Dinslaken Theater im Knast: Homer und Mobbing

Dinslaken · Die Burghofbühne war wieder einmal bei den Frauen im Dinslakener Gefängnis an der Bismarckstraße zu Gast.

 David Zieglmaier hatte in dem von Stefan Ey inszenierten Ein-Personen-Stück "Das Trojanische Pferdchen" seinen ersten Auftritt hinter Gittern.

David Zieglmaier hatte in dem von Stefan Ey inszenierten Ein-Personen-Stück "Das Trojanische Pferdchen" seinen ersten Auftritt hinter Gittern.

Foto: LTB

"Wer kennt mich denn noch vom letzten Mal?" fragte Thorsten Weckherlin in die Runde. Viele Hände schnellen nach oben. "Super, langsam haben wir eine Fangemeinde hier", fügte der Intendant der Burghofbühne Dinslaken zufrieden hinzu. Im Rahmen ihres "Knast-Abos" war die Burghofbühne bereits zum dritten Mal in diesem Jahr zu Gast in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Dinslaken. Knapp 50 inhaftierte Frauen besuchten die Aufführung und freuten sich über die Abwechslung im Gefängnisalltag.

Auch für die Theaterleute sind die Auftritte in der JVA immer wieder ein Erlebnis. "Hier ist es sehr familiär", sagte Weckherlin, der schon in anderen Gefängnissen Theaterstücke inszeniert hat. Für David Zieglmaier war es der erste Auftritt hinter Gittern. "Ich bin schon ein bisschen nervös, aber auch deshalb, weil es ein Ein-Personen-Stück ist", gestand der Schauspieler.

In dem Stück "Das trojanische Pferdchen" von Stefan Ey agierte er in der einzigen Rolle. Eigentlich ist das Klassenzimmer-Stück zum Thema Mobbing für Jugendliche ab elf Jahren geschrieben, doch auch für Erwachsene hat es durchaus seinen Reiz. Bei den Frauen kam die Aufführung jedenfalls gut an, wie die lebhafte Diskussion nach dem Stück zeigte. Zunächst sorgte Zieglmaier jedoch für Irritation und Gelächter, als er minutenlang mit dramatischem Gestus Homer zitierte und von Agamemnon, Odysseus, Paris und der schönen Helena erzählte.

Plötzlich riss ihn ein Handyklingeln aus seiner Rezitation. An diesem Punkt kippte das Theaterstück um in eine "private" Geschichte der Tochter des Schauspielers, die ebenfalls Helena heißt und von ihren Klassenkameraden gemobbt wird. Wie wird man zum Mobbing-Opfer? Was macht es mit einem und wie geht man damit um? Um diese Fragen drehte sich das Stück. Ganz nebenbei erfuhr man einiges darüber, wie Theater funktioniert. Regie-Assistentin Marlene Sahrhage, die derzeit ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei der Burghofbühne absolviert, hielt bis zum Schluss die Illusion aufrecht, indem sie immer wieder versuchte, Zieglmaier zum Homer-Stoff zurückzuführen.

Am Ende wurde geklärt, was die Zuschauerinnen wohl schon ahnten: Die Sache mit Homer war nur ein Trick, um die eigentliche Geschichte übers Mobbing ins Rollen zu bringen. Nach der Aufführung diskutierten die Frauen über Gründe für das Mobbing, Möglichkeiten der Konfliktlösung und berichteten von ihren eigenen Mobbing-Erfahrungen.

(RP/rl)
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