Duisburg Die Polizeiakte zum Duisburger Rockerkrieg

Duisburg · Ein geheimer Ermittlungsbericht beschreibt die Anführer der Bandidos, Hells Angels und Satudarahs als sehr gefährlich.

So funktionieren Rockerclubs
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Foto: dpa, Marius Becker

Seit Wochen prägen schwer bewaffnete Polizeieinheiten das Duisburger Stadtbild. Sie errichten Straßensperren, führen Razzien und Großkontrollen im Rockermilieu durch. "Wir setzen alles daran, dass der Rockerkrieg nicht weiter eskaliert", sagt ein Sprecher der Duisburger Polizei. Mit den Bandidos, den Satudarahs und den Hells Angels kämpfen drei Rockerclubs um die Vormachtstellung in der Ruhrgebietsstadt.

Wie gefährlich die Rocker von den Ermittlern tatsächlich eingestuft werden und wie bedrohlich die Lage in Duisburg ist, geht aus einer strenggeheimen polizeilichen Ermittlungsakte hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Mit Fotos sind in dem Dokument alle Standorte aufgeführt, an denen sich in Duisburg Rocker aufhalten. Eine Aufnahme zeigt einen Vereinssitz der Hells Angels in Rumeln — fotografiert aus einem Hubschrauber. Als kleine Anmerkung steht daneben: Das Objekt werde nicht immer genutzt. Es dient gelegentlich als Treffpunkt für Hells Angels aus anderen Städten.

Auch das Rotlichtviertel und das Clubhaus der niederländischen Satudarahs sind aus der Vogelperspektive aufgenommen worden — versehen mit Hinweisen über Hinterausgänge und Parkplätze. Insgesamt sind zwölf Objekte dieser Art abgebildet, die sich im Duisburger Norden (Marxloh), in der Innenstadt und in Rheinhausen befinden. Auffällig ist, dass viele dieser Einrichtungen türkische Namen tragen. Aufschlussreich sind aber vor allem die präzisen Angaben über die Anführer der drei Rockerclubs. Sie sind jeweils mit ihren Stellvertretern mit Foto und persönlichen Daten in einer Art Steckbrief vermerkt. Geburtsdatum, Geburtsort, Name, Spitzname, Familienstand, Staatsangehörigkeit — die Polizei weiß genauestens über die Männer Bescheid. Zudem gibt es eine Einschätzung der Ermittler über ihre Gefährlichkeit, Gewaltbereitschaft und Bewaffnung. Der Akte zufolge ist der Präsident der Bandidos MC Chapter Duisburg ein Italiener mit dem Spitznamen "Toni". Die Anführer der Hells Angels sind Deutsch-Türken. Bis auf den Bandido-Chef wurden diese Rocker in Duisburg geboren und sind dort wohnhaft.

In dem Bericht heißt es weiter, dass die Rockerclubs Bandidos, Satudarah, Gremium und Mongols eine Allianz gegen die Hells Angels bilden. Gremium und Mongols sind Clans, die von der Polizei als "ethnisch" bezeichnet werden, weil sie nur aus Migranten und Ausländern bestehen. Sie verfolgen in der Regel eigene Interessen und achten darauf, den größeren und zahlenmäßig weit überlegenen Clubs nicht in die Quere zu kommen. Derzeit gelte bei ihnen und in der Szene das Credo: Alle gegen die "Höllenengel". Bis auf folgende Ausnahmen: Red Devils (direkte Unterstützer der Hells Angels) und alle Motorradvereine, die die Zahl 81 in ihrem Namen oder Wappen haben. Verbündete seien zudem noch zahlreiche Türsteher aus dem Raum Köln und vom Niederrhein. Die verbündeten Bandidos und Satudarah seien jedoch auch nur eine Art Zweckbündnis, deren Mitglieder sich laut Bericht nicht gut leiden könnten, aber sich gegenseitig nichts antun würden.

Das Verhalten aller Rockergruppen gegenüber der Polizei sei ablehnend. Bis auf seltene Ausnahmen würden die Rocker keinen Kontakt zu den Beamten aufnehmen beziehungsweise mit ihnen zusammenarbeiten. Grundsätzlich seien fast alle Rocker bewaffnet, meist mit Schlagstöcken und Messern. Einige hätten auch Schusswaffen bei sich — in der Regel immer dann, wenn sie zu ihren Feinden unterwegs sind. Die Rocker treten demnach meistens in Gruppenstärke auf, fahren teure und große Autos und sind gut trainiert. Ihr Auftreten in der Öffentlichkeit sei stets großspurig. Bei Einsätzen im Rockermilieu müsse die Polizei stets wachsam sein. Problematisch seien besonders Fahrzeugkontrollen mit mehreren Personen im Auto, die sich hektisch bewegten und telefonieren.

Die Hells Angels machen sich vor allem im Norden der Stadt breit, nachdem sie aus anderen Stadtteilen vertrieben wurden. Die Rocker aus den Niederlanden, die seit fast einem Jahr ein Clubhaus in Rheinhausen unterhalten, gelten als besonders brutal und rücksichtslos. Seit Wochen gibt es in der Stadt gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Rockerclans. Besonders die niederländischen Rocker provozieren ihre Feinde.

(RP/jco/top)
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