Duisburg Duisburg als Vorbild

Duisburg · Die Abwahl des Duisburger Oberbürgermeisters kann nach Auffassung des Politikwissenschaftlers Martin Florack beispielhaft für die Kommunalpolitik in Deutschland werden. Der neue OB sollte ein "Multitalent" sein.

Flashmob als Zeichen gegen OB Sauerland
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Die Abwahl von Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland kann nach Auffassung des Duisburger Politikwissenschaftlers Martin Florack durchaus Auswirkungen auf das kommunalpolitische System in Deutschland haben. Florack, der als Akademischer Rat an der Uni Duisburg-Essen lehrt, glaubt, dass sich die Quorum-Regel, nach der sich mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten für die Abwahl des Oberbürgermeisters entscheiden müssen, bewährt habe. Die 25-Prozent-Hürde sei richtig bemessen, weder zu hoch, noch zu niedrig. Das habe sich in Duisburg gezeigt.

Die Möglichkeit eines Bürgerentscheids, die im vergangenen Jahr von der Landesregierung erst geschaffen wurde, ist in den Augen des Politikwissenschaftlers durchaus konsequent. Schließlich werde der Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin direkt gewählt, während die Zusammensetzung des Stadtrates aus dem Parteienwettbewerb hervorgehe. Florack wies gestern auf Bestimmungen in Baden-Württemberg hin, wo Parteien beim Oberbürgermeisteramt kein Vorschlagsrecht besitzen.

In der Politikwissenschaft werden in Bezug zur Amtszeit zwei Varianten diskutiert: eine längere Amtszeit mit der Möglichkeit zur Abwahl und kürzere Amtszeiten ohne Abwahlmöglichkeit. In Duisburg habe sich gezeigt, dass eine Abwahloption eine reale Chance hat, um einen OB mit der vergleichsweise langen Amtszeit von sechs Jahren vorzeitig abzulösen.

Allerdings glaubt Florack nicht, dass direkte Bürgerentscheide gegenüber dem parlamentarischen System, wie es zurzeit durch Parteien verwirklicht wird, immer von Vorteil sind. In beiden Fällen gehe es um die Durchsetzung von Interessen. Es gebe keinen Grund, anzunehmen, dass Parteien da weniger hilfreich oder leistungsfähig seien. Florack vermutet im Übrigen nicht, dass Bürgerentscheide bei sachpolitischen Fragen in Zukunft eine größere Rolle spielen werden. Es sei immer leichter, ein negatives Votum zu organisieren, als Unterschriftenlisten FÜR eine bestimmte Position zu füllen. Das habe im Übrigen auch die Duisburger Initiative gezeigt, die zwar in dem Willen vereint war, Sauerland als Oberbürgermeister abzuwählen, intern aber durchaus nicht konfliktfrei war.

Das künftige Duisburger Stadtoberhaupt trete ein schweres Amt an, meint Florack. Gefragt sei ein "Multitalent", das die Gräben in der Stadt zuschütten kann, das zwischen "Wahlbevölkerung" und der etablierten kommunalpolitischen Gruppe vermitteln kann und die gravierenden Probleme der Stadt (Haushalt) in den Griff bekommt.

Florack weist darauf hin, dass mit der Abwahl Sauerlands die Fragen nach politischer Verantwortung und Schuld in Bezug zum Loveparade-Unglück keineswegs beantwortet sind. Diese Fragen blieben aber nun nicht mehr ausschließlich am Oberbürgermeister hängen.

(RP/rl)
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