Wo der Wein in Maulwurfshügeln lagert

Die Region Ribera del Duero ist geprägt von Reben und Bodegas, aber auch von zahlreichen Dörfern, Burgen und Klöstern.

Die schwarze Katze hat es sich in der halb herausgezogenen obersten Schublade der Holzkommode bequem gemacht. Ausgestreckt liegt sie auf der Seite und döst vor sich hin. Dass nur ein paar Pfotenlängen über ihr eine ab und zu aufdringlich piepsende Kasse auf dem Möbelstück steht, lässt sie nicht mal müde den Kopf heben. Ganz gemütlich tippt der grauhaarige, braungebrannte Verkäufer in dem verwinkelten Laden El Rastrillo im Dörfchen Peñafiel die Preise für gut ein halbes Dutzend Flaschen Wein ein. Kräftige Rotweine aus dem Umland haben sich seine Kunden ausgesucht: Im Anbaugebiet um den Fluss Duero, durchschnittlich 800 Meter über dem Meeresspiegel, erzeugt.

Die dünn besiedelte Landschaft in der Region Kastilien-Leon ist geprägt von lehmigen Böden, grün bewachsenen Anhöhen und unterirdischen alten Weinkellern, deren Zugänge mancherorts wie viel zu groß geratene Maulwurfshügel mit eingelassenen Holztüren aus der Erde lugen. Von Reben, die an knochige Hände erinnern, von Bodegas, Burgen, Klöstern - und Dörfern wie Peñafiel. Der kleine Ort ist Teil der Provinz Valladolid. Er liegt auf der Weinroute Ribera del Duero: 115 Kilometer lang und stellenweise bis zu 35 Kilometer breit ist der Landstreifen am Flussufer, also dem "Ribera" des Duero. Auch Gemeinden der Provinzen Burgos, Segovia und Soria gehören dazu.

Das Weinmuseum in Peñafiel dokumentiert die Geschichte der Winzer, der Bodegas und der Kelterei in der Region. Untergebracht ist es in einer weißen Burg aus dem 15. Jahrhundert, die wie ein gestrandetes Schiff auf einem Hügel etwas außerhalb des Dorfkerns thront. Von dort oben ist der kleine rechteckige Marktplatz Plaza del Coso mit seinem hellen Sandboden, umgeben von Steinhäusern mit kunstvoll verzierten Holzfassaden, gut zu erkennen. Im August ist er Schauplatz eines Stierkampffestivals. Die gotische Kirche Sankt Paul steht eine Straße weiter, nebenan das Kloster, in dem noch ein paar Mönche des Ordens Passionistas leben. Der Laden El Rastrillo liegt da schon etwas versteckter.

Draußen stapeln sich die Weinkartons an der sandfarbenen Hausfassade, im Erdgeschoss stehen antike Möbel zum Verkauf, im Untergeschoss führt Inhaber Julián Mayor eine Auswahl einheimischer Weine. Die Kellerregale sind mit Flaschen im Wert von wenigen bis einigen Hundert Euro gefüllt, auf einem großen Holztisch liegen ein paar Laibe des würzigen Schafsmilchkäses Flor de la Esgueva Viejo. Es dauert nicht lange, bis Probierhäppchen und gefüllte Weingläser vor den Kunden stehen.

Auch Gustavo Calvo lässt seine Kunden in seinem Geschäft Vinoteca Malauva in Valladolid Weine probieren, dazu reicht er Cracker und Ziegenkäse. Im 15. und 16. Jahrhundert war Valladolid Hauptstadt des Königreiches Kastilien. Heute ist es Regierungssitz der autonomen Region Kastilien-Leon und zählt rund 300 000 Einwohner - Kontrastprogramm zu Peñafiel. Gustavo Calvos Vinothek sieht auch ganz anders aus als der urige Weinladen im Dorf, alles ist schicker, moderner, strukturierter. "Das Besondere an der Region sind das Klima und die extreme Vielfalt der Böden. Zwischen kaltem Winter und warmem Sommer liegen rund 30 Grad Temperaturunterschied", sagt Calvo. Die Geschichte des Landbesitzes entlang des Duero sei speziell: "Jeder hat ein Stückchen Erde. Wer pflanzt, tut das mit dem Herzen." Der Wein gelte in der Region als Kulturgut, ergänzt er und öffnet für seine Gäste eine neue Flasche.

Neben dem Rotwein, der zu 90 Prozent aus Tempranillotrauben erzeugt wird, zählt die gebratene Wurst Morcilla aus Schweineblut, Zwiebeln, Reis und Gewürzen zu den kulinarischen Spezialitäten der Region. Außerdem das Lechazo asado: im Holzofen gebratenes Milchlamm der Schafrasse Churra. Besonders gut soll es schmecken, wenn es mit der Milch zweier verschiedener Muttertiere aufgezogen worden ist, erzählen die Einheimischen. In vielen Restaurants servieren die Kellner das Lammfleisch gleich für mehrere Personen in großen Tonschalen, dazu gibt es Brot und Salat, süße, cremige Desserts - und natürlich Wein vom Ribera del Duero.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort