Indien Flughafen Mumbai bald meistbesuchtes Museum weltweit?

Mumbai · Flughäfen sind oft reine Zweckbauten, das Warten darin langweilig und ermüdend. Nicht so im neuen Terminal in Mumbai: Kunstwerke aus ganz Indien werden dort auf drei Kilometern den Passagieren präsentiert - es könnte bald das meistbesuchte Museum der Welt werden.

Indien: Flughafen Mumbai bald meistbesuchtes Museum weltweit?
Foto: dpa, Divyakant Solanki

Als Museums-Eintrittskarte dient ein Flugticket: Reisende, die durch das neue Flughafen-Terminal T2 im indischen Mumbai kommen, können sich die Wartezeit mit Kunstausstellungen verkürzen. Über ganze drei Kilometer erstrecken sich die Ausstellungen entlang der geschwungenen Wände des Chhatrapati Shivaji International Airport - moderne Kunst ist dort genauso zu finden wie bis zu 1000 Jahre alte Artefakte aus allen Teilen Indiens.

Die Ausstellungsstücke

Kunstvoll geschnitzte Fensterrahmen aus Rajasthan und hölzerne Tempelwägen sind darunter, aber auch Terrakotta-Pferde, Totemfiguren, Masken und Götter-Statuen. Der Regierungschef des Bundesstaates Jammu und Kaschmir twitterte schon vor der Einweihung aufgeregt ein Bild einer Wand aus handbemalter Pappmaché - eine 400 Jahre alte Tradition in seiner Himalaya-Gegend. Darauf zu sehen sind typische Moscheen der Region mit spitzen Dächern, bunte Häuser und Hausboote auf dem bei Touristen beliebten Dal Lake.

Das spezielle Museum ist mit seinen 7000 Artefakten nicht nur das größte Indiens, es könnte bald schon zum meist besuchten Museum der Welt werden. Denn jährlich sollen bis zu 40 Millionen Menschen durch das Terminal laufen. Zum Vergleich:In den Louvre in Paris kommen jedes Jahr 10 Millionen Besucher, in das British Museum in London weniger als 6 Millionen. Eine Kunstausstellung gibt es zwar auch am Amsterdamer Flughafen Schiphol, doch dort sind nur zehn Kunstwerke in einem speziellen Raum zu sehen.

In Mumbai (früher Bombay) hingegen sind die Wände bis zu 18 Meter hoch bemalt und von allen Stockwerken aus sichtbar. "Wir haben das Museum in 28 Teile gegliedert, und jedes wurde von einem anderen Kurator betreut", sagt ein Flughafensprecher. Eines zeige das tägliche Leben in Mumbai mit Szenen aus Bollywood-Filmen und der Finanzwelt. Dort hängt auch eine detaillierte Karte der Hafenstadt, die aus Platinen alter Computer zusammengesetzt wurde.

Die historischen Ausstellungsstücke kommen aus Städten, Dörfern, Privatkollektionen und Museen des ganzen Landes. "Manche Objekte, wie die Holz-Totems aus Morung in Nagaland mussten restauriert werden, denn sie enthielten ein lebendiges Ökosystem aus Insekten und Würmern", sagte ein Kunstexperte der Zeitung "Times of India". Andere wiederum seien moderne Erfindungen, darunter technisch ausgefeilte Mitmach-Exponate.

Kaum Entkommen vor der Kunst

Das neue Terminal in Form eines tanzenden Pfaus steht im starken Kontrast zu den oft löchrigen, staubigen Straßen des Landes und den langsamen Zügen. "Wie wir alle wissen, sind die Bedürfnisse nach Infrastruktur enorm in Indien", sagte Premierminister Manmohan Singh bei der Einweihung. Deswegen sei er umso stolzer auf das moderne Design und die Annehmlichkeiten - auch für Rollstuhlfahrer sei gesorgt. Das ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit auf dem Subkontinent.

Die Passagiere werden an 188 Check-In-Schaltern sowie 136 Ein- und Auswanderungsstellen abgefertigt. Wer dann so gar keine Lust auf Kunst hat, kann sich die Zeit mit kostenlosem Internetzugang in allen Wartebereichen vertreiben. 21000 Quadratmeter werden außerdem von Läden eingenommen, hinzu kommen Restaurants mit lokalen Speisen und internationalen Gerichten.

Oft gibt es aber gar kein Entkommen vor der Kunst, da selbst die Teppiche das Muster von Pfauenfedern tragen und die modernen Gemälde entlang der Laufbänder hängen. "T2 ist ein Flughafen, in dem es mir nicht einmal etwas ausmachen würde, wenn ich dort festsitzen würde - so wie Tom Hanks in "Terminal"", meinte Anand Mahindra, Chef des indischen Automobilherstellers Mahindra & Mahindra. "Im Vergleich dazu sieht jeder andere Flughafen auf der Welt banal und fade aus."

(dpa)
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