Unruhen in Ägypten Reisewarnung: So entscheidet das Außenministerium

Düsseldorf (RP). Eine Million deutsche Touristen wählen Jahr für Jahr Ägypten für die schönsten Wochen des Jahres. Wie geht das Auswärtige Amt mit den Gefahren durch den Aufstand in der Region um? Welche Folgen haben offizielle Reisewarnungen?

Die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes
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Foto: AP

Plünderungen, Straßensperren, Menschen, die sich bewaffnen und aufeinander losgehen. Das sind Szenen, die deutsche Urlauber in diesen Tagen in Ägypten sehen — wenn sie in ihren Hotels am Roten Meer den Fernseher einschalten. Um sie herum ist es friedlich. Von Aufruhr keine Spur.

Dennoch hat das Auswärtige Amt "dringend" von Reisen nach "ganz Ägypten" abgeraten und damit einen scheinbaren Automatismus bei den Reiseveranstaltern ausgelöst. Sie kündigten in der Folge alle bis Mitte Februar anstehenden Reisen nach Ägypten ohne zusätzliche Stornogebühren und boten andere Urlaubsziele an.

Haben also Reisewarnungen rechtliche Konsequenzen für Touristikunternehmen und Reisende? "Überhaupt nicht", betont ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die bei Bedarf mehrmals täglich aktualisierten Informationen auf der Webseite hätten vor allem Service-Charakter.

"Das ist für die Veranstalter eine wichtige Basis für die Planung von Ausflügen", erläutert Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband. So hätten Mitgliedsfirmen nach einem Blick auf die Hinweise auf Unruhen im Raum Kairo umgehend alle Stippvisiten zu den Pyramiden gestrichen.

Die nachfolgende höhere Warnstufe habe dann zu einem differenzierten Vorgehen geführt: Die schon in Ägypten angekommenen Urlauber sollten ruhig ihre turnusmäßige Heimreise abwarten dürfen. Dagegen sollen erst einmal keine weiteren Urlauber eingeflogen werden. "Denn wir wissen nicht, wie es weiter geht, und deshalb lässt sich nicht ausschließen, dass es zu Versorgungsengpässen kommt", sagt Zech.

Auch diese Einschätzung stammt vom Auswärtigen Amt. Das musste sich den Vorwurf anhören, mit den Warnungen zu zögerlich umzugehen. Es wurde gemutmaßt, die Diplomaten scheuten Konsequenzen, die die Ausrufung der höchsten Warnstufe nach sich zögen. Deshalb hätten sie nicht vor Reisen nach Ägypten formal gewarnt.

Ein Bezug zu offiziellen "Reisewarnungen" findet sich jedoch lediglich im Kleingedruckten einiger Auslandskrankenversicherungen. Sie stellen nach solchen formalen Warnungen die Leistungen dann ein, wenn die Reisenden Aufforderungen, das Land zu verlassen, trotz Gelegenheit nicht nachkommen. Tatsächlich muss niemand den Empfehlungen des Außenamtes folgen. Vorsichtshalber machen die Diplomaten aber darauf aufmerksam, dass der konsularische Schutz, der im Falle eines Falles nötig wird, durchaus kostenpflichtig sein kann.

Die Länderspezialisten des Auswärtigen Amtes oder — wie im Fall Ägyptens — die Experten im Krisenstab entscheiden darüber, ob es bei einfachen "Reisehinweisen" bleibt, ob durch zusätzliche "Sicherheitshinweise" besondere Risiken aufgeführt werden oder ob zum schärfsten Schwert, dem "Warnhinweis" gegriffen wird. Der ist vor allem solchen Ländern vorbehalten, in denen die staatliche Ordnung nicht mehr funktioniert und die Gefahr, Opfer von Anschlägen, Überfällen oder Entführungen zu werden, hinter jeder Ecke lauert.

Die Informationen kommen unter anderem von den deutschen Botschaften und anderen "Quellen" und spiegeln damit letztlich auch geheimdienstliche Erkenntnisse wieder. Das Auswärtige Amt rät allen Reisenden, vor dem Start der Tour alle Hinweise gründlich zu studieren. Denn auch außerhalb von Aufruhr und Zusammenbruch sollten Touristen sich bewusst sein, dass schon ein Kuss in der Öffentlichkeit zur Festnahme führen kann, dass Homosexualität und Drogenbesitz in manchen Ländern mit der Todesstrafe bedroht sind.

Unabhängig davon versuchen die Diplomaten aktuell in Ägypten, vorzeitige Rückreisen zu koordinieren, wenn Touristen das wünschen. Deshalb ist das Außenamt auch im Kontakt mit Lufthansa, Air Berlin und Condor. Und für dringende Notfälle hat auch der Krisenstab in Berlin eine Hotline eingerichtet: 0049 30 5000 3000.

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