Zwischenstopp im Tessiner Stroh

Maggia · Das Leben in der Schweiz ist teuer. Wer auf dem Weg in den Süden dennoch eine halbwegs bezahlbare Übernachtung für seine Familie sucht, findet sie auf einem Bauernhof – zum Beispiel am Lago Maggiore.

Ponyhof Meier ist "Ferienhof des Jahres"
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Das Leben in der Schweiz ist teuer. Wer auf dem Weg in den Süden dennoch eine halbwegs bezahlbare Übernachtung für seine Familie sucht, findet sie auf einem Bauernhof — zum Beispiel am Lago Maggiore.

Val Maggia Wo ist der iPod? Irgendwo muss er doch sein. Taschen durchwühlen, in den Klamotten kramen, die Schlafsäcke wegräumen. Da blinkt etwas. Da ist er. Gottseidank! Nach dem Gute-Nacht-Hörspiel hat sich das gute Stück bis zum nächsten Morgen ins Stroh eingegraben. Wer im Stroh übernachtet, muss seine Siebensachen bei sich behalten, sonst verschwinden die Habseligkeiten wie von Geisterhand — und man muss sie suchen wie die Nadel im Heuhaufen.

Bruno Mazoni bietet Übernachtungen in seinem ehemaligen Stall an. Vier oder fünf Familien finden in dem Lager Platz. Gut einen halben Meter stark ist die Strohauflage. Damit es nicht durch den Schlafsack pikst, bekommt jeder Gast noch zusätzlich eine Decke. Trennende Wände bietet der große Raum nicht, keinen Sicht- und vor allem keinen Geräuschschutz. Wenn ein Schnarcher oder ein kleines Kind mit übernachtet, kann es unangenehm werden.

Gäste, die sich abends etwas zu essen machen möchten, können auf dem Gasherd in der Gemeinschaftsküche brutzeln. Am Morgen serviert der Hausherr ein ordentliches Frühstück: mit rustikalem Brot, selbst gemachter Marmelade und in dicken Streifen abgepacktem Käse.

Das Quartier liegt im Val Maggia, 15 Kilometer oberhalb des Lago Maggiore. Das Tal gehört zu den ruhigeren Flecken der Schweiz. Wanderer finden in die raue Landschaft und Urlauber, die sich gern ins kalte, klare Wasser des Tessiner Flusses Maggia stürzen. Oder es sind Durchreisende auf dem Weg nach Italien oder in Frankreichs südöstlichen Zipfel. Zwei Nächte Verschnaufen im Tessin — das ist ideal auf dem Weg aus dem Rheinland in die Toskana oder noch weiter. Wer den Gotthardtunnel (und den dazu gehörigen Stau) hinter sich gelassen hat, atmet am Lago Maggiore den Süden ein.

Doch die Schweiz ist teuer — nicht nur in Locarno, Ascona und Umgebung. Außer dem Sprit kostet praktisch alles deutlich mehr als in Deutschland. Der Franken nähert sich im Vergleich zum Euro immer mehr dem Kurs eins zu eins. Die Übernachtung einer fünfköpfigen Familie bei den Eidgenossen belastet das Urlaubsbudget dementsprechend dramatisch. Schon eine Übernachtung plus Frühstück in einer Jugendherberge — in früheren Jahren immer noch eine erschwingliche Alternative — schlägt beispielsweise in Lugano mit sagenhaften 185 Euro zu Buche.

Die Übernachtung im Stroh ist mit rund 80 Euro für die Familie, gemessen am geringen Komfort (es gibt nur eine Toilette und eine enge Dusche für alle Gäste), zwar nicht gerade billig. Im Vergleich zu anderen Möglichkeiten, in der Schweiz zu nächtigen, aber eine mit gerade noch beherrschbaren Preisen. Hinzu kommt, dass die Übernachtung im Stroh nach großem Abenteuer riecht.

Die Anbieter haben sich bestens organisiert. Zum Verein "Schlaf im Stroh" haben sich 170 Höfe zusammengeschlossen. Nur drei davon liegen im Kanton Tessin. Als Zwischenstation eignet sich aber auch die Region um den Vierwaldstätter See, wo gleich 30 landwirtschaftliche Betriebe mit ihren Angeboten im Katalog vertreten sind. Die Gastgeber verpflichten sich jährlich neu, die Qualitätsstandards einzuhalten.

(RP)
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