"Cat Content" und Tierschutz Weltkatzentag — Mysterium mit ernstem Hintergrund

Düsseldorf · So recht weiß keiner, wo er herkommt, offiziell gibt es ihn gar nicht, zelebriert wird er dennoch nach allen Regeln der Kunst – vor allem mit Fotos und Videos: der Weltkatzentag am 8. August.

 Vor allem zwischen Frühjahr und Spätsommer werden tausende Kätzchen auf der Straße geboren.

Vor allem zwischen Frühjahr und Spätsommer werden tausende Kätzchen auf der Straße geboren.

Foto: Anna Tyurina / Shutterstock.com

So recht weiß keiner, wo er herkommt, offiziell gibt es ihn gar nicht, zelebriert wird er dennoch nach allen Regeln der Kunst — vor allem mit Fotos und Videos: der Weltkatzentag am 8. August.

Tierschutzorganisationen werden immer wieder als Initiatoren des "Internationalen Tag der Katze" genannt, wehrten sich lange dagegen, drehten dann aber den Spieß um und nutzen den alljährlichen Fokus auf die Samtpfoten nun, um auf ihre Anliegen hinzuweisen.

Denn Katzen, das ist mehr als nur "Cat Content", also süße und lustige Bilder, Videos, Comics und GIFs im Internet. Die Wahrheit, auch in Deutschland, ist weit weniger vergnüglich. Vor allem in den Sommermonaten stoßen Tierheime wegen der sogenannten Katzenschwemme an ihre Grenzen. Nach Schätzungen von Tierschützern leben in Deutschland rund zwei Millionen Katzen auf der Straße. Ihren Nachwuchs, häufig gezeugt von nicht kastrierten Freigänger-Katzen, können sie kaum versorgen.

Streitthema Kastrationspflicht

"Immer noch lassen viele Katzenhalter, deren Katzen ins Freie dürfen, ihre Tiere nicht kastrieren. Diese zeugen weiterhin Nachkommen mit streunenden Artgenossen. Eine Katze kann zwei Mal im Jahr bis zu sechs Junge bekommen — die Zahl der Nachkommen von nur einer Katze steigt so innerhalb weniger Jahre in die Tausende", erklärt Sarah Ross, Koordinatorin des Streunerkatzen-Projekts von "Vier Pfoten" anlässlich des Weltkatzentages. "Nur mittels der Kastration aller freilaufenden Hauskatzen kann der ungezügelten Vermehrung von Streunern entgegengewirkt werden und das Katzenelend endlich ein Ende finden."

Im vergangenen Jahr mussten zahlreiche Tierheime, zum Beispiel in Duisburg und Dormagen, sogar einen Aufnahmestopp für gesunde und ausgewachsene Katzen verhängen, weil die Kapazitäten schlichtweg erschöpft waren. Seit Jahren fordert deshalb auch der Deutsche Tierschutzbund eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Katzen. "Durchschnittlich beherbergt jedes Tierheim 220 Katzen pro Jahr. Auch Fundtiere sind zumeist Katzen", erklärt der Verein auf seiner offiziellen Internetseite. Nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes haben 71 Gemeinden in NRW die Kastrationspflicht mittlerweile eingeführt, einigen Vertretern der Politik geht der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Tierhalter dagegen zu weit.

Doch das häufig elendige Leben der Streunerkatzen ist nicht der einzige "Cat Content" der ernsten Art, der Tierschützern auf der Seele brennt. Der IFAW (International Fund for Animal Welfare), den die Legende als Initiator des Weltkatzentages ausmachte, nutzte den Anlass in diesem Jahr dazu, darauf hinzuweisen, dass die Angst von vielen schwangeren Frauen, durch die Katze mit der Krankheit Toxoplasmose angesteckt zu werden, unbegründet seien.

"Der häufigste Infektionsweg für Menschen mit Toxoplasmose hat gar nichts mit Katzen zu tun: der Verzehr von nicht durchgegartem Fleisch ist nämlich die Hauptursache. Andere Infektionsgründe sind: ungewaschene Hände nach dem Säubern des Katzenklos, Arbeiten in der Erde, Gartenarbeit oder der Umgang mit rohem Fleisch", heißt es in der Mitteilung. "Man kann sich gut vor Toxoplasmose schützen und so die Trauer einer erzwungenen Trennung von der geliebten Katze vermeiden", wird die Expertin Kate Atema zitiert.

Der WWF weist auf die Bedrohung der Tiger hin. Der Verein "Ärzte gegen Tierversuche" erinnert an die etwa 900 Katzen, die jedes Jahr in deutschen Versuchslabors leiden und sterben — auch wenn Mäuse, Ratten und andere kleine Tiere von dieser Form der Tierquälerei weit häufiger betroffen sind. Laut "Tasso" werden zudem Zehntausende Katzen von Jägern erschossen. "Katzen dürfen je nach Bundesland und Jahreszeit außerhalb einer willkürlich festgelegten Schutzzone von 200 beziehungsweise 300 Metern bis zur nächsten Ansiedlung erschossen werden", erläutert Mike Ruckelshaus. "Tasso" fordert ein ausnahmsloses Verbot des Haustierabschusses, auch "hinsichtlich des Stellenwertes, den Haustiere für ihre Besitzer einnehmen".

Trotz all dieser Probleme und Forderungen und der emsigen Pressearbeit von Tierschutzorganisationen liegt die Erfindung des Weltkatzentages nicht in ihrer Verantwortung — auch wenn sie sich mittlerweile aus naheligenden Gründen nicht mehr gegen diese Internet-Ente wehren, wie eine Sprecherin unserer Redaktion bestätigt. Wie der Tag seinen Weg in den Kalender fand, bleibt ein Mysterium. Auch die Amerikaner, die häufig hinter den kuriosesten Feiertagen stecken, scheinen diesmal als Hauptverdächtige auszuscheiden. Sie feiern ihren "National Cat Day" am 29. Oktober. Ganz offiziell — und sogar mit eigener Website.

(areh)
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