Flughafen Was passiert eigentlich mit verlorenem Gepäck?

Frankfurt/Main · Ein Reisender nach dem anderen zieht seinen Koffer vom Band, nur das eigene Gepäckstück will einfach nicht auftauchen.

Der Urlaub könnte kaum schlechter beginnen: Man ist heil am Zielort gelandet, doch das Gepäck ist erst einmal verschollen. Was bei einem Shoppingtrip vielleicht zu verschmerzen ist, wird bei Trekkingreisen, Safaris oder Kreuzfahrten schnell zum echten Hindernis. Denn wie soll man ohne Rucksack und Bergschuhe einen Dreitausender besteigen? Und wie kommt man zum Captains Dinner, wenn die Abendgarderobe irgendwo in den Weiten der Gepäckabfertigung feststeckt?

"Reisende, die ohne Gepäck am Urlaubsort ankommen, können im Rahmen der Haftungsgrundlagen Ersatzanschaffungen tätigen", erklärt Sandra Kraft, Pressesprecherin der Lufthansa. Wer Ersatzkleidung oder Toilettenartikel kauft, bekommt die Kosten dafür von der Airline erstattet. Das ist im sogenannten Montrealer Übereinkommen geregelt. Wichtig zu wissen: Die Höchstgrenze für solche Einkäufe liegt bei rund 1300 Euro. Und: Es gilt der Schadensminderungsgrundsatz. Das heißt: Die Airlines erwarten, dass ihre Fluggäste die Anschaffungskosten so gering wie möglich halten.

Dazu gehört auch, zu begründen, warum man die Artikel gekauft hat, erklärt Eva Klaar von der Verbraucherzentrale Berlin. "Die meisten Probleme entstehen, weil die Leute nicht richtig begründen, wofür sie den Schadenersatz wollen", berichtet die Verbraucherschützerin. Bei Zahnbürste, Handtuch oder Unterhose fällt die Begründung noch leicht, wenn man zwei Tage auf sein Gepäck warten musste. Wer aber teure Wanderstiefel anschafft, muss nachweisen, dass er im Reiseland zum Beispiel im Gebirge unterwegs war und deshalb auf gutes Schuhwerk angewiesen war.

Um die Schadenersatzansprüche geltend zu machen, sollten Fluggäste unbedingt alle Belege aufbewahren. Wenn sie keine erhalten haben, zum Beispiel beim Einkauf auf Straßenmärkten, müssen sie bei der Airline später trotzdem den Kaufpreis angeben können. "Den fehlenden Beleg kann man dann auch damit begründen, dass man auf einem Markt eingekauft hat, um die Kosten gering zu halten", erklärt Klaar. Wer sein Gepäck möglichst schnell zurückhaben möchte, sollte den Verlust direkt am Flughafen melden. Denn wer das Gelände einmal verlassen hat, muss nachweisen, dass der Koffer wirklich während der Flugreise verloren ging.

Für die Schadens- oder Verlustmeldung gibt es am Flughafen die Lost & Found-Schalter beziehungsweise die Gepäckermittlung. "Zuerst schließen wir aus, ob das Gepäck nicht bereits für einen Weiterflug durchabgefertigt wurde oder dass es sich um Sperrgepäck handelt", erklärt Christina Koch, Betriebsleiterin bei der Gepäckermittlung am Frankfurter Flughafen. Dann wird anhand des Gepäckabschnitts, den der Kunde beim Einchecken zusammen mit dem Bordticket erhalten hat, das Gepäckstück ermittelt. Dabei hilft ein digitales Suchsystem, an das weltweit rund 2800 Airports angeschlossen sind. Wenn der Koffer innerhalb von sieben Tagen nicht aufgetaucht ist, wird die Suche an die Airline übergeben.

Die organisiert dann auch den Transport an den Reiseort, zum Beispiel über Zustelldienste oder per Auto. "Die meisten Gepäckstücke werden innerhalb von zwei bis drei Tagen gefunden", berichtet Koch von ihren Erfahrungen. Laut Zahlen des Lufttransport-IT-Unternehmens SITA lag die durchschnittliche Zustelldauer 2014 sogar nur bei 1,6 Tagen. Insgesamt gehen von 1000 Gepäckstücken 7,3 verloren, werden beschädigt oder kommen verspätet an. Rund 1,3 Millionen Koffer tauchten 2014 gar nicht wieder auf.

In diesem Fall ersetzt die Airline den Wert des Gepäcks mit maximal rund 1300 Euro. Reisende mit wertvollerem Gepäck sollten dieses vorher extra versichern, rät Klaar. Außerdem muss die Airline immer schriftlich über vermisste oder beschädigte Gepäckstücke informiert werden, zum Beispiel, indem man das Protokoll vom Lost & Found-Schalter einreicht.

Falls Passagiere den Gepäckabschnitt ihres Koffers nicht mehr finden, erfolgt die Suche über die Beschreibung des Gepäckstücks. Auch auffällige Merkmale wie Bänder und Aufkleber, Namensschilder oder der genaue Inhalt helfen weiter, erklärt Flughafenmitarbeiterin Koch. Diese Merkmale werden in das Suchsystem eingegeben und mit gestrandeten Koffern auf anderen Flughäfen verglichen. Da beim Transport manchmal auch die Gepäckabschnitte am Koffer selbst abreißen, kennzeichnen Fluggäste ihr Gepäck am besten mit Namen und Adresse.

Auch eine Inventarliste des Inhalts hilft, um den Koffer im Nachhinein zweifelsfrei zuordnen zu können. Neben abgerissenen Gepäckabschnitten können Störungen der Gepäckförderanlage oder des EDV-Systems, fehlende Daten, Personalengpässe oder Verladefehler Gründe für verspätetes Gepäck sein. Am häufigsten werden Gepäckstücke aber nach dem Umsteigen auf einen Anschlussflug vermisst.

Im Rahmen von Pauschalreisen stehen Kunden außerdem Entschädigungen vom Reiseveranstalter zu. Wenn der Gepäckverlust den Reiseablauf stört oder wenn die Urlaubszeit für Noteinkäufe draufgeht, können 20 bis 25 Prozent des Tagesreisepreises zurückgefordert werden, erklärt Klaar. Wem der Koffer dagegen auf der Heimreise flöten geht, hat wenig Anspruch auf Schadenersatz: "Man muss davon ausgehen, dass der Kunde an seinem Heimatort noch über Gegenstände des täglichen Bedarfs verfügt", erklärt Lufthansa-Sprecherin Kraft.

(dpa)
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