Klare Seen und Glaskunst in Südschweden Småland — Natur und Kunst für ein eigenes Bilderbuch

Älmhult · Hätte Pippi Langstrumpf wirklich gelebt, wäre sie in Småland zu Hause. In einem der verwinkelten Dörfer zwischen klaren Seen und ursprünglichen Wäldern. Hier wirken Natur und Kunst wie ineinander verschmolzen. Schweden wie aus einem Bilderbuch.

Småland – aus Wasser und Kristall
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Småland – aus Wasser und Kristall

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Foto: Tomas Magnusson

Die bekannte Kinderbuchautorin Astrid Lindgren, der Möbeldesigner Bruno Matthson und auch Ingvar Kamprad, der Gründer des Möbelriesen IKEA — sie alle haben in Småland ihre Wurzeln. Vielleicht ist es kein Zufall, dass diese Provinz im Süden Schwedens so viele Gestalter hervorbringt, denn hier kann man in Sachen Inspiration aus dem Vollen schöpfen. Glasklare Seen, Moore, ursprüngliche Wälder, pittoreske Dörfer und sich ewig windende Feldwege, so als hörte die Natur hier niemals auf.

90 Naturreservate zählt die Provinz

Småland ist für seine wilde Schönheit und Urtümlichkeit bekannt. Nicht umsonst zählt es bei deutschen Urlaubern zu den beliebtesten schwedischen Regionen. Besonders, wer gerne im Outdoor-Outfit Touren plant, ist hier richtig. Denn er hat unendliche Möglichkeiten. Viel unberührte Natur, Inseln und 90 Naturreservate warten im "kleinen Land", wie es wörtlich übersetzt heißt. Irreführend ist das. Mit einer Fläche von 32.076 Quadratkilometern ist es beinahe so groß wie Nordrhein-Westfalen und gehört zu den größten Provinzen Schwedens.

Vor allem die Reservate Store Mosse, Dumme Mosse und Skurugata sind beliebte Ausflugsziele. Als größtes Schutzgebiet südlich Lapplands gilt Store Mosse, was so viel heißt wie "großes Moor". Die mächtigste aller dieser Urlandschaften ist bis heute kaum vom Menschen beeinflusst. Flugsanddünen bieten ein besonderes Naturschauspiel. Vorsicht sollte man walten lassen, bevor man eine Grünfläche betritt, denn es könnte eine auf dem Wasser schwimmende Decke aus Mosen sein, die als Schwingrasen ebenfalls im Reservat zu finden ist. In Begleitung eines Führers kann man dort Wanderungen mit Schneeschuhen übers Moor unternehmen. Von drei Aussichtstürmen aus lassen sich die vielen Vögel, die hier brüten oder Rast machen, gut beobachten.

Möbeldesign weit weg von Massenmöbeln

Wer sich an der Natur vorerst satt gesehen hat, der findet in Småland ein schweres kulturelles Gegengewicht. Denn bis heute ist die Provinz kreativer Vorreiter in vielen Bereichen. Glaskunst und Möbeldesign prägen die Gegend. Nicht nur Schwedens "Billy-Regale", sondern ausgefallene Stücke aus Smålands hohen Wäldern. Schon seit den 1930ern liegt das so genannte "Möbelreich" als kreatives und produktives Zentrum zwischen Värnamo und Älmhult. "Möbelreich" ist der Sammelbegriff für das Gebiet rund um das Städtchen Lammhult. Weltberühmte Möbeldesigngrößen wie Svenssons, Bruno Mathsson International, Källemo, Abstracta und andere angesiedelt.

Vollkommen anders funktionieren hingegen die konfektionierten Möbelklassiker, deren ersten Auflagen man auf deren Spuren man ersten IKEA in Älmhult besuchen kann. Das scheint so weit weg von der abwechslungsreichen Naturidylle, die Schweden zu bieten hat. Wer ein Buch von Astrid Lindgren mit ins Reisegepäck steckt, der kommt vom modernen Design schnell wieder zu tiefen Wäldern und einem von über 5.000 klaren Seen. Die Kulissen aus Bullerbü oder die kleinen Dörfchen und roten Holzhäuser in denen Michel, Madita und andere Astrid Lindgren-Figuren gelebt haben, werden wie zum Leben erweckt.

Hier wird Pippi lebendig

Wahrhaftig zum Leben erweckt hat man die Charaktere aus Kindertagen in Astrid Lindgrens Welt in ihrer Geburtsstadt Vimmerby. Jeder kann ihnen in dem 1981 eröffneten Park begegnen. Rund 450.000 Besucher tun das in jedem Jahr. Eine der Attraktionen dürfte Pippis gelbe Villa Kunterbunt sein, um die man dann und wann auch einmal die beiden bösen Diebe Blom und Donner-Karl schleichen sieht. Was Lindgrens Welt positiv von anderen Freizeitstätten unterscheidet: Pommes und Hamburger sucht man vergeblich. Stattdessen gibt es Småländische Hausmannskost. Die kommen frisch zubereitet von Lieferanten aus der Region und bieten so den Besuchern auch einen kulinarischen Eindruck vom Ferienland.

Bei Kindern sehr beliebt ist auch der Besuch eines Elchparks, von denen es gleich mehrere in Småland gibt. Dazu zählen der Grönåsens Elchpark, der Laganland Elchpark und der Elchsafari Drive-In Smålandet in Markaryd. Natürlich kann man den Elchen auch in freier Wildbahn begegnen, aber vielleicht will man es lieber nicht. Vor allem dann nicht, wenn man klar hat, dass die größte Hirschart der Welt ganze 800 Kilo auf die Waage bringt. Jeden Tag passieren auf den Straßen des Landes rund 15 Unfälle, in die die botten Tiere verwickelt sind. Es scheint, als habe man sich in Småland darauf vorbereitet, solch unerwartete Zusammenstöße zu vermeiden und eigens dafür Elchparks geschaffen. Besucher erleben an diesen Orten die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, können sehen, wie Elchfamilien im Mai oder Juni mit ihren Jungtieren ums Wasser stromern.

Ein Reich aus Glas

Der Wechsel von Natur und Kultur muss jetzt nicht zu Ende sein. Perfekt enden kann eine solche Reise im Glasreich. Umgeben von Kiefern- und Fichtenwald liegt dort Schwedens erstes Glashotel "Kosta Boda". 2009 öffnete es und bietet schon von außen betrachtet einen Eindruck von dem Können der Glaskünstler: Eine Außenfassade aus beleuchteten Kunstwerken aus dieser klaren Materie. Die Hotelbar zeigt sich äußerlich in Wellen — hundert Tonnen Glas wurden hier in Installationen, Alltagsgegenständen und Skulpturen verarbeitet. Im so genannten "Glasreich" (Glasriket) kann man die künstlerische Arbeit mit Glas live erleben. In einem Umkreis von 80 Kilometern gibt es 15 traditionsreiche Glashütten zu entdecken, die sich auf die vier Städte Emmaboda, Lessebo, Nybro und Uppvidinge verteilen. Hier schlägt das Herz des schwedischen Glasdesigns, das mit so bekannten Namen wie Orrefors und Kosta Boda Weltruhm erlangt hat. Besucher haben hier nicht nur die Möglichkeit, im Fabrikverkauf richtige Schnäppchen zu machen und außergewöhnliche Glaserzeugnisse mit nach Hause zu nehmen, sondern sie können den Glasbläsern auch bei ihrer Arbeit über die Schulter sehen oder sich auch einmal selbst beim Glasblasen versuchen.

Das bedeutendste Kunstwerk des Glasreichs befindet sich nur wenige Kilometer vom "Glasreich" entfernt in der Domkirche in Växjö: Ein über vier Meter hoher Altar aus Glas, den der Künstler Bertil Vallien in verschiedenen Farben und Erscheinungsformen erschaffen hat. Nach so vielen Eindrücken lässt sich dort das Bilderbuch schließen, um ein eigenes zu machen mit tausenden beeindruckenden Fotos von der Kunst und Wirklichkeit Smålands.

(wat)
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