Messe ITB Städtereisen - Antworten rund um den beliebten Urlaubstrend

Berlin · Berlin, London, Paris - die Touristen stürmen die Städte. Ein Wochenendtrip in eine große Metropole ist bei vielen eine beliebte Auszeit vom Alltag, mit allerlei Erlebnispotenzial. Der große Vorteil: Selbst buchen ist heute einfach wie nie.

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Städte sind im Kommen. Und das gilt nicht nur in Bezug auf Touristen. "Da gibt es einen Megatrend zugunsten der Städte, der nicht nur mit Tourismus zu tun hat", sagt Prof. Roland Conrady von der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft anlässlich der Reisemesse ITB in Berlin (noch bis 13. März). Unter anderem spiele das Thema Landflucht in diesen Megatrend hinein. Städte hätten viel Atmosphäre, erklärt Conrady. Der Anteil der Städtereisen an allen Freizeitreisen sei nicht zuletzt deshalb permanent gestiegen, erklärt der Experte. Laut Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) gab es 2015 insgesamt 31,7 Millionen Kurzurlaubsreisende in Deutschland.

Wie laufen die Buchungen?

Im Deutschlandtourismus sind Städtereisen der Gewinner, erzählt Sarah Lopau vom Deutschen Tourismusverband (DTV). Für Frank Götze, Leiter des Bereichs Kurzreisen bei Dertour, ist das Städtereisen-Segment sogar "der absolute Burner". Der entsprechende Katalog sei einer der umsatzstärksten Kataloge bei Dertour. Apropos Umsatz: Im Gegensatz zu anderen Segmenten, die aktuell Rückgänge verzeichnen, liegen Städtereisen bei Dertour auf Vorjahresniveau. Aktuelle Entwicklungen wie die Anschläge in Paris machten die Kunden 2016 etwas zögerlich. Bei Paris und Istanbul überlegten die Urlauber derzeit dreimal, ob sie dieses Jahr dort hinfahren. "Direkt nach den Anschlägen sind die Buchungen zurückgegangen, seit Kurzem merken wir aber, dass die Nachfrage gerade für Paris wieder anzieht."

Ameropa-Reisen verzeichnet ein hohes einstelliges Plus im Städtesegment, sagt Geschäftsführer Kai de Graaff. Trotzdem hat auch das Tochter-Unternehmen der Deutschen Bahn die aktuellen Brennpunkte zu spüren bekommen: Die Anschläge von Paris, die Sperrungen von Brüssel - "das haben wir stark gemerkt".

Generell machen viele Deutsche heute häufiger und kürzer Urlaub, sagt Lopau. Die große Urlaubsreise habe sich verkürzt, statt drei Wochen im Jahr fahren viele eher rund zwei Wochen weg - und haben dann noch mehr Urlaubstage für Kurzreisen übrig. "Und in der Regel sind die Städte gut erreichbar." Dazu kommt die große Angebotsdichte in der Stadt: Frank Götze nennt das Kulturinteresse als Motivation für den Städtetrip. Shopping und Wellness sind weitere Gründe.

Bei Dertour liegt Hamburg auf dem ersten Platz der beliebtesten Städte, danach folgen Berlin, London, München und Barcelona. Ameropa hat einen Deutschland-Fokus bei den Städtereisen. Besonders gut nachgefragt - neben den Metropolen wie Hamburg, Berlin, München, Frankfurt und Köln - sind auch kleinere Städte wie Fulda, Freiburg, Trier, Würzburg, Kassel, Erfurt und Bamberg. Von den Übernachtungszahlen stand 2014 nach einer Analyse des DTV Berlin mit einem Plus von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr an der Spitze, gefolgt von München und Hamburg.

Den Trend kann man bei Thomas Cook bestätigen: "Zu den Spitzenreitern gehören Hamburg, das in diesem Jahr mit zwei neuen Musicals lockt, und Berlin", erklärt Heidrun Steidle, die sich bei dem Veranstalter um das Segment kümmert. Tui verzeichnet aktuell starke Zuwächse für Stockholm, Barcelona, Prag, Lissabon, Venedig und für die polnischen Städte, allen voran Breslau als Kulturhauptstadt.

Hat sich das Buchungsverhalten geändert?

Zum einen wird heute kurzfristiger gebucht. Das liege auch daran, dass die Menschen nicht mehr so gut weit im Voraus planen können, erklärt Prof. Conrady. Und: "Man hat gelernt, dass man kurzfristige Schnäppchen kriegen kann." Natürlich spiele auch die angespannte Sicherheitslage in das Buchungsverhalten hinein: "Ich warte lieber ab, ob da etwas passieren könnte." Und meistens muss man sich auch keine Gedanken machen, keine Unterkunft mehr zu finden. "Deshalb haben die Menschen da keine Scheu mehr, kurzfristig zu buchen", sagt Conrady.

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Dank zahlreicher Internetportale ist das Buchen einer Städtereise heute außerdem sehr einfach. Es gibt wenig Hürden, sagt Prof. Conrady. Bei einigen Onlineportalen wird schon passend vorpaketiert: Flug und Hotel lassen sich als Kombi buchen, etwa bei der Reisesuchmaschine Kayak. Von deutschen Urlaubern wird das gut angenommen: "Wenn wir auf unsere anderen Märkte schauen, fällt durchaus auf, dass die Deutschen besonders häufig die "Flug + Hotel"-Suche nutzen", stellt Jan Valentin fest, Geschäftsführer Kayak Europe.

Manchmal steckt aber noch eine andere Motivation als der Preis dahinter, sich Anreise und Unterkunft für den Städtetrip selbst zusammenzusuchen. Denn über das Komplettangebot beim Veranstalter ist es in der Regel nicht möglich, in Privatunterkünften zu übernachten, etwa über Couchsurfing oder Airbnb. Das wünschen sich einige Urlauber aber. "Die Sharing-Angebote befördern den Städtetourismus noch mehr", stellt Conrady sogar fest.

Die Veranstalter planen derzeit aber nicht, ihr Angebot entsprechend auszuweiten. Zum einen wegen der Sicherheitsfrage. "Jedes Hotel hat immer stärkere Sicherheitsvorkehrungen", sagt de Graaff. Diese gelten für Privatunterkünfte nicht. Bei Dertour überlegt man sich derweil, wie man den Wunsch des Kunden, mit Einheimischen stärker in Kontakt zu treten, besser entgegenkommen kann. So diskutiere man etwa über Möglichkeiten wie privates Dining, erzählt Götze - wo die lokale Küche im familiären Umfeld getestet werden kann.

Welchen Vorteil bieten mir eigentlich noch Veranstalter?

Wenn das Selberbuchen mittlerweile so einfach geworden ist, fragt man sich natürlich, welche Vorteile die Buchung über den Veranstalter überhaupt noch hat. Vor allem ist da der Sicherheitsaspekt: Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, kümmere sich der Veranstalter, nennt Conrady ein Beispiel. Aber: Die Flugpreise sind mittlerweile oft so niedrig, dass man den Flug im Notfall auch einfach verfallen lassen kann, selbst wenn man kein Geld zurück bekommt. Davon gehe die Welt nicht mehr unter, sagt Conrady.

(dpa)
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