Airline Lufthansa wagt neuen Billigflieger-Angriff

Frankfurt/M. · Als eine der ersten Fluggesellschaften überhaupt will der Kranich auch Langstrecken-Billigflüge anbieten. Düsseldorf und Köln/Bonn sollen neben Hamburg die wichtigsten Drehkreuze für dieses Experiment werden.

Airline: Lufthansa wagt neuen Billigflieger-Angriff
Foto: dpa, fve htf ent rho

Erst haben die Billigflieger die Lufthansa angegriffen - jetzt schlägt Deutschlands größte Airline zurück. Der neue Konzernchef Carsten Spohr will unter dem Dach des Kranichs zwei neue Billigflug-Gesellschaften etablieren - zusätzlich zur schon bestehenden Tochter Germanwings. Eine davon soll Langstrecken anbieten. Das ist eine Kampfansage an Rivalen wie Ryanair und Easyjet: Die Langstrecke war wegen der hohen Fixkosten für Billigflieger bislang tabu.

Wie Spohr gestern vor Führungskräften im Lufthansa-Schulungszentrum Seeheim erklärte, will er für seine weltweite Billig-Offensive die längst vergessene Marke Eurowings entstauben. Die vergleichsweise kleine Gesellschaft mit Sitz in Düsseldorf (23 Flugzeuge) wird seit 2005 von der Lufthansa kontrolliert und fungiert derzeit als Zubringer und Regionalflieger - zumeist mit Flugzeugen in Lufthansa-Lackierung. Jetzt soll sie die innereuropäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehre der Mutter übernehmen und bereits im Frühjahr vom Schweizer Flughafen Basel aus zu ersten europäischen Zielen starten. Zeitgleich zieht sich die Lufthansa-Tochter Swiss dann aus Basel zurück.

Die zweite Lufthansa-Billigtochter Germanwings soll für die Lufthansa weiterhin alle Flüge von und nach Deutschland außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München abwickeln. Eurowings spendiert Spohr für die neue Aufgabe 23 neue Airbus-Jets vom Typ A320, womit die Marke aus dem Stand zur Nummer drei im europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehr wird. Laut Spohr ist Eurowings wegen geringerer Pilotengehälter noch kostengünstiger als Germanwings, die wiederum zu 20 Prozent geringeren Kosten als die klassische Lufthansa fliegt.

Auf der Langstrecke wagt Spohr ein weltweit einmaliges Experiment: Weil die extrem hohen Treibstoffkosten in diesem Segment alle Sparbemühungen bei der Wartung, den Flughafengebühren und beim Personal aushebeln, bieten bislang nur Exoten wie Norwegian Billig-Internkontinentalflüge an. Jetzt soll auch die Lufthansa dieses Segment erobern - mit einer weiteren Marke und bis zu neun Jets. "Turkish Airlines ist ein potenzieller Partner, u d wir sind in sehr fortgeschrittenen Verhandlungen", verriet Spohr gestern seinen Führungskräften. Zur Not werde man das Langstrecken-Billigkonzept aber auch im Alleingang realisieren. Die Entscheidung soll im Herbst fallen. Der Name der dritten Billigflug-Tochter, die voraussichtlich ab Winter 2015/16 sonnenhungrige Europäer in andere Kontinente fliegen soll, ist noch geheim. Nach Informationen unserer Zeitung soll der Name aber auf die bis dahin etablierte Billigmarken-Familie "Wings" abgestimmt werden.

Die Wings-Gesellschaften sollen in einer Holding gebündelt werden, die ihren Sitz nicht notwendigerweise in Deutschland hat - infrage kommen laut Lufthansa ausdrücklich auch andere Kernmärkte wie Schweiz, Österreich oder Belgien. Damit würde Düsseldorf den bisherigen Sitz der Fluggesellschaft Eurowings verlieren. Trotzdem scheint Spohrs neues Konzept für den Flughafen Düsseldorf ein Gewinn zu werden. Denn neben München und Köln-Bonn sehen die internen Planungen bislang nur noch Düsseldorf als Drehkreuz für die neue Langstrecken-Billigtochter vor.

Während Spohr mit dem neuen Billigkonzept auf Mannschaften setzt, die weniger als ihre Kollegen im Lufthansa-Tarif verdienen, will er gleichzeitig eine Qualitätsoffensive bei der Muttermarke forcieren. Die Lufthansa soll zur ersten Fünf-Sterne-Airline der westlichen Hemisphäre werden. Die Verantwortung dafür übernimmt Spohr persönlich, wie er gestern erklärte. In diesem Zusammenhang will er bis 2020 eine halbe Milliarde Euro für Innovationen ausgeben.

(RP)
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