ANZEIGE Ali flüchtete aus Syrien "Mein erstes deutsches Wort war Dankeschön"

Es sind Geschichten, die berühren. Sie erzählen von Kindern, die über Nacht ihre Heimat verlassen mussten; von besten Freunden, die im Kugelhagel gestorben sind oder von Angehörigen, die sich auf der Flucht verloren haben. Sie erzählen von Armut, Angst und Hunger. Von langen Märschen und dem starken Willen, durchzuhalten und nicht aufzugeben. Die Geschichten haben eins gemeinsam: Sie enden in Deutschland.

Ali möchte seine Geschichte erzählen.

Ali möchte seine Geschichte erzählen.

Foto: AWO

Unter dem Titel "Das ist mein Land" stellt der AWO Bezirksverband Westliches Westfalen Menschen vor, die in Deutschland eine neue Heimat gesucht haben. So wie Ali. Gefördert wurde das Projekt von der Glücksspirale, der Rentenlotterie von WestLotto.

"Wunden nähen habe ich auf der Flucht gelernt"

Seine dunkelbraunen Augen suchen Blickkontakt und schweifen doch immer wieder ab. Seine Unterlippe zittert. Ali Aslan* ist nervös, als er von seiner Flucht aus Syrien erzählt. "Ich bin kein Arzt und doch kann ich Wunden nähen und Katheter legen. Ich habe es am lebenden Menschen gelernt, weil ich es musste", sagt der 25-Jährige. "Noch fällt mir das Vertrauen schwer. Ich mag es nicht, so viel von mir Preis zu geben.” Ali möchte nicht erkannt werden, seine Geschichte aber trotzdem erzählen.

Er sitzt in einem kleinen Café in Bochum, während er über sein Leben redet. Es duftet nach frisch gebrühtem Kaffee. Die Idylle der Umgebung und die harten Geschichten treffen wie zwei Welten aufeinander. "Ich habe alles wegwerfen müssen auf meiner Flucht", erzählt er. Es fällt ihm sichtlich schwer über die Dinge zu sprechen, die passiert sind und über die, die noch kommen werden. Ali ist entschlossen: "Wenn ich an die Zukunft denke, wünsche ich mir ganz normale Dinge wie Gesundheit und einen Beruf."

"Bildung sollte nichts kosten”

In Syrien gestartet, von der Türkei aus über Griechenland und dann nach in Deutschland. Richtig angekommen fühlt Ali sich noch nicht. "Oft bin ich einsam und fühle mich fremd, obwohl ich bereits seit acht Monaten hier bin." Er runzelt die Stirn und zuckt mit den Schultern. Zwei Monate war er auf der Flucht. "Es war schlimm für mich. Natürlich hören die Menschen davon, aber es durchzumachen ist eine andere Geschichte", sagt er.

In das kleine Café in Bochum-Wattenscheid geht er gerne, es bringt Abwechslung in seinen Tagesablauf. Ali hat viel Freizeit, mehr als ihm lieb ist. Der gelernte Bibliothekar besucht einen Deutschkurs und liest viele Artikel über die Lage in seinem Land.

Ali und seine Geschwister mussten die Schule verlassen

Er und seine sieben Geschwister mussten allesamt die Schule verlassen, weil es zu unsicher wurde. "Ich bin froh, dass ich hier in Deutschland weiter lernen kann. Das Ausmaß der Zerstörung in Syrien wird hier in den Medien nicht annähernd gezeigt. Wenn die Todestonnen neben dir einschlagen, dann entscheidest du dich irgendwann dazu das Land zu verlassen", erzählt er ruhig und gefasst. Todestonnen nennt man mit Sprengstoff gefüllte Tonnen, die willkürlich abgeworfen werden. "Man lebt in permanenter Angst und steht ständig unter Strom", berichtet er.

"Ich vermisse meine Familie sehr”

"Zu meiner Familie habe ich nur wenig Kontakt, der Internetzugang dort ist sehr eingeschränkt", fügt er hinzu. Die Entscheidung, seine Familie zu verlassen und sich auf den Weg zu machen, ist ihm nicht leicht gefallen. Sobald sich die Lage in seiner Heimat beruhigt hat, möchte er zurückgehen. Zu groß ist seine Sehnsucht. "Hier in Deutschland vermisse ich das Zwischenmenschliche. Wenn bei uns ein Nachbar krank wird, machen sich alle Sorgen, egal ob Familie oder nicht", sagt er. In seiner Heimat sitzen die Menschen zusammen auf der Straße und trinken Tee. "Als alles noch gut war", betont er.

Anschluss hat Ali hier noch nicht gefunden. Die sprachliche Barriere hindert ihn daran. "Man hat ja keine Freunde, nur um sie anzusehen", sagt er und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Den Kontakt zu seinen syrischen Freunden hält er über Facebook. Sein Smartphone und das Internet sind wichtige Wegbegleiter.

Sport hilft den Kopf frei zu kriegen

Das beste Mittel, um den Kopf frei zu bekommen sind für ihn Spaziergänge im Park und Sport. "Ich mag Fußballspielen. Einfach ein normales Leben führen", sagt er.

Alis erste eigene Wohnung in Bochum

In einer beschaulichen Wohngegend in Bochum-Wattenscheid hat er seine eigenen vier Wände gefunden. Auf 45 Quadratmetern wohnt er alleine. Zwei Zimmer, Küche und Bad. Auf den ersten Blick minimalistisch eingerichtet, aber alles was er braucht ist vorhanden. Alles ist sehr sauber und steht an Ort und Stelle.

Ali fühlt sich hier wohl: "Ich habe hier meine Ruhe und kann mich zurückziehen. Das ist das Wichtigste. Im Flüchtlingsheim ging es manchmal drunter und drüber." Auf der Fensterbank steht arabischer Kaffee und im Schrank befinden sich Gewürze, die ihn an seine Kindheit erinnern.

Ältere Dame bot ihm Wohnung an

Dass er eine Wohnung hat, ist nicht selbstverständlich. Die Wohnungssuche hat sich als schwierig herausgestellt: "Ich wurde schon oft am Telefon abgewiesen, das ist natürlich kein tolles Gefühl. Bei einem Treffen der AWO hat mir dann eine nette ältere Dame eine Wohnung angeboten."

Dass weiß er zu schätzen: "Mein erstes deutsches Wort das ich gelernt habe ist Dankeschön", sagt er und verabschiedet sich höflich.

(*Name geändert)

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