Rätselhafte Überfallserie Camper in Schweden ausgeraubt

Stockholm · Eine Überfallserie, der schon 65 Wohnwagen-Touristen in der Nähe von Göteborg zum Opfer gefallen sind, versetzt Skandinavien-Urlauber in Angst. Die Polizei glaubt, dass eine organisierte Bande für die Taten verantwortlich ist.

Ein Autobahn-Rastplatz nahe der schwedischen Großstadt Göteborg. Ein Tscheche und seine Tochter übernachten dort in ihrem Wohnwagen. Gegen sechs Uhr am Morgen reißt das Klirren einer Scheibe die beiden aus dem Schlaf. Noch schlaftrunken sehen die Urlauber, wie ein Mann zwei Kameras, ein Mobiltelefon und ein GPS-Navigationsgerät aus dem Wagen raubt. Dann flüchtet der Einbrecher.

Der Überfall nahe Göteborg ist kein Einzelfall. Allein in dieser Woche sind gleich mehrere Camping-Urlauber in Schweden ausgeraubt worden. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Überfälle auf Wohnwagen-Touristen rund um Göteborg bereits um fast das Doppelte angestiegen — von 34 auf 65. Und die Sommersaison hat gerade erst ihren Höhepunkt erreicht.

Oft deutsche Touristen

"Oft sind auch deutsche Touristen betroffen. Die sind danach völlig ratlos. Der Urlaub ist für sie zerstört", sagt Kriminalkommissar Göran Janrell. Erst Ende Juni machte ein Raubüberfall auf fünf deutsche Wohnwagen Schlagzeilen.

Vor allem in der Nacht, wenn die Reisenden schlafen, oder tagsüber, wenn die Wohnwagen verlassen sind, schlagen die Räuber zu. Fast ausschließlich Touristen sind die Opfer der Autobahn-Piraten. Aufgeklärt werden die Fälle selten. Laut Expertenmeinung kommt eine hohe Dunkelziffer von nicht angezeigten Vorfällen hinzu. Besonders betroffen sind die Rastplätze auf der an der Westküste Schwedens entlang führenden Autobahn E 6.

In einigen Fällen wurden Wohnwagentouristen sogar mit Hexangas betäubt, einem Stoff, der normalerweise als Reinigungsmittel angewendet wird. Dies ergaben kurz nach Vorfällen durchgeführte Blutuntersuchungen. Auch Deutsche wurden bereits in der Nähe von Göteborg mit Gas in ihren Wohnwagen betäubt. Die Täter haben es meist auf technische Geräte, Bargeld und Reisepässe abgesehen. "Die Straßen-Piraten wissen, dass Touristen eine große Reisekasse mit sich tragen", sagt Tomas Fuxborg von der Göteborger Polizei.

Überfälle verharmlost

Schwedische Tourismusverbände verharmlosen die Überfälle — wohl aus Angst vor Umsatzeinbußen: Alles nur Panikmache, heißt es dort. Schließlich dürfe nicht vergessen werden, dass 130.000 Wohnwagen im Sommer über schwedische Straßen rollen. Verglichen damit sei die Anzahl der Überfälle verschwindend gering. Der ADAC dagegen mahnt zur Vorsicht.

Die schwedische Polizei hat inzwischen erste Hinweise auf eine gut organisierte Bande von Straßenpiraten, die ihre Basis im Osten von Göteborg haben soll. Dort wurden zumindest zahlreiche leere Reisetaschen gefunden. Auch einige Festnahmen sind der Polizei bereits gelungen.

Bei den Verdächtigen handelt es sich vor allem um Osteuropäer, aber auch um drogenabhängige schwedische Einzeltäter, die sich Geld für ihre Sucht beschaffen müssten. "Diejenigen, die wir bisher festgenommen haben, waren nur einzelne Personen oder kleine Gruppen. Die Strafen für solche Delikte sind nicht hoch. Die Täter werden relativ schnell wieder freigelassen — rechtzeitig zur nächsten Sommersaison", sagt Kriminalkommissar Christer Sandborg.

(RP)
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