Frankreich Kulinarische Entdeckungsreise durch Périgord und Pyrenäen

Périgueux/Carcassonne (rpo). Essen wie Gott in Frankreich - bei dieser Redensart denkt man schnell an Champagner, an Cognac, an Elsass, an Trüffel aus der Provence und natürlich an Paris. Wer auf eine kulinarische Entdeckungsreise gehen will, sollte sich Périgord und Pyrenäen im Südwesten des Landes vornehmen, zum Beispiel in die Hochburg der feinen Trüffelgerichte.

Perigord und Pyrenäen im Südwesten Frankreichs
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Perigord und Pyrenäen im Südwesten Frankreichs

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Foto: Office de Tourisme de Périgueux/gms

Es ist schön, in der kleinen Bar "La Truffe" an der Place du Coderc im Herzen von Périgueux zu sitzen. Einfach nur dort zu verweilen, während draußen der Regen die Platanen peitscht, und auf den Regenbogen zu warten. Ein gemischtes Völkchen sitzt am Stammtisch beim Kartenspiel, ein "klassischer Alter" mit Schiebermütze und Schlips neben einem noch jugendlichen Franzosen mit Pferdeschwanz. Feierabendstimmung. Es ist Zeit, nach dem Apéritif dem heimischen Herd zuzustreben, aber bitte doch in aller Ruhe und nicht zu früh.

Auch in Périgueux, dieser unter Feinschmeckern bekannten Hochburg für Foie Gras (Stopfleber), Entenklein und feine Trüffelgerichte, schlemmt man immer noch am liebsten daheim bei Maman. Jetzt brechen die Sonnenstrahlen auch durch ganz dicht stehende Platanenblätter, beim Kartenspiel läuft die letzte Runde. Dann strebt jeder nach Hause - jedoch nicht ohne reihum "bon appétit" gewünscht zu haben.

In der erstklassig restaurierten Altstadt von Périgueux herrscht am Vormittag danach ein schier undurchdringliches Gewusel und Gedränge. Unweit der byzantinischen Basilika mit ihren fünf Kuppeln, die seit 1998 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört, haben die Gemüsehändler, Marktfrauen und Fischverkäufer an allen Ecken und Enden überbordende Auslagen aufgebaut. Das Wochenende kann so nur ein permanenter Gaumenschmaus werden.

Riesige Pfifferlinge

Natürlich wird Ente in allen ihren beliebten Variationen angeboten, vor allem aber auch Pfifferlinge und Steinpilze, so riesig, wie sie selten zu sehen sind. Wer angesichts der Fülle an leckeren Dingen hier einfach vorbeigehen kann, während ihm das Wasser im Mund zusammenläuft, muss wohl übermenschliche Kräfte haben. Mit einem Seufzer der Erleichterung steuern die schwer beladenen Hausfrauen schließlich freie Barstühle auf dem Saint-Silain-Platz an.

Auf dem Weg nach Périgueux war die Landschaft nach und nach hügeliger und abwechslungsreicher geworden. Zu Mais und den gigantischen Feldern mit Sonnenblumen gesellten sich langsam immer mehr die Weinberge. Auf der Nationalstraße 89, im Tal dem Flüsschen L'Isle entlang, geht es jetzt allerdings bereits dem mittelalterlichen Städtchen Saint-Emilion entgegen. Wein, Wein und nochmals Wein umkränzt das - weit mehr als Périgueux - von Touristen heimgesuchte Aushängeschild für erstklassigen Bordeaux.

Unesco-Kulturerbe

Was in Saint-Emilion wie ein anmutiger grüner Ring die alten Stadtmauern umgibt, soweit das Auge blicken kann, gehört zu den besten Grand-Cru-Gewächsen dieser hochklassigen und traditionsreichen Weinregion im französischen Südwesten. Die gesamte Weinhochburg ist geschütztes Unesco-Kulturerbe. Neben ein paar Kartons mit feinstem Roten passen doch sicherlich noch einige Schachteln mit der anderen Spezialität des Ortes, den Mandel-Makronen ("macarons"), in den Kofferraum - oder auch ein kleines Chasselas-Pflänzchen, um endlich mit dem Weinbau im eigenen Garten zu Hause zu beginnen. Andererseits ist wohl Vorsicht geboten, denn diese kulinarische Fahrt hat schließlich gerade erst begonnen.

Bordeaux strahlt die selbstbewusste Ruhe einer alten Handelsstadt aus und bietet sich für eine erste besinnliche Verschnaufpause an. Bei der beschwingten Fahrt an den berühmten Château-Weingütern vorbei und über die Garonne - wie zuvor über die Dordogne - waren die Quais mit ihren stolzen Bürgerhäusern rund um den Börsenplatz nahe dem Flussufer aufgetaucht. Nach der Einkehr im Bistro "Chez Dupont" in der Rue Notre Dame stellt sich bereits eine Gewissensfrage: Nochmal Gänseleber und Entenbrustfilets, weil das in dieser Region besonders köstlich ist, oder doch lieber die Jakobsmuscheln und dann Meerbarbe mit Petersilie aus dem Atlantik? In Bordeaux trifft sich die Küche des Landesinneren mit allem, was die Fischer so an Land bringen.

Wer den Blick hoch oben auf der nicht weit entfernten Pilat-Düne bei Arcachon, der größten Europas, herumschweifen lässt, der sieht gleich, worum es geht: Zwischen den Sandbänken und den unzähligen Segelbooten fallen Austernparks sowie Zuchtgebiete für Lachse und Forellen ins Auge, mit dem Leuchtturm von Cap Ferret im Hintergrund.

Biarritz als letzter Stopp

Das edle Seebad Biarritz weiter im Süden an der Biskaya drängt sich als letzter Etappenort vor den Pyrenäen geradezu auf. Wo hohe Wellen an die Felsen schlagen und die Surf-Fans aus aller Welt begeistern, haben betuchte Reisende aus England schon sehr frühzeitig Maßstäbe gesetzt, was prunkvolle Hotelpaläste angeht - aber sicherlich auch kulinarisch. Die baskische Küche gewinnt langsam die Oberhand, Bergbauern und Landwirte kochen würziger, kräftiger und herzhafter. Zum Spargel aus der Heidegegend Les Landes gesellen sich also beispielsweise 6, 12 oder 18 Monate gealterte Bayonne-Schinken.

Überall außerhalb des arg quirligen Biarritz lässt sich baskische Hausmannskost unter dem Schutz der typischen Kiefern genießen, aber am besten bei Freunden und mit Meeresrauschen samt dem Zirpen der Zikaden als Hausmusik: "Sardinen auf baskische Art", gebraten und eingelegt und dann mit Béarner Soße und Kapern serviert. Oder "Axao", das frisch zerkleinerte und ganz umsichtig gewürzte Kalbfleisch. Dazu vielleicht eine Flasche vom wuchtigen baskischen Roten Irouleguy oder auch ein Madiras-Wein, und danach ein wenig vom erdig schmeckenden Pyrenäen-Käse aus Schafsmilch (Brebis des Pyrénées) - wie das mundet!

Pyrenäen-Riesen entgegen

Im Pays basque schlängeln sich die Landstraßen in ein grünes Bergland, den Pyrenäen-Riesen entgegen. Wer an den eigenen Kochtopf zu Hause denkt, der macht in dem Dorf Espelette Halt, das fast jede französische Hausfrau vom Namen her kennt. Denn hier wächst der prächtige rote Piment mit geschützter Herkunftsbezeichnung. Zu Zöpfen geflochten, ziert die frische Ernte dekorativ die baskischen Häuser mit ihren weißen Ecksteinen und den roten Fensterläden. Sieben Euro kostet der Zopf, der das Jahr über Schärfe in den Kochtopf bringt.

Hier in den Bergen einzukaufen bei einem Smalltalk mit den Dorfbewohnern, das ist doch etwas anderes als im versnobten Biarritz am Strand zu dösen. Die Piment-Zöpfe liegen also friedlich neben der Stopfleber aus Périgueux und dem Grand Cru aus Saint-Emilion im schon ziemlich vollen Kofferraum. Die Fahrt geht das Tal der Nive hoch, bis im Schatten der Pyrenäen und einer riesigen Zitadelle der so genannte Pferdemarkt von Saint-Jean-Pied-de-Ports in Sicht kommt. Dort gibt es auf einigen Kilometern Länge mittlerweile alles, was das Baskenland so zu bieten hat: vom Idiazábal-Schafskäse bis zum Jurançon-Wein.

Hinter der "Route du Fromage", der Straße der Käse, flacht die Berglandschaft in Richtung Pau und zum Wallfahrtsort Lourdes wieder ab. Ein Gang zu der berühmten Grotte, wo die Müllertochter Bernadette einst ihre Marienerscheinungen hatte, bietet sich als Buße für all diese kulinarischen Sünden doch wirklich an.

Gut gewappnet in Lourdes

Wer sich zuvor stärkt, ob in Pau oder in Tarbes, der überschreitet bereits wieder Grenzen: Hier gibt es spanischen Serrano-Schinken, Tintenfisch aus dem baskischen Fischerort Saint-Jean-de-Luz, Lamm aus dem südostfranzösischen Sisteron und Rotwein aus der Mittelmeerregion Languedoc. So gewappnet kann man sich in Lourdes - wie zweimal Papst Johannes Paul II. - unter die Pilgerscharen mischen, auch mal etwas für das spirituelle Wohl tun und sich in kleinen Flaschen oder Kanistern das kostbare Quellwasser von Lourdes abfüllen. Eine der hundertfach angebotenen Marienstatuen findet nach all den anderen Einkäufen allerdings doch keinen Platz mehr im Kofferraum.

Ostwärts am Fuße der Pyrenäen geht es über Saint-Girons und Foix nach Carcassonne. Was für ein Schlussakkord: Wuchtig und trutzig - hier sind diese Begriffe wirklich angebracht - taucht die "größte Festung Europas" am Horizont auf. "La Cité", die mittelalterliche Oberstadt von Carcassonne, beeindruckt als prächtige Kulisse.

Die Landschaft hat schon mediterrane Züge, die Zypressen mehren sich in diesem Land der Katharer. Und das kleine Restaurant im Schatten der turmbewehrten Festungsstadt wartet mit Tischtüchern in lebendigen provenzalischen Farben auf. Dekorativ steht Lavendel auf jedem Tischchen. Zum Menu gehört eine Dorade aus dem Mittelmeer, dazu eine hausgemachte Ratatouille und ein schmackhafter einfacher Landwein aus dem Pays d'Oc. Bereits weit zurück liegt Périgueux, wo immerhin die feinsten Saiten der Küchenkunst angeschlagen werden.

Info

Reiseziel: Die beschriebene Route führt im Südwesten Frankreichs durch die Regionen Aquitaine, Midi-Pyrénées und Languedoc-Roussillon.

Anreise und Formalitäten: Bei Flügen von Deutschland nach Bordeaux oder Toulouse muss meist in Paris umgestiegen werden. Zugfahrten mit dem Hochgeschwindigkeitszug TGV führen ebenfalls über die Hauptstadt. Auch in Zeiten offener Grenzen sollte der Reisepass im Gepäck sein.

Währung: Euro. Kreditkarten werden vielerorts akzeptiert.

Unterkunft: Es gibt ein breites Angebot an Hotels und Pensionen fast aller Klassen. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und oft auch ein ansprechendes Restaurant bieten die Häuser der Gruppe "Logis de France" (mit einem oder mehreren Kaminen als Gütezeichen).

Informationen: Maison de la France, Postfach 10 01 28, 60001 Frankfurt (Tel. 0190/57 00 25, Fax: 0190/57 90 61 für jeweils 62 Cent pro Minute).

(gms)
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