Duisburg "Kultur-Schocker" auf der Opernbühne

Duisburg · Die jungen Rapper und Breakdancer der Initiative "Kultur-Schocker" treten am Sonntag, 16. Dezember, im Rahmen der Nachmittags-Vorstellung der Puccini-Oper "Tosca" im Duisburger Stadttheater auf. Ein Projekt gegen Vorurteile.

 Intendant Christoph Meyer, Projektleiter Daniel Möcklinghoff, "Rapper" Malte Brandau und rmc-Geschäftsführer Hartmut Gläsmann stellten das "schockierende" Opern-Projekt vor, das junge Leute ins Theater locken soll.

Intendant Christoph Meyer, Projektleiter Daniel Möcklinghoff, "Rapper" Malte Brandau und rmc-Geschäftsführer Hartmut Gläsmann stellten das "schockierende" Opern-Projekt vor, das junge Leute ins Theater locken soll.

Foto: ralf hohl

Junge Menschen, denen man das nicht unbedingt zutrauen würde, besuchen freiwillig drei Aufführungen von Giacomo Puccinis Oper "Tosca" im Duisburger Theater. Bei der Vorstellung am kommenden Sonntag, 16. Dezember, um 15 Uhr, werden sie dort sogar selbst auf der Bühne stehen - mit Rap- und Breakdance-Einlagen.

Außergewöhnliches, für manche sicherlich Schockierendes geschieht also im Duisburger Haus der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg. Nach ähnlichen, gelungenen Projekten in Mannheim (mit Wolfgang Amadeus Mozarts "Die Zauberflöte") und Gelsenkirchen (mit Giuseppe Verdis "La traviata") ist also nun Duisburg mit der "Tosca" an der Reihe.

Die jungen Künstler, die am 12. Oktober im Rahmen des Projektes "Kultur-Schocker" zum ersten Mal diese Puccini-Oper im Theater Duisburg erlebten, entdeckten in diesem Stück zeitlose Themen und Gefühle, mit denen sie sich auch in ihrem Leben und in ihrer Musik auseinandersetzen: Liebe und Vertrauen, Eifersucht und Tyrannei, Vergewaltigung und Mord.

Sie ließen sich von "Tosca" zu eigenen Kreationen inspirieren: In mehreren Workshops erarbeiten sie drei Rap-Songs, von denen zwei auch als Musikvideos im Internet zu sehen sind.

Schon zur Aufführung am 17. November veranstalteten sie eine Aktion auf dem Platz vor dem Duisburger Stadttheater Theater und überzeugten hundert meist junge Menschen, gemeinsam mit ihnen doch spontan in die Oper zu gehen - "Ich muss mir schnell was anderes anziehen" wurde als "Ausrede" nicht akzeptiert.

"Keine Sau durchs Dorf treiben"

Rapper, Breakdancer und Fans sorgten für eine ganz besondere Theater-Atmosphäre, waren von Musik und Inszenierung begeistert. Nun zur Nachmittags-Vorstellung werden die Rapper und Breakdancer ihre "Tosca"-Songs "Bei Nacht" und "Der letzte Kuss" dem Publikum präsentieren: per Video-Zuspielung bei der Einführung um 14.30 Uhr im Opernfoyer und zu Beginn des zweiten Teils der Oper live auf der großen Bühne.

"Kultur-Schocker" ist ein gemeinsames Projekt des politischen Jugendbildungsträgers "aktuelles forum" e.V. - Projektleiter und Bildungsreferent ist Daniel Möcklinghoff - und der Firma "rmc medien+kreativ consult", wird gefördert vom Kinder- und Jugendplan des Landes Nordrhein-Westfalen. Man wolle mit dieser Initiative "keine Sau durchs Dorf treiben", erklärte rmc-Geschäftsführer Hartmut Gläsmann gegenüber der Presse: "Aber jeder leere Platz im Theater ist ein verlorenes Erlebnis, eine Fehlinvestition in Gefühle."

Das könne man durchaus auch ganz handfest wirtschaftlich sehen: "Von den 10 bis 29-jährigen gibt es alleine in Duisburg über 100 000. Stellen Sie sich vor, wenn Sie die alle erreichen! Ich bin sicher, auf die ,Sozialromantiker' werden die ,Kulturromantiker' folgen." Rheinopern-Intendant Prof. Christoph Meyer sieht es jedenfalls einfach so: "In dieses Haus kann und soll jeder rein."

Ganz so tief ist der vermeintliche Graben zwischen den "Kulturen" auch nicht, wie der Duisburger Workshop-Teilnehmer und Musiker Malte Brandau im Pressegespräch erzählte. Auch Rapper sind Sänger, und die anfängliche Ablehnung der DVD ("schrill und unnatürlich") wich nach dem Live-Erlebnis im Theater bald einer kollegialen Bewunderung. Ob die Opern-Abonnenten am Sonntag gleichfalls ihre Vorurteile überwinden und ablegen werden?

(hod)
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