Wo der beste Fisch aus dem Meer kommt

Die Fischer von Furadouro pflegen ihre Tradition. Abseits des Tourismus lebt Pedro Maganinho mit seiner Familie von dem, was das Meer gerade hergibt.

Sie sind noch immer da, wollen für ewig bleiben, haben nie etwas anderes gemacht. Sie arbeiten auf dem Wasser, wohnen nur ein paar Schritte vom goldgelben Sand, auf den sie nach dem Beutezug ihr Holzboot ziehen. Die Maganinhos mit Familienoberhaupt Pedro leben seit Generationen hier, fühlen sich mit dieser Küste verheiratet, fischen nach althergebrachter Methode maximal vierhundert Meter vor den Dünen von Furadouro, vor Strandhafer und Pinienhainen. Und im Sommer vor ein paar Badetüchern.

Das Netz ist jedes Mal an Land befestigt, und Pedro Maganinho fährt mit seinem Boot einen Kreis erst hinauf auf den Atlantik, dann bald im Bogen wieder zurück, bis es im flachen Sand kurz vor dem Strand auf Grund läuft. Mit Ochsenkraft wird gleich darauf das Netz an Land gezogen - mit allem, was an Fisch und Meeresgetier dort gerade unterwegs war, im allerbesten Fall jedes Mal ein paar Dutzend Kilo Fische, Muscheln, Krebse und Oktopusse.

Das Zuhause der Maganinhos ist eine Gegend, die vom großen internationalen Tourismus bislang übersehen wurde - den Dutzenden Kilometer langen Ozean-Stränden, allen Dünen und allem Sonnenschein zum Trotz. Viel los ist hier nur im August, wenn ganz Portugal Ferien hat, wenn Urlauber da sind, Tagesbesucher vor allem den nahegelegenen Bilderbuch-Ort Costa Nova mit seinen senkrecht gestreiften Fischerhäuschen ansteuern. Von Lissabon bis nach Furadouro sind es drei Autostunden, Porto ist etwa 60 Kilometer weit weg - und beide Großstädte wirken doch, als wären sie Welten entfernt.

30 Fischerfamilien leben in Furadouro. "Es sind sogar wieder mehr geworden, seit der Wirtschaftskrise", erzählt Pedro Maganinho. "Die Leute versuchen wieder, in ihren traditionellen Berufen Fuß zu fassen." Andere hoffen auf den Tourismus, und damit der auch hier endlich anspringt, hat Furadouro gerade eine neue Promenade spendiert bekommen, ein erstes Design-Hotel hat aufgemacht und die Küstenstraße ist verkehrsberuhigt worden. Bald soll noch ein Beachclub hinzukommen, so etwas wie eine trendige Hotel-Lounge im Sand. Das könnte Fremde anlocken - vor allem aber ist es gut für Pedro und seine Familie: Ihnen gehört das Stückchen Strand, sie verpachten die Fläche für den Club, können mit dem Erlös das alte Boot ausbessern.

Was Pedro erbeutet, kommt derweil 150 Meter weiter nördlich im hölzernen Fischrestaurant auf den Teller. Sein Opa Antonio hat vor fast 30 Jahren das Restaurant auf dem Strandsand am Ortsrand gebaut. Mutter Palmira regiert in der Küche, brät, grillt, verfeinert mit Gewürzen aus dem Hinterland, serviert alles mit Zwiebeln, ein paar Oliven und hellem Brot. Ein Teil des Fangs wird jedes Mal an Fischhändler und Restaurant-Köche aus Aveiro und Costa Nova verkauft, die extra dafür hierher gefahren sind: weil sie wissen, dass es bei Leuten wie den Maganinhos bessere Ware gibt als auf dem Großmarkt - die leckersten Makrelen, die besten Atlantik-Sardinen, dazu oft auch Oktopus. Und sie wissen, dass es nichts Frischeres gibt.

Furadouro liegt auf einer nur wenige Straßenzüge breiten Landzunge, die Rückseite ist einer über zwanzig Kilometer langen Lagune zugewandt, wo vor allem Muschelfischer aktiv sind. Und gegenüber, auf dem anderen Ufer bei Aveiro, hat noch heute die portugiesische Kabeljau-Fangflotte ihre Liegeplätze. Zwölf Schiffe mit insgesamt 600 Mann Besatzung sind übrig geblieben von einstmals ein paar hundert Kähnen, die von hier aus Richtung Neufundland und Lofoten auf Fangfahrt starten. Der Leuchtturm von Aveiro bringt sie wieder nach Hause. Die Ausbeute wird noch immer gleich an Bord zerlegt und in Salz konserviert: Stockfisch - bis heute Portugals Nationalgericht. Die Region gilt deshalb auch als Bacalhau-Küste, obwohl der Kabeljau viele tausend Kilometer entfernt gefangen und hier nur angelandet wird.

"Mein Lieblingsfisch ist jeder Fisch. Ob frisch oder in Salz gelagert", erklärt Pedro, greift nach seinem Glas Sagres-Bier, nimmt eine handvoll Knabberkram aus der Tonschale auf dem Tisch, macht Feierabend für heute und muss noch dies loswerden: dass die Hochseefischerei nichts für ihn wäre. "Zu weit weg von unserem Strand, unseren Dünen, unserem Zuhause." Sein Boot ist um diese Zeit längst wieder auf den Sand gezogen, ganz hoch bis in die Dünen diesmal, weil Sturm vorhergesagt ist. Drei junge Leute fotografieren sich dort gerade gegenseitig im Sonnenuntergang. Ein paar Meter weiter grillt eine Familie im Sand, in der Ferne spielen zwei Hunde und draußen auf dem Meer ist noch ein letzter Surfer unterwegs.

(RP)
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