Dinslaken Demente lassen malen

Dinslaken · Evelyn Duerschlag bemalt Wände im Sankt-Franziskus-Altenheim. Demenzkranke geben der Künstlerin vor, wie die unterschiedlichen Details auf dem fertigen Bild aussehen sollen.

 Im Franziskustreff: Die Heimbewohner Inge Gilges und Hermann Schmelt tanzen vor dem Wandbild von Evelyn Duerschlag.

Im Franziskustreff: Die Heimbewohner Inge Gilges und Hermann Schmelt tanzen vor dem Wandbild von Evelyn Duerschlag.

Foto: Martin Büttner

Langsam nimmt das Wohnzimmer Gestalt an. Der Raum wirkt plastisch. Ein Tisch mit mehreren Stühlen ist zu sehen, ein Radio steht in zentraler Position. Künstlerin Evelyn Duerschlag und ihre Tochter Henrietta arbeiten gemeinsam an der Wandgestaltung in einem der Aufenthaltsräume im ersten Stockwerk des Altenheims. Ein halbes Dutzend Bewohner schaut ihnen aufmerksam beim Malen zu. Immer wieder fragt die Künstlerin die Bewohner, wie sie die Details auf dem Bild gestaltet haben möchten. "Wie spät soll es denn auf der Wanduhr sein. Lieber 15 Uhr oder 16 Uhr?", fragt sie.

Die Frauen und Männer einigen sich schnell. Uhrzeit? Passend zum Kaffeetrinken im Aufenthaltsraum. Die gegenüberliegende Wand haben Mutter und Tochter bereits neu gestaltet. "Ich denke, dass Bild ist etwas ganz Besonderes: Das erste Bild, bei dem jedes einzelne Detail bestellt wurde", erklärt Evelyn Duerschlag. Auch an der Darstellung einer Landschaft, die dort zu sehen ist, beteiligten sich die Demenzkranken, gaben Anweisungen, wo Zäune und Bäume stehen und welche Kleidung die Figuren auf dem Bild tragen sollten.

"Das ist eine Art visuelle Therapie für die Menschen", erklärt die Künstlerin. "Bei Demenzkranken ist besonders die Erinnerung an Kindheit und Jugend noch gut ausgeprägt — und die finden die Menschen in den Bildern wieder. Außerdem fällt es ihnen leichter, sich zu erinnern, wenn sie die Wände mitgestaltet haben", sagt die Künstlerin. Die Bilder folgen aber auch einem ganz praktischen Zweck: Sie dienen den Demenzkranken als Orientierung und auch als Motivation. So soll zum Beispiel die Darstellung eines Biergartens die Bewohner der Einrichtung auf Essen und Getränke aufmerksam machen.

Der zentrale Gedanke ist allerdings, dass die Demenzkranken selbst an der Gestaltung der Bilder mitwirken. "Art for Care" (Kunst für die Pflege) nennt Evelyn Duermann das Konzept, das es im Umkreis von Dinslaken nur im Sankt-Franziskus-Altenheim zu sehen geben wird. Drei weitere Wände wird Evelyn Duerschlag auf diese Weise im Altenheim noch verzieren. Neben einem weiteren Aufenthaltsraum im ersten Stock soll auch der Franziskustreff, in dem regelmäßig ein Tanzcafé Senioren zu Foxtrott und Walzer aufs Parkett lockt, mit zwei weiteren Bildern verziert werden.

Diese sollen ergänzend zum großformatigen Bild wirken, das die Künstlerin dort im Stil der 50er Jahre gestaltet hat. "Wir möchten diese Kunstwerke an besonderen Orten haben", sagt Einrichtungsleiter Winfried Kopp. Er könnte sich vorstellen, noch weitere Wände von Evelyn Duerschlag gestalten zu lassen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort