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Duisburg Filmwoche: Menschen und Krokodile

Duisburg · Die Dokumentationen, die beim Duisburger Festival gezeigt werden, führen in Lebenswelten und Räume, die sonst verschlossen sind: Von der riesigen Villa bis zur Gefängniszelle. Ein Kaff lebt bei Schlammschlachten zu Pfingsten auf.

 Das "Persische Krokodil" ist durch ein Hochwasser in eine Zisterne geraten und kann alleine nicht mehr heraus. In einem vorzüglichen Dokumentarfilm wird gezeigt, wie die Menschen mit dieser Extremsituation umgehen.

Das "Persische Krokodil" ist durch ein Hochwasser in eine Zisterne geraten und kann alleine nicht mehr heraus. In einem vorzüglichen Dokumentarfilm wird gezeigt, wie die Menschen mit dieser Extremsituation umgehen.

Foto: filmwoche

Hierzulande wird das Problem kaum auftreten; im Südosten des Irans kann es dagegen wohl schon mal vorkommen, dass sich ein Krokodil bei Hochwasser in eine Zisterne verirrt und dann nicht mehr herauskommt. "Das persische Krokodil" heißt der Film des in Teheran geborenen und seit seiner Kindheit in Österreich lebenden Psychiaters und Filmemachers Houchang Allahyari, der innerhalb einer knappen Stunde zeigt, wie die Menschen in seiner alten Heimat mit wechselndem Erfolg agieren.

Mit einem alten Teppich, einem vertüderten Netz, einem Stock und einem ziemlich dünnen Seil versuchen zwei Beamte, das gefährliche Reptil einzufangen. Die Dorfbewohner stehen rings um die Zisterne und geben mehr oder weniger kluge Ratschläge. Houchang Allahyari hat keinen Tierfängerfilm gedreht, vielmehr ging es ihm darum, das Verhalten von Menschen in Extremsituationen zu zeigen. Dass solche Extremsituationen mitunter auch heiter sein können, gefiel dem Filmwochen-Publikum ausgesprochen gut, zumal "Das persische Krokodil" ein Happy End erlebt.

"Räume" ist das Motto der 36. Duisburger Filmwoche, die am Samstagabend mit der Preisverleihung im Filmforum enden wird. Das Dokumentarfilm-Festival führt in Räume und Lebenswelten, die sonst meist verschlossen sind. Die elegantesten Räume, die jetzt besichtigt werden konnten, finden sich in der größten Villa Kölns. Die Filmemacherin Tama Tobias Macht (Jahrgang 1982) bekam von den beiden Besitzerinnen dieser Villa eine Dreherlaubnis. "2000 qm mit Garten" zeigt das, was die Kamera mit gedämpfter Tonaufnahme einfangen kann. Kommentare oder Erklärungen aus dem "Off" gibt es nicht. Als Zuschauer schweift man mit dem Filmteam durch die Säle, betrachtet kostbare Gemälde, ist beim Tee und der gepflegten Brigde-Runde im Freundeskreis ein wenig dabei und sieht schließlich, wie Mitarbeiter einer Spezialfirma überaus vorsichtig das Interieur der Villa verpacken, weil eine Renovierung ansteht. Als Zuschauer gerät man ins gemütliche Staunen.

Der größt-mögliche Kontrast zu diesem Villen-Film ist die Dokumentation "Thorberg" von Dieter Fahrer. Die Protagonisten sind Insassen aus dem Schweizer Hochsicherheitsgefängnis in dem Ort Thorberg. In diesem "Alcatraz der Schweiz" sitzen Menschen ein, "vor denen sich die Gesellschaft fürchtet". Dieter Fahrer nimmt diese Menschen ernst, ohne ihre Taten zu entschuldigen. Er lässt die Strafgefangenen zu Wort kommen, zeigt deren Perspektivlosigkeit, den oftmals drohenden Verlust der seelischen Balance. Die Strafvollzugsbeamten verhalten sich korrekt, Psychopharmaka bekommt fast jeder Insasse. Es bleibt die Skepsis, ob Reintegration von Menschen in einem solchen System überhaupt möglich ist.

In dem Film "Mansfeld" von Mario Schneider sind Kinder die Hauptprotagonisten. Der Filmemacher (Jahrgang 1970) hat seine ostdeutsche Heimat nach 30 Jahren besucht und fand heraus, dass sich im Laufe der Zeit gar nicht so viel verändert hat. Deshalb stellt er drei Jungen in den Mittelpunkt seiner Dokumentation, die heute genauso alt sind, wie er vor 30 Jahren war. Gezeigt wird das Leben in einem "Kaff". Höhepunkt des Jahres sind kuriose Pfingstferien, bei dem traditionell mit Peitschen geknallt wird und mit rüden Schlammschlachten die kalte Jahreszeit vertrieben werden soll. Aufnahmen aus dem Jahr 1926 zeigen, dass sich im Mansfelder Land augenscheinlich nicht viel verändert hat. Am Schluss fragt der Filmemacher einen der Jungen, ob er auch noch in 30 Jahren in Mansfeld spielen möchte. Der Junge sagt Nein.

(RP)
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