Zentralasien Usbekistan: Eintauchen in eine fremde Welt

Samarkand (rpo). Im Süden grenzt Usbekistan - in Zentralasien gelegen - an Afghanistan. Auch Usbekistan ist islamisch geprägt, allerdings nicht in Form des Fanatismus der Taliban. Wer Usbekistan bereist, darf in erster Linie in eine fremde Welt eintauchen. Vom "Zauber des Orients" ist indes nicht in allen Städten viel zu spüren.

Impressionen aus Usbekistan
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Foto: gms

Die Ernüchterung beginnt schon nach der Ankunft in der sowjetisch geprägten Hauptstadt Taschkent, die 1966 fast ganz durch ein Erdbeben zerstört wurde. Wenige alte Bauten sind erhalten. Auf den breiten, mit Platanen bestandenen Boulevards sucht man vergeblich nach Menschen in den traditionellen Trachten der vielen Nomadenvölker, aus denen sich das 25-Millionen-Volk der Usbeken zusammensetzt.

Erst auf dem Basar im 300 Kilometer entfernten Samarkand entfaltet sich die Vielfarbigkeit, wie sie aus Fotobänden bekannt ist. Die Frauenkleider sind ein Cocktail von leuchtendem Rot, Blau und Grün, oft in großen Rosenmustern. Die Samtkleidung ist jedoch oft aus Synthetik - ein Widersinn in einem Land, das zu den größten Baumwoll- und Seidenproduzenten der Welt gehört. Wenige ältere Männer tragen noch die traditionellen weißen Bärte und bestickten Kopfkappen. Völlig fehlen verschleierte Frauen: Gut 70 Jahre Kommunismus von 1920 bis 1991 haben das religiöse Leben so gut wie ausgelöscht.

Zwar bekennt sich die Mehrheit der Bewohner Usbekistans formell zum Islam, aber nur wenige praktizieren ihn. Von einer angeblichen Re-Islamisierung in dem Land, das im Süden an Afghanistan grenzt, ist für Besucher kaum etwas zu spüren. Fanatismus wie bei den Taliban scheint diesen ruhigen, zurückhaltend-freundlichen Menschen fremd. In den großen Moscheen mit ihren türkisblauen Kuppeln und den Dutzenden von früheren Koranschulen, den Medresen, blüht heute anstelle religiösen Lebens der Handel: Hier werden Kunsthandwerk, Schmuck, Seidenschals und Teppiche für die Touristen verkauft.

Größte Moschee Zentralasiens

Vom Basar der 2700 Jahre alten Stadt Samarkand steigt der Rauch der Schaschlik-Grills zur größten Moschee Zentralasiens auf. Der Gewaltherrscher Timur ließ sie für seine Lieblingsfrau Bibi Chanum um das Jahr 1400 errichten ließ. Wie fast alle Gebäude aus dieser Periode in Usbekistan wirkt sie wie neu. Schon zu Sowjetzeiten begann in den siebziger Jahren ein großes Restaurierungsprogramm. Die Tonziegel sind neugebrannt, die Glasur ist frisch. Noch hat sie keine Patina überzogen.

Timur hatte sein Großreich von den Dardanellen bis Delhi in wenigen Jahren erobert, und in der gleichen Eile ließ er seine Prachtbauten aus dem Steppenboden stampfen. Oft fehlte es seinen Architekten aber an den nötigen Statikkenntnissen und auch an geeigneten Baumaterialien. Schon zu Timurs Lebenszeit begannen Minarette und Kuppeln einzustürzen, Erdbeben zerstörten später den Rest.

Aus den Ruinen wurden die Bauten jetzt rekonstruiert. Aber kaum vollendet, fallen an vielen Stellen bereits Kacheln und Glasur, die nie die alte Leuchtkraft erreichen, wieder ab. Der Boden des Wüsten- und Steppenstaates Usbekistan ist extrem versalzen, und die Tonziegel müssten lange gewässert werden, um das Salz herauszulösen. Da dies versäumt wurde, lassen Salze die Glasur abplatzen. Erst jetzt fängt man an, westliche Restaurierungsmethoden zu verwirklichen.

Islamische Architektur liegt abseits

Während etwa in Marokko die alten Monumente in einem Gewirr von Souks und Basaren eingebettet sind, zu jeder Tageszeit umwogt von geschäftigen Menschenmassen, liegen die grandiosen Bauwerke von Samarkand und Buchara isoliert in großen, teilweise baumbestandenen Flächen - es ist islamische Architektur ohne islamisches Leben. Die Bevölkerung wurde in benachbarte Stadtteile umgesiedelt.

Ganz besonders ist dies in der Oasenstadt Chiwa im Norden des Landes der Fall. Die Stadtmauer schließt Moscheen, Medresen, Minarette, Paläste und eine große Zitadelle ein. Diesmal stammen die Werke aber nicht aus der Zeit Timurs, sondern sind erst 200 Jahre alt. Die Stadt ohne Einwohner gleicht einem Freilichtmuseum. Alles ist frisch renoviert, nur sind hier die Glasziegel und Majoliken bunter und gemusterter. Die rund 60 000 Einwohner leben außerhalb der Mauern. Haben sich die Touristen verlaufen, so sind die Straßen und Plätze ausgestorben, kein Muezzin ruft von den Minaretten, die zur Zeit der Karawanen als "Leuchttürme" für die Wüstenreisenden dienten.

Wüste und Steppe

70 Prozent Usbekistans sind Wüste oder Steppe. Nur wo künstlich bewässert wird, blüht die Landwirtschaft. Scheinbar endlos dehnen sich die Baumwollfelder, die fast ganz per Hand abgeerntet werden. Usbekistan ist auch ein Obstgarten: Äpfel, Birnen, Quitten, Weintrauben, Granatäpfel gibt es im Überfluss, aber wegen des extremen Kontinentalklimas wachsen keine Orangen und Oliven.

In der jüngsten Vergangenheit hat es auch in Usbekistan Attentate islamischer Extremisten gegeben. Das autoritär regierende Regime des Ex-Kommunisten Islam Karimow bekämpft zwar religiösen Radikalismus, es hat das Land aber nicht in Belagerungszustand versetzt. Zwar gibt es auf den Überlandstraßen und Flussübergängen regelmäßig Kontrollen. Urlauberbusse werden aber durchgewinkt. Auch die großen internationalen Hotels werden nicht sichtbar extra bewacht. Afghanistan mit Taliban und Terrorismus scheint weit entfernt.

Info

Anreise: Uzbekistan Airways fliegt viermal pro Woche von Frankfurt/Main nonstop nach Taschkent.

Formalitäten: Deutsche Staatsbürger brauchen ein Visum, das beantragt werden kann bei der Konsularabteilung der Botschaft der Republik Usbekistan, Perleberger Straße 62, 10559 Berlin (Tel.: 030/39 40 98 24, Fax: 030/39 40 98 21, Internet: www.uzbekistan.de).

Klima und Reisezeit: Kontinentalklima mit einem heißen Sommer und kaltem Winter. Von November bis April/Mai regnet es häufig. Die besten Reisezeiten sind der Frühling und der Herbst.

(gms)
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