RP-Serie Bedeutende Duisburger Demokraten Eines der ersten Opfer der Nazis

Duisburg · Michael Rodenstock war ein hellsichtiger Duisburger Politiker, Gewerkschafter und Friedensaktivist. Wenige Wochen nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde er von Angehörigen der SA verschleppt und ermordet.

 Michael Rodenstock, aufgenommen bei einer Friedensdemonstration in Arnheim im Jahr 1932.

Michael Rodenstock, aufgenommen bei einer Friedensdemonstration in Arnheim im Jahr 1932.

Foto: privatarchiv

Wer die Zukunft gestalten will, muss in der Gegenwart die Vergangenheit aufarbeiten, die guten Momente weitergeben, aber auch die schrecklichen Begebenheiten nicht verschweigen. So müssen wir auch der Menschen gedenken, die mutig gegen die Herrschenden des so genannten "Tausendjährigen Reiches" gekämpft haben. Einer dieser Männer war Michael Rodenstock. Er war einer dieser Streiter gegen den Nationalsozialismus.

In Wanheimerort ist er besonders geehrt worden. Seit dem 29. August 2009 trägt das Haus am Posadowskyplatz 2, in dem der SPD-Ortsverein Wanheimerort seine Büros hat, den Namen "Michael-Rodenstock-Haus", um an Rodenstocks "Einsatz für die Demokratie bis zu seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten" zu erinnern. Des Weiteren erinnern eine 1984 von der Bildhauerin Hede Bühl geschaffene Skulptur in Gestalt eines gefesselten menschlichen Torsos, die sich auf dem Burgplatz vor dem Duisburger Rathaus befindet, sowie eine 2004 geschaffene Skulptur von Dani Karavan, die vor dem Duisburger Gewerkschaftshaus steht, an Rodenstock und die anderen drei Gewerkschaftssekretäre.

Michael Rodenstock wurde am 11. März 1883 in Ilberstädt, Sachsen-Anhalt, geboren. Nach dem Schulbesuch erlernte er das Schmiedehandwerk. Auf seiner Wanderschaft kam er 1906 nach Duisburg und fand hier Arbeit als Werkzeugschlosser. Am Ersten Weltkrieg nahm Rodenstock, als "unabkömmlich" gestellt, nicht teil. Als die SPD sich während des Krieges spaltete, schloss Rodenstock sich der USPD an, für die er ab 1918 einem Arbeiterrat angehörte. 1919 wechselte er zur KPD, für die er seit 1919 der Duisburger Stadtverordnetenversammlung angehörte. Um 1920 wurde er Mitglied des "Gemeinde- und Staatsarbeiter-Verbandes". Als Gegner des stalinistischen Kurses der KPD-Führung kehrte Rodenstock 1925 zur SPD zurück, für die er erster Vorsitzender des SPD-Ortsvereins sowie Vorsitzender des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold im Duisburger Stadtteil Wanheimerort wurde. Außerdem war Rodenstock seit dieser Zeit Sekretär des Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe.

Wenige Wochen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde Rodenstock am 2. Mai 1933 in seiner Wohnung von Angehörigen der SA verhaftet und in den Keller des als Gefängnis genutzten Hauses der Freien Gewerkschaft in der Ruhrorterstraße 11 verschleppt. Dort wurde er nach schweren Misshandlungen zusammen mit drei weiteren Gewerkschaftern (Julius Birk, Emil Rentmeister und Johann Schlösser) erschlagen. Um die Tat zu vertuschen, wurden die Toten zunächst im Hünxer Wald bei Dinslaken verscharrt und das Gerücht lanciert, die Männer seien mit Gewerkschaftsgeldern ins Ausland gegangen. Rodenstock wurde zur Aufrechterhaltung des Scheins zudem eine fingierte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zugestellt. Die Leichen von Rodenstock und den anderen drei Männern wurden erst am 21. Mai 1934 zufällig durch Spaziergänger aufgefunden und auf dem Dinslakener Friedhof beigesetzt. Wir stehen heute fassungslos vor solchen Ereignissen und können es nicht begreifen, wenn Menschen in unserer so genannten zivilisierten Welt gefoltert und ermordet werden, weil sie eine andere politische oder religiöse Überzeugung haben. Doch gerade wir, die für die Demokratie eintreten, müssen immer wieder an Menschen wie Michael Rodenstock erinnern, um zu verhindern, dass sich diese Schreckenstaten wiederholen.

(RP)
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