Dolce Vita bei Risotto und Wein Tessin: Wandern im Centovalli

Locarno (rpo). Das Tor zum Süden, wie das Tessin auch genannt wird, hat viel zu bieten. Auf der einen Seite la Dolce Vita mit Sonne, Palmen und Palazzi am Lago Maggiore und am Luganer See, in den Städten Locarno und Lugano. Auf der anderen Seite ein traumhafte Gebirgslandschaft gespikt durch kleine gemütliche Bergdörfer, die zum Wandern einlädt.

Natur und Dolce Vita im Tessin
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Foto: swiss-image.ch/T. Krüger/ddp

Doch das "Ticino" hat seinen eigenen Charakter. Das liegt vor allem an den Schweizern, die eben keine Italiener sind - sie reden leiser, sie gestikulieren weniger, sie nehmen alles ein wenig genauer. Ohne jedoch dabei auf das Dolce Vita zu verzichten.

Vom Trubel des Lago Maggiore ist in den Bergdörfern Centovalli und Onsernonetal westlich von Locarno nichts zu spüren. Nur knapp zehn Kilometer hinter Locarnos Stadtgrenze, in Cavigliano, führt eine Straße in die Abgeschiedenheit des Onsernonetals. In engen Serpentinen windet sie sich durch das Tal, vorbei an steilen Abgründen, üppigen Kastanienwäldern und Dörfern, die wie farbenfrohe Schwalbennester an den sonnigen Hängen kleben.

Eine andere Welt, in die sich neben den typischen Tessiner Steinhäusern auch der eine oder andere Palazzo verirrt hat: Loco, Russo, Berzona, Comologno - alle laden zu einem Spaziergang durch die engen Gassen ein.

Vom Tal hinauf in die alpine Bergwelt

Je weiter man in das Onsernonetal hineinfährt, desto höher werden die Berge. Ganz hinten im Tal liegt Spruga - eher ein Weiler, als ein Dorf - Startpunkt für eine Wanderung hinauf in die alpine Bergwelt der Alpe Salei.

Für alle, die den anstrengenden Aufstieg scheuen, gibt es eine schöne Alternative: Einfach kurz hinter Russo in das schmale Vergelettotal abbiegen. Dort geht es von Zott aus mit der Funivia, der Bergbahn, hinauf auf 1777 Meter, direkt zur bewirtschafteten Hütte der Alpe Salei - ein schöner Ort, um sich vor oder nach der Wanderung zu stärken.

Es ist sehr ruhig, nur hier und da ein Zirpen, ein Zwitschern, das Rauschen des Windes. Die kleine Bergbahn hat zwei Gondeln - Massen werden daher nicht zur Alpe Salei hinauftransportiert. Weiter geht es zum einsamen Gipfel des Pilone. Über nach Bergkräutern duftende Wiesen, vorbei am idyllischen Lago dei Salei, zum Grat, der Wanderer hinauf auf 2192 Meter bringt - etwas Trittsicherheit vorausgesetzt.

Vesper zwischen Schweiz und Italien

Dort markiert eine geschichtete Steinsäule nicht nur den höchsten Punkt, sondern auch den Grenzverlauf zwischen der Schweiz und Italien. Dies ist der richtige Platz, um die Vesper auspacken und die grandiose Aussicht zu genießen.

Wenn die Sonne untergeht, ist auch in den Tälern Zeit für ein wenig Dolce Vita. Bei einem Glas Wein und einem guten Essen den Tag ausklingen lassen - das hat auch hier Tradition. Vor allem das Centovalli bietet dafür viele Gelegenheiten. Wer es einfach mag, geht in ein Grotto.

Früher waren dies Felsenkeller oder Höhlen, in denen Bauern ihre eigenen Produkte zubereiteten. Heute sind es kleine Lokale, in denen Schinken, Bergkäse, das traditionelle Arme-Leute-Essen Polenta, Risotto und etwas Fleisch serviert werden - kleine Auswahl, großer Genuss.

Doch der Übergang zur Osteria ist fließend, es gibt kaum noch Unterschiede. So oder so, bei den beliebtesten geht nichts ohne Reservierung. Wie in der kleinen Osteria Ticinese in Golino, wo zwei heiß begehrte warme Gerichte zur Auswahl stehen oder im Grotto di Rii in Intragna, in dem Signore Knüttel seine beliebten Forellen mit Salbei kocht.

Risotto und Wein am Abend

Etwas schicker und das - wie viele sagen - allerbeste Risotto isst man im Ristorante Centovalli in Ponte Brolla. Stundenlang am besten, bei einem guten Tessiner Wein über die Welt sinnierend. Damit kann man Abende verbringen. Doch die Tage gehören der Natur.

Das Centovalli ist bekannter als das Onsernonetal - vor allem als Wanderparadies. Hier braucht man kein Auto, es gibt ja die Centovalli-Bahn, die Locarno mit Domodossola in Italien verbindet. Eine abenteuerliche Fahrt über 83 Brücken, durch 31 Tunnel, die rund 600 Höhenmeter überwindet und eindrucksvolle Ausblicke bietet.

Das Centovalli, das Tal der hundert Täler, war bis ins 20. Jahrhundert nur bedingt erschlossen. Zu steil und schroff waren manche Passagen, zu unberechenbar der Fluss Melezza, der sich tief in das Tal eingegraben hat. Vor allem deswegen verliefen Wege selten im Talgrund sondern als Saumpfade an den Hängen. Wir Wanderer von heute danken es. Denn viele dieser alten Pfade sind als Wanderwege wieder hergerichtet worden.

Tour durch Esskastanienwälder

Sehr empfehlenswert ist eine Tour entlang des sonnigen Nordhangs, die in Intragna startet. Das Dorf wirkt wie ein kleines Städtchen und begrüßt den Besucher am Eingang des Tales mit dem imposanten Campanile, dem mit 65 Metern höchsten Kirchturm des Tessins. Von hier fährt man entweder mit der kleinen Bedarfs-Bergbahn zum Dörfchen Pila hinauf, oder wandert die - recht steilen - 400 Meter durch Esskastanienwälder selbst nach oben. Besonders schön ist dann der Weg über Calascio: Hier gibt es einen wunderbaren Ausblick hinüber ins Onsernonetal.

Je nach Fitness kann man ganz bis nach Camedo weiterwandern oder vom Monte di Comino mit der kleinen Bergbahn nach Verdasio hinunterfahren. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite des Tals, liegt Rasa. Das Bergdorf ist nur zu Fuß oder mit einer kleinen Bergbahn zu erreichen, hier hat sich in den letzten 200 Jahren kaum etwas verändert. Ein unverfälschtes Tessiner Dorf - und vielleicht Startpunkt für die nächste Wanderung?

(afp2)
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