Voerde Größter "Sprachpanscher" gewählt

Voerde · Die Regionalgruppe des Vereins Deutsche Sprache (VDS) ließ an ihrem Infostand auf dem Marktplatz in Friedrichsfeld Passanten die größten "Sprachpanscher" wählen. Die Voerder machten eifrig mit.

Sprachpanscher sind für den Verein diejenigen Firmen, deren Werbung oder Kundenansprache den kuriosesten, unverständlichsten oder lächerlichsten Sprachmischmasch enthält. Der Sender ProSiebenSat1 glänze da beispielsweise mit "red! Stars, Lifestyle & More, The Voice of Germany, Germany's next Topmodel oder talk, talk, talk — Die Late Show". Karstadt versuche mit "Fashion, Living, Personality", die sie für "modern and full of life" hält, mitzuhalten. Mit "Mid Season Sale", "Sport Highlights" zur "Summertime", "Kidswear" und "Home-Style" setze man noch ein, zwei, drei drauf. Aber auch die Politik stehe in der Zurschaustellung ihrer Pseudoenglischkenntnisse nicht nach. Allen voran marschiere da die CSU mit ihrer Frauenunion, deren Vorsitzende Dr. Angelika Niebler mit "High Politics and High Heels" glaube, einen Zipfel des Zeitgeistes erwischen zu können.

Auf den weiteren Plätzen des Wahlzettels, den die Voerder ausfüllen konnten, folgten die Firma Liebherr mit kuriosen Erklärungen zu ihren Kühlschränken und die Cosnova Kosmetik mit Erläuterungen zu ihren Produkten, die einige Passantinnen dem Bereich der Mystik zuordneten.

Nachdem die VDS-Mitglieder in einer vereinsinternen Wahl mit den gleichen Wahlzetteln bereits den Sprachpanscher gewählt hatten, wollte die Regionalgruppe nördlicher Niederrhein einmal wissen, wie die breite Öffentlichkeit in Voerde darüber denkt. Über mangelnden Zuspruch konnte sich das Personal am Stand nicht beklagen. Die Voerder zeigten in der Beurteilung des Werbekauderwelschs ihre eigene Meinung.

86 Prozent der Kritik konzentrierte sich auf drei Kandidaten. Die meiste Ablehnung erfuhr der Sender ProSiebenSat1 mit 36 Prozent der abgegebenen Stimmen, während die VDS-Mitglieder diesen an die zweite Stelle gesetzt hatten. Auf den zweiten Platz der Negativliste wählten die Voerder mit 27 Prozent der Stimmen die CSU-Frauenunion. Auf dem dritten Platz der Unbeliebtheit landete mit 23 Prozent Karstadt mit seinem Chef Andrew Jennings, den die VDS-Mitglieder auf Platz eins gesetzt hatten.

Alle Passanten, die den Kontakt suchten, zeigten sich erfreut darüber, dass sie ihre Meinung zu Gehör beziehungsweise zu Papier bringen konnten. Ein Teil ließ seinen Frust ab, allerdings mit der Schlussbemerkung "Unser Klagen wird nichts nützen, die machen eh, was sie wollen."

Als besonderes Reizwort erwies sich das Wort "sale". Obwohl es gar nicht auf dem VDS-Zettel stand, erzeugt es bei den Voerdern offensichtlich Aggressionen, die beim VDS ihren Ausbruch suchten. Da flackerte Kampfgeist auf. Einige Kommentare gaben den VDS-Aktiven am Stand zu denken. Nicht Wenige fanden die CSU-Losung "High Politics and High Heels" außerordentlich unreflektiert, einige gar frauenfeindlich. Ein Passant beklagte sich, dass das Kauderwelsch bei den ProSiebenSat1 Sendern im Programm tagsüber, vor 20 Uhr, teilweise so schlimm sei, dass er Schwierigkeiten habe, alles zu verstehen. Nun meide er die Sender mit dem Werbekauderwelsch, das ihn "auf die Palme" bringe.

Einige legten Wert auf die Feststellung, dass Sprache lebt. Dabei waren sie sich dann allerdings darin einig, dass die Sprache von den Sprachbürgern weiterentwickelt und nicht von Institutionen zur Verfolgung ihrer wirtschaftlichen Interessen missbraucht werden sollte.

(RP/ac)
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