Hünxe Frachter liegen vor der Schleuse fest

Hünxe · Nichts geht mehr: Am Dienstagmorgen erhielt André Zerahn noch die Auskunft, die Schleuse in Hünxe auf seinem Weg nach Holland passieren zu können. Als er am Abend ankam, war die Schleuse geschlossen. Seitdem ist er mit seinem Steuermann zum Warten gezwungen.

 Kapitän André Zerahn (links) und Steuermann Siegbert Neumann können vor der Schleuse in Hünxe derzeit nur abwarten.

Kapitän André Zerahn (links) und Steuermann Siegbert Neumann können vor der Schleuse in Hünxe derzeit nur abwarten.

Foto: martin büttner

Seit Dienstagabend liegt das Frachtschiff Orientis am Ufer vor der Schleuse in Hünxe. Kapitän André Zerahn rechnete Stunden zuvor noch damit, die Schleuse und die in Friedrichsfeld passieren zu können, um seinen Werfttermin in Holland einzuhalten. Aber als der 44-Jährige in Hünxe ankam, hatte das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) die Schleuse bereits geschlossen. "Die Informationspolitik ist hier nicht das Gelbe vom Ei", schimpft der Schiffer, dem nun nichts anderes übrigbleibt, als auf höhere Temperaturen zu warten.

Seit 27 Jahren übt er seinen Beruf bereits aus. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und die damit verbundenen Eisschollen, die ihn zum Warten zwingen, sind für den gebürtigen Uckermarker und seinen Steuermann Siegbert Neumann nichts Neues. Doch immer wieder sind sie verärgert, denn jeder verlorene Tag am Ufer kostet Geld — auch wenn er eine Ausfallversicherung abgeschlossen hat. "An jedem Tag machen wir 1100 Euro Verlust", erzählt Zerahn. Um die Zeit zu überbrücken, führt er entweder Wartungsarbeiten oder Maschinenpflege durch — oder er versucht, beim Amt neue Informationen einzuholen. "Aber es ist kein Mensch und kein WSA-Arbeiter an der Schleuse zu sehen. Es ist alles abgeschlossen, und ans Telefon geht auch niemand. Man bekommt keine vernünftige Auskunft, und das kann ich nicht verstehen", sagt der Kapitän aufgebracht.

Was seinen Zorn zusätzlich steigert, ist die Tatsache, dass das WSA noch keinen Eisbrecher in Richtung Hünxe schickte, um die Eisschollen des Wesel-Datteln-Kanals zu sprengen. "Das Eis ist zwar gebrochen, aber das war ein 110 Meter langer Tanker, der alleine vier Stunden dafür brauchte, um vor der Schleuse wieder zu drehen. Die Tanker verlieren sonst richtig Geld, und für sie ist diese Eisschicht noch kein großes Problem", meint Zerahn, dessen Frachter, der normalerweise Flüssigdünger transportiert, aber derzeit ohne Ware unterwegs ist, keine Chance hätte: "Wenn ich durch das Eis gefahren wäre, wäre bei mir alles kaputt gegangen, weil sich die Schollen dann unterm Bug gestapelt hätten."

Eine weitere Gefahr für die Orientis ist die anhaltende Kälte. Der Dauerfrost kann zu Schäden an dem Frachter führen, und deshalb muss entweder Kapitän Zerahn oder Steuermann Neumann immer an Bord bleiben. "Falls etwas passiert, muss einer von uns sofort reagieren können. Sonst kann es zu immensen Schäden kommen", weiß der Schiffer, der seit Dienstag aber neue Bekanntschaften gemacht hat: Eine Entenfamilie sitzt auf einer Eisscholle gleich neben seinem Frachter und freut sich über Futter. "Kohl und Kartoffelschalen mögen sie nicht, aber altes Brot ist immer sofort weg", erzählt der 44-Jährige mit einem Grinsen im Gesicht. Auch wenn derzeit nichts geht, behält er seinen Frohsinn.

(gaa)
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