafen O'Hare mit dem weltweit größten Verkehrsaufkommen, Marshall Field's, das zweitgrößte Kaufhaus in der Neuen Welt, das zur Weihnachtszeit selbstverständlich und traditionell den größten Christbaum mit dem größtmöglichen Schmuckbehang aufstellt. Das Baumgebilde stammt nicht aus Mutter Erde; man kann so etwas Künstliches mögen, als Amerikaner tut man es auch. Living trees, wie die echten Weihnachtsbäume heißen, sind hier Winzlinge, stehen zur "Holyday Season", wie die Weihnachtszeit im Multi-Kulti-Land USA religiös unverfänglich genannt wird, bescheiden auf Tischen in riesenhaften Räumen. Die kleinen Grünen kontrastieren deshalb urkomisch beispielsweise mit den XXL-Ausmaßen des Chicago-Hilton an der Michigan Avenue, welches Kaiser, Könige und Showstars mit dem Hubschrauber anfliegen können; was sich berühmte Gäste der legendären Herberge auch nicht nehmen ließen. Groß ist der Stolz der Chicagoans auf ihre Heimat. Einige der besonders Stolzen stellen sich Touristen als "Chicago Greeter" zur Verfügung. Es kann geschehen, dass die freundlichen Freiwilligen von ihrer Liebe zur Stadt übermannt werden. Dann deuten sie auf die Geschäftsstraße Magnificent Drive, auf die Schar der Läden mit exquisiten Namen dort und erklären dazu: "Ich war noch nicht in Paris, aber wir sagen: unsere Champs Elisees." Der Fremde aus dem alten Europa schweigt höflich und macht ein freundliches Gesicht. Es gibt viele gute Gründe, als Westeuropäer die tolle, erstaunlich gemächlich wirkende, längst nicht mehr unter ungewöhnlich hoher Kriminalität leidende Großstadt am Michigansee oder auch die Doppel-Metropole im Kanada-nahen Minnesota zu besuchen - allein um einzukaufen jedoch muss man nicht von Deutschland aus neun Stunden westwärts fliegen. Es sind die Weite, die Dimensionen der Landschaft im Mittleren Westen, die staunen machen, auch die überdurchschnittliche Professionalität amerikanischer Dienstleister, zum Beispiel bei der reibungslos zügigen Abfertigung am Mega-Airport Chicago-O'Hare. Schließlich ist es das vergleichsweise rücksichtsvolle und freundliche Benehmen der Amerikaner im öffentlichen Raum, das noch mehr zu schätzen weiß, wer nach Rückkehr aus "Can-I-help-you"-Land wieder auf deutsche Ruppig- und Verdrießlichkeit trifft. Selbst in der Welt größtem Einkaufszentrum, der Mall of Amerika in Bloomington bei Minneapolis, geht es gelassener und defensiver zu als Samstags um Zwölf in einem x-beliebigen deutschen Supermarkt. Die Mall of America, die Selbst in der Welt größtem Einkaufszentrum, der Mall of Amerika in Bloomington bei Minneapolis, geht es gelassener und defensiver zu als Samstags um Zwölf in einem x-beliebigen deutschen Supermarkt. Die Mall of America, die wegen ihrer Gigantomanie den jährlich rund 40 Millionen Besuchern als "Kathedrale des Konsums" gilt, lockt Menschen aus dem gesamten Mittleren Westen und aus Übersee, besonders aus Britannien und Japan, wie ein PR-Mann versichert. Hier arbeiten elf- bis dreizehntausend Angestellte. Aber auch diese uramerikanische Shopping- und Vergnügungsadresse im Riesenformat ist, wenn man die westeuropäische Konsumentenbrille trägt, ein All-american-Lockvogel mit der vorherrschenden Besonderheit: Größe.wegen ihrer Gigantomanie den jährlich rund 40 Millionen Besuchern als "Kathedrale des Konsums" gilt, lockt Menschen aus dem gesamten Mittleren Westen und aus Übersee, besonders aus Britannien und Japan, wie ein PR-Mann versichert. Hier arbeiten elf- bis dreizehntausend Angestellte. Aber auch diese uramerikanische Shopping- und Vergnügungsadresse im Riesenformat ist, wenn man die westeuropäische Konsumentenbrille trägt, ein All-american-Lockvogel mit der vorherrschenden Besonderheit: Größe. Eher verwirrend als betörend wirkt auf das europäische Gemüt auch eine adventlich-karnevalistische Extratour im gepflegten, beschaulichen Minneapolis: die Holidazzle Parade. Der seltsame Umzug belegt, wie sehr sich liebenswürdige Amerikaner auch als Erwachsene an vorbeiziehenden Gestalten aus dem Märchen- und Sagenreich erfreuen, Figuren, deren Hauptaufgabe zu sein scheint, hundertfach zu leuchten und zu blinken. Das Holidazzle-Spektakel kulminiert in einer öffentlichen, so rührend wie kitschigen Verlobungs-Szene, angekündigt und gehörig bejubelt von juchzenden Zuschauern sowie Santa Claus auf seinem bunten Wagen. Versonnen schlürft der Gast aus der Fremde bei Eiseskälte sein Heißgetränk und denkt: Was Amis von rheinischen Karnevalsumzügen halten mögen? Ein Fazit: Es lohnt sich, die USA jenseits von New York, Miami, San Francisco, jenseits von Grand Canyon und Everglades kennen zu lernen. Die eindrucksvolle Region der Großen Seen mit Städten wie Minneapolis/St.Paul und vor allem Chicago sind eine Visite wert. Nur für den Kaufrausch, dem die Einheimischen so leidenschaftlich gerne verfallen, sollte einem die schöne Urlaubszeit zu schade sein. Shoppen lässt sich qualitätsvoller und, mit wenigen Ausnahmen, ebenso günstig in Old Germany.Von Reinhold MichelsInformation:Great Lakes, Travel Marketing Romberg, Schwarzbachstraße 32, 40822 Mettmann, Telefon: 02104/797451, Fax: 02104/ 912673